Entscheidungsstichwort (Thema)
fehlende Anschrift des Antragstellers kein Grund für Unzulässigkeit. Wohnungseigentumssache
Leitsatz (amtlich)
Verweigert der Antragsteller die Angabe seiner ladungsfähigen Anschrift in einem Wohnungseigentumsverfahren, so ist dies kein Grund, seinen Antrag als unzulässig zurückzuweisen.
Normenkette
GG Art. 103; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 1, § 130 Nr. 1; FGG § 11
Beteiligte
Weitere Beteiligte wie aus dem Beschluß des Landgerichts Berlin vom 7. September 1990 – 150/191 T 227/89 – ersichtlich |
Verfahrensgang
AG Berlin-Schöneberg (Aktenzeichen 76 II 324/88) |
LG Berlin (Aktenzeichen 150/191 T 227/89) |
Tenor
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben. Die Sache wird zu erneuter Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Berlin zurückverweisen, das auch über die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu befinden hat.
Außergerichtliche Kosten dritter Instanz sind nicht zu erstatten.
Der Geschäftswert wird auf 5.740,– DM festgesetzt.
Gründe
Durch notariell beurkundete Erklärung vom 21. Januar 1983 hat der Antragsteller sein Wohnungseigentum der Kauffrau Sabine P. zum Preise von 28.700,– DM zum Kauf angeboten, die dieses Angebot mit notariell beurkundeter Erklärung vom 11. August 1988 angenommen hat. Nach Nr. V der Anlage zur Teilungserklärungbedarf der jeweilige Wohnungseigentümer bei der Veräußerung seines Wohnungseigentums der Zustimmung des Verwalters. Der Antragsteller forderte den Antragsgegner als Verwalter erfolglos zur Zustimmung auf und ist inzwischen unbekannten Aufenthalts. Der Antragsteller hat beantragt, den Antragsgegner zur Erteilung der Zustimmung zu verpflichten. Das Amtsgericht hat Beweis darüber erhoben, ob der Antragsteller mit der Urkunde vom 12. Februar 1987 zugleich Generalvollmacht auf Rechtsanwalt W., der für den Antragsteller Verfahrensvollmacht auf den jetzigen Verfahrensbevollmächtigten erteilt hat, und die B.-GmbH erteilt habe. Durch Beschluß vom 30. Mai 1989 hat das Amtsgericht den Antrag des Antragstellers als unzulässig zurückgewiesen, weil die Antragsschrift die ladungsfähige Anschrift des Antragstellers nicht enthalte. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Antragstellers hat das Landgericht zurückgewiesen. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers führt zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.
Die sofortige weitere Beschwerde ist gemäß §§ 27, 29 FGG, 45 WEG zulässig. Insbesondere hindert das Fehlen der ladungsfähigen Anschrift des Antragstellers in den Rechtsmittelschriften nicht die Zulässigkeit der ersten sowie der weiteren Beschwerde, weil der Antragsteller seine Rechtsansicht durch die Rechtsmittelinstanzen überprüfen lassen darf (vgl. BGHZ 102, 332 = NJW 1988, 2114). Das Rechtsmittel führt zur Zurückverweisung. Der angefochtene Beschluß ist nicht rechtsfehlerfrei (§ 27 FGG). Ebenso wie das Amtsgericht führt das Landgericht unter Bezugnahme auf §§ 253 Abs. 4, 130 Nr. 1 ZPO und BGHZ 102, 332 aus, daß die Angabe einer zustellungsfähigen Anschrift des Antragstellers zu den unabdingbaren Sachentscheidungsvoraussetzungen eines gerichtlichen Verfahrens gehöre. Dieser Ansicht kann für das Wohnungseigentumsverfahren nicht gefolgt werden.
Allerdings führt der Bundesgerichtshof in BGHZ 102,332 aus, daß zur ordnungsgemäßen Klageerhebung grundsätzlich auch die Angaben der ladungsfähigen Anschrift des Klägersgehörten und die Klage unzulässig sei, wenn die Anschrift schlechthin oder ohne zureichenden Grund verweigert werde. Soweit ersichtlich ist die Entscheidung des Bundesgerichtshofs, abgesehen von der Urteilsanmerkung von Nierwetberg in NJW 1988, 2095, im Schrifttum nicht auf Kritik gestoßen (vgl. etwa Zöller-Stephan, ZPO, 16. Aufl., § 253 Rdnr. 8; Baumbach-Hartmann, ZPO, 48. Aufl., § 130 Anm. 1). Der Senat läßt es dahinstehen, obihr für den unmittelbaren Bereich der ZPO zu folgen ist.Jedenfalls für den Bereich der Wohnungseigentumssachen ist der Grundsatz nicht entsprechend anwendbar. Wegen der noch zu erörternden Besonderheiten des Wohnungseigentumsverfahrens bzw. des Verfahrens der freiwilligen Gerichtsbarkeit, die sich in der Frage der formalen Verfahrensvoraussetzungen von dem ZPO-Verfahren unterscheiden,sind die Voraussetzungen einer Vorlage an den Bundesgerichtshof gemäß § 28 FGG nicht gegeben.
Zwar ist das Wohnungseigentumsverfahren, zumindest mit seinen sogenannten echten Streitsachen, weitgehend an den analog anzuwendenden ZPO-Vorschriften auszurichten. Dies kann aber nur soweit gelten, als die FGG-Vorschriften keine andere Lösung nahelegen. Das Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist „einfacher, freier, elastischer und rascher” (vgl. etwa BGHZ 78, 57) als der Zivilprozeß. Das FGG kennt derart formstrenge Vorschriften wie etwa §§ 253 und 130 ZPO nicht. Demgemäß hat der Senat (ZMR 1986, 62) bereits entschieden, daß entgegen der ZPO-Regelung auch eine nicht unterschriebene Antragsschrift in Wohnungseigentumssachen geeignet sein kann, die Antragsfrist des § 23 Abs. 4 WEG zu wahren, wenn nur der Wille zur Beschlußanfechtun...