Leitsatz (amtlich)
Kann eine notwendige Heilbehandlung erfolgreich nur mit Zwang durchgeführt werden, genügt der Aufgabenkreis "Wahrnehmung der Rechte bei der psychiatrischen Heilbehandlung" ohne gleichzeitige Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts hierzu nicht. Eine Betreuung ist dann im Hinblick auf diesen Aufgabenkreis nicht erforderlich und auf die Beschwerde des Betroffenen entsprechend einzuschränken.
Normenkette
BGB §§ 1896, 1906
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 25.06.2009; Aktenzeichen 83 T 241/07) |
AG Berlin-Schöneberg (Beschluss vom 16.04.2007; Aktenzeichen 53 XVII S 218) |
Tenor
Der Beschluss des LG Berlin vom 25.6.2009 wird abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die mit Beschluss des Vormundschaftsgerichts Schöneberg vom 16.4.2007 - 53 XVII S 218 - bestimmten Aufgabenkreise der Berufsbetreuerin werden beschränkt auf Wahrnehmung der Vermögens- und Wohnungsangelegenheiten.
Die darüber hinausgehende weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Die weitere Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist sie von der Betroffenen formgerecht zu Protokoll der Geschäftsstelle des Senats erhoben worden, §§ 29 Abs. 1, 11 FGG. Es finden die bis zum 31.8.2009 geltenden Verfahrensvorschriften Anwendung, weil die Betroffene sich gegen die vor dem 1.9.2009 erfolgte Betreuerbestellung wendet, Art. 111 Abs. 1 FGG-ReformG.
II. Die weitere Beschwerde ist teilweise begründet. Sie führt zur weiteren Einschränkung der Aufgabenkreise der Betreuerin, jedoch nicht zur vollständigen Aufhebung der Betreuung.
1. Das LG hat ausgeführt, die Betroffene leide an einer paranoiden Psychose. Dies folge aus dem im Beschwerdeverfahren eingeholten Gutachten des Sachverständigen R. Die Betroffene sei krankheitsbedingt nicht in der Lage, ihre Angelegenheiten in den Bereichen der psychiatrischen Behandlung, der Vermögens- und Wohnungssorge sowie der Vertretung vor Behörden und Gerichten alleine wahrzunehmen.
Es sei eine psychiatrische Heilbehandlung erforderlich, die die Betroffene mangels Krankheitseinsicht nicht veranlassen werde. Eine Heilung ihres Wahns sei aber sinnvoll, damit sie künftig möglichst ohne Einschränkungen ihre Entscheidungen treffen könne.
Sie könne sich auch nicht sinnvoll um ihre Wohnungs- und Vermögensbelange sowie die Vertretung vor Gerichten kümmern. Dies habe sich dadurch gezeigt, dass die Betroffene aufgrund des Wahns, von Nachbarn verfolgt zu werden, bereits zweimal die Miete einbehalten, dadurch die Kündigung provoziert und ihr Verhalten in einem Kündigungsprozess verteidigt habe. Die Betroffene erkenne nicht, dass allenfalls die Funktionstüchtigkeit des Schlosses sie als fehlender vertragsgemäßer Gebrauch zur Mietminderung berechtigen könne, wobei dieser Grund jedoch nach dem Auswechseln des Schlosses durch sie entfallen sei. Sie erkenne nicht, dass die abstrakte Sorge, andere Mieter könnten in ihre Wohnung eindringen, kein Recht zur Minderung gebe. Sie erkenne ferner nicht, dass es für die von ihr befürchtete Existenz eines in fremden Händen befindlichen Schlüssels zu ihrer Wohnung keine für eine Minderung ausreichenden Beweise gebe.
Da die Betroffene anlässlich der von ihr provozierten Kündigungen jeweils Sozialhilfe beantragt habe, erstrecke sich das Hilfebedürfnis auch auf die Vertretung vor Behörden.
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung, auf die das Gericht der weiteren Beschwerde beschränkt ist, §§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO, nur zum Teil stand.
Gemäß § 1896 Abs. 1 S. 1 BGB bestellt das Vormundschaftsgericht für einen Volljährigen einen Betreuer, wenn dieser auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen kann. Ein Betreuer darf nur für die Angelegenheiten bestellt werden, in denen die Betreuung erforderlich ist, d.h. in denen der Betroffene auf entsprechende Hilfen angewiesen ist und weniger einschneidende Maßnahmen nicht in Betracht kommen (BayObLG FamRZ 2001, 1244 f.).
a) Die weitere Beschwerde kann nicht mit einer Befangenheit des Einzelrichters des LG begründet werden. Ein absoluter Beschwerdegrund i.S.d. §§ 27 Abs. 1 FGG, 547 Nr. 3 ZPO ist nicht gegeben. Danach ist die Entscheidung stets als auf einer Verletzung des Rechts beruhend anzusehen, wenn ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt wird. Dieser absolute Beschwerdegrund liegt nicht vor, wenn ein bei der Entscheidung mitwirkender Richter erst danach von einem Beteiligten abgelehnt wird (Meyer-Holz in Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 15. Aufl., § 27 Rz. 36). So ist es hier. Die Betroffene hat den Einzelrichter erst nach Kenntnisnahme seiner Entscheidung wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Begründet hat sie das Ablehnungsgesuch mit den dortigen Ausführungen des Einzelrichters. Der Senat hat deshalb im Rahmen der weiteren Beschwerde auch über die Ablehnung zu entscheiden (BGH NJW-RR 2007, 411; Zimmermann in Keidel/Kuntze/Winkler, a.a....