Leitsatz (amtlich)

  • 1.

    Zur Berechnung der Rechtsanwaltsgebühren in Rehabilitierungssachen

  • 2.

    Zur Erstattungsfähigkeit der Auslagen für einen als Verkehrsanwalt eingeschalteten polnischen Rechtsanwalt

 

Normenkette

BRAGO §§ 84, 91 Nr. 2, § 96b

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Entscheidung vom 15.06.2005; Aktenzeichen (551 Rh) 3 Js 10/04 (528/03))

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Betroffenen wird der Beschluß der Rechtspflegerin des Landgerichts Berlin vom 15. Juni 2005 dahin abgeändert, daß die dem Betroffenen aus der Landeskasse Berlin zu erstattenden notwendigen Auslagen in Höhe von 505,76 EUR nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB aus einem Betrag von 285,36 EUR seit dem 29. November 2004 festgesetzt werden; die weitergehende Beschwerde wird verworfen.

Der Beschwerdeführer und die Landeskasse Berlin haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Betroffenen insoweit entstandenen notwendigen Auslagen je zur Hälfte zu tragen.

Der Beschwerdewert beträgt 404,84 EUR.

 

Gründe

I.

Rechtsanwalt G. vertrat den Betroffenen, einen in Polen wohnhaften polnischen Staatsangehörigen, in vorliegendem Rehabilitierungsverfahren nach dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz (StrRehaG) als Verfahrensbevollmächtigter aufgrund der Vollmacht vom 10. Oktober 2003. Mit Vollmacht vom 15. September 2003 hatte der Betroffene den polnischen, auf deutsches und polnisches Wirtschafts- und Gesellschaftsrecht spezialisierten Rechtsanwalt (radca prawny) P., Gleiwitz, beauftragt, ihn in allen Angelegenheiten gegen die Bundesrepublik Deutschland, insbesondere dem Rehabilitierungsverfahren, zu vertreten, die mit seiner Verurteilung (in der DDR) im Jahre 1973 zu einer Freiheitsstrafe und deren Vollzug im Zusammenhang stehen.

Auf den durch Rechtsanwalt G. gestellten Antrag des Betroffenen hat das Landgericht Berlin - Rehabilitierungskammer - das Urteil des Stadtbezirksgerichts Berlin-Lichtenberg vom 4. Dezember 1973 für rechtsstaatswidrig erklärt, den Betroffenen rehabilitiert und ferner festgestellt, daß er in der Zeit vom 5. August 1973 bis zum 7. Juli 1975 zu Unrecht Freiheitsentziehung erlitten und einen Anspruch auf Erstattung von gezahlten Verfahrenskosten und gezahlten notwendigen Auslagen hat. Die dem Betroffenen im Rehabilitierungsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen hat es der Landeskasse Berlin auferlegt.

Mit seinem Antrag vom 24. November 2004 (bei Gericht eingegangen am 29. November 2004), mit berichtigter und maßgebender Fassung vom 6. Januar 2005 am Folgetag bei Gericht eingegangen, beantragte Rechtsanwalt G. für den Betroffenen, hinsichtlich der von der Landeskasse zu erstattenden notwendigen Auslagen des Betroffenen "eine Gebühr gem. §§ 96b, 83 Ziff.2 in Höhe von EUR 390,00 zuzüglich Auslagen" und 5% Zinsen über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB festzusetzen.

Mit Schriftsatz vom 13. Dezember 2004 beantragte Rechtsanwalt G. für den Betroffenen ferner, die Vergütung des polnischen Rechtsanwalts P. gemäß dessen Kostenrechnung vom 1. Dezember 2004 in Höhe von umgerechnet 694,66 EUR gegen die Landeskasse festzusetzen. Hilfsweise beantragte er, die von dem polnischen Rechtsanwalt geltend gemachten Gebühren entsprechend den Gebühren nach der BRAGO für die Einschaltung eines Korrespondenzanwalts wie folgt festzusetzen, wobei für die Umsatzsteuer der polnische Steuersatz zu veranschlagen sei:

Gebühr gem. §§ 91, 92 BRAGO 420,00 EUR

Auslagenpauschale gem. § 26 BRAGO 15,00 EUR

Zwischensumme: 435,00 EUR

22% USt. 95,70 EUR

Summe: 530,70 EUR.

Mit Schriftsatz vom 7. März 2005 beantragte er insoweit ferner hilfsweise, die Verkehrsanwaltsgebühr in analoger Anwendung des § 91 BRAGO in Höhe der "entsprechenden" Mittelgebühr festzusetzen.

Die Rechtspflegerin des Landgerichts setzte die notwendigen Auslagen mit Beschluß vom 15. Juni 2005 unter Zuerkennung der Zinsforderung seit dem 29. November 2004 demgegenüber wie folgt fest:

Gebühr nach §§ 97, 83, 96b BRAGO 231,00 EUR

Postpauschale 15,00 EUR

246,00 EUR

16% USt. 39,36 EUR

Summe: 285,36 EUR.

Die Anträge vom 13. Dezember 2004 und vom 7. März 2005 wies sie zurück. Zur Begründung berief sie sich darauf, daß eine Vollmacht des polnischen Rechtsanwalts nicht vorlag - diese ging nebst Übersetzung erst am 13. Juli 2005 bei dem Landgericht ein - und daß im Rehabilitierungsverfahren lediglich die Kosten für einen Rechtsanwalt erstattungsfähig seien.

Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde ist gemäß den §§ 311 Abs. 2, 464 b Satz 3 StPO, §§ 103 Abs. 2 Satz 1, 104 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 ZPO, §§ 11 Abs. 1, 21 Nr. 1 RPflG, § 15 StrRehaG zulässig. Das Rechtsmittel, mit dem der Beschwerdeführer die von ihm begehrte Kostenfestsetzung bezüglich Rechtsanwalt G. unvermindert, hinsichtlich des polnischen Rechtsanwalts jedoch nur noch im Umfang des Hilfsantrages vom 7. März 2005 weiterverfolgt, führt zu dem aus der Beschlußformel ersichtlichen Teilerfolg.

II.

Nach § 464 a Abs. 2 Nr. 2 StPO gehören zu den notwendigen Auslagen eines Beteiligten die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts, soweit sie na...

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