Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung eines Unterrichtsvertrags
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 13.01.2009; Aktenzeichen 37 O 473/08) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des LG Berlin vom 13.1.2009 - 37 O 473/08 - teilweise abgeändert und der Beklagten Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin C.P. gewährt, soweit die geltend gemachte Klageforderung den Betrag von 1152 EUR übersteigt. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
Die Klägerin ist Trägerin einer privaten Fachoberschule. Die Beklagte schloss am 2.6.2006 mit der Klägerin einen Ausbildungsvertrag für ihre Tochter A.E. Ausbildungsziel war die Vermittlung der Fachhochschulreife. Als Vertragsbeginn wurde der 1.8.2006 vereinbart, wobei sich die Ausbildung über zwei gesetzliche Schuljahre im Vollzeitunterricht erstrecken sollte. Nachdem die Beklagte das Vertragsverhältnis am 13.5.2007 vorzeitig kündigte, nimmt die Klägerin sie auf Zahlung des nach ihrer Auffassung noch geschuldeten Schulgeldes i.H.v. 7.992 EUR gerichtlich in Anspruch. Den Antrag der Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat das LG mit der angefochtenen Entscheidung zurückgewiesen, wogegen sich die Beklagte mit ihrer sofortigen Beschwerde wendet.
II. Das gem. § 127 Abs. 2 S. 2 und 3 ZPO zulässige Rechtsmittel der Beklagten ist überwiegend begründet. Die beabsichtigte Rechtsverteidigung hat größtenteils Aussicht auf Erfolg und ist auch nicht mutwillig (§ 114 ZPO), da die erhobene Klage nach dem derzeitigen Aktenstand bis auf einen Betrag von 1152 EUR als unbegründet abzuweisen wäre. Darüber hinaus hat die Beklagte auch nachgewiesen, dass sie nicht in der Lage ist, die Kosten der Prozessführung aus eigenen Mitteln aufzubringen.
Der Klägerin steht die mit der Klage geltend gemachte Schuldgeldforderung lediglich i.H.v. 1152 EUR zu. Aufgrund der Kündigung der Beklagten vom 13.5.2007 wurde das streitgegenständliche Vertragsverhältnis nach Ablauf der in § 621 Nr. 3 BGB vorgesehenen Frist zum Ablauf des 31.5.2007 beendet. Die Laufzeitvereinbarungen in den Vertragsbedingungen der Klägerin stehen dem nicht entgegen, da diese aufgrund eines Verstoßes gegen § 309 Nr. 9 BGB unwirksam sind.
Die Regelung in Ziff. 3 Nr. 1 des Vertrages, wonach dieser "grundsätzlich" über die Dauer der vereinbarten Ausbildung abgeschlossen wird, verstößt gegen § 309 Nr. 9 lit. a BGB. Zwar beträgt die Ausbildungsdauer gem. Ziff. II Nr. 3 der Vertragsbedingungen an sich lediglich zwei Jahre und überschreitet damit für sich genommen noch nicht die in § 309 Nr. 9 lit. a BGB vorgesehene maximale Laufzeit von ebenfalls zwei Jahren. Allerdings ist die genannte Vorschrift nach der mittlerweile gefestigten Rechtsprechung dahin auszulegen, dass die den anderen Vertragsteil bindende Laufzeit eines Dauerschuldverhältnisses nicht erst mit dem Zeitpunkt der Leistungserbringung, sondern bereits mit dem Abschluss des Vertrages beginnt. Dies folgt aus dem Wortlaut und vor allem dem Schutzzweck der Bestimmung, wonach verhindert werden soll, dass der Verbraucher durch eine übermäßig lange Vertragsbindung in seiner Dispositionsfreiheit beeinträchtigt wird (BGHZ 122, 63, 67 ff. = NJW 1993, 1651; Palandt/Grüneberg, BGB, 68. Aufl., § 309 Rz. 84). Da der vorliegende Vertrag bereits zwei Monate vor Beginn der Leistungserbringung geschlossen wurde, wird die maximale Bindungsfrist insgesamt deutlich überschritten, was zur Unwirksamkeit der vertraglichen Regelung führt.
Ferner wird das ordentliche Kündigungsrecht der Beklagten auch nicht durch Ziff. IV Nr. 1 der Vertragsbedingungen eingeschränkt, da die dortigen Regelungen gegen § 309 Nr. 9 lit. c. BGB verstoßen und deshalb unwirksam sind. Nach der genannten Bestimmung ist eine ordentliche Kündigung des Vertrags nur zum Ende eines Semesters und unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von fünf Monaten möglich. Zwar ist § 309 Nr. 9 lit. c. BGB nach seinem Wortlaut an sich nur auf befristete Vertragsverhältnisse anwendbar. Ob die Anwendung der Vorschrift allerdings auch dann ausgeschlossen ist, wenn ein Vertrag - wie vorliegend - gem. § 306 Abs. 2 BGB als unbefristet zu behandeln ist, weil sich eine vertraglich vorgesehene Befristung infolge eines Verstoßes gegen § 309 Nr. 9 lit. a BGB als unwirksam erweist, ist bislang - soweit ersichtlich - nicht geklärt und bedarf auch vorliegend keiner abschließenden Entscheidung.
Denn die Anwendbarkeit von § 309 Nr. 9 lit. c. BGB folgt hier bereits aus dem Umstand, dass eine Kündigung des Vertrags nach Ziff. IV Nr. 1 der Vertragsbedingungen lediglich zu zwei bestimmten Terminen im Laufe eines Jahres möglich sein soll. Diese Regelung hat im Ergebnis die gleiche Wirkung wie die Vereinbarung einer stillschweigenden Vertragsverlängerung. Versäumt der Verbraucher eine rechtzeitige Kündigung des Vertrages, ist er insgesamt elf weitere Monate gebunden. Somit verwirklicht sich genau das von § 309 Nr. 9 lit. c BGB ins Auge gefasste Risiko, dass sich der Vertrag bei Versäumung der Kündigung um einen ...