Entscheidungsstichwort (Thema)
Fahrverbot: Abschirmungsmaßnahmen bei "geringfügig negativem Betriebsergebnis" in einem Kalendermonat
Orientierungssatz
Orientierungssatz:
Es ist nicht zu beanstanden, wenn das Tatgericht den Umstand eines für einen Kalendermonat nachgewiesenen geringfügig negativen Betriebsergebnisses nicht zum Anlass nimmt, so genannte Abschirmungsmaßnahmen (z. B. Beschäftigung eines Fahrers für die Zeit des Fahrverbots) für unzumutbar zu halten.
Normenkette
StVG § 25
Verfahrensgang
AG Berlin-Tiergarten (Entscheidung vom 26.01.2023; Aktenzeichen 311 OWi 1000/22) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 26. Januar 2023 wird nach §§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet verworfen.
Gründe
Erläuternd bemerkt der Senat:
Es ist nicht zu beanstanden, dass das Tatgericht den Umstand eines geringfügig negativen Betriebsergebnisses (hier - 3.697 Euro "laut betriebswirtschaftlicher Auswertung per Oktober 2022" [UA S. 3]) nicht zum Anlass genommen hat, so genannte Abschirmungsmaßnahmen (z. B. Beschäftigung eines Fahrers für die Zeit des Fahrverbots) für unzumutbar zu halten. Die Aussagekraft einer betriebswirtschaftlichen Auswertung hängt maßgeblich vom Buchungsverhalten des Handeltreibenden ab, so dass die genannte Kennzahl, von der noch nicht einmal klar ist, ob sie den Oktober 2022 oder die Monate Januar bis Oktober 2022 betrifft, keinen validen Aufschluss über die Belastbarkeit des vom Betroffenen geführten Unternehmens gibt. Betriebsvermögen und eventuelle Darlehensbelastungen bezeichnet das Urteil jedenfalls nicht, und die Rechtsbeschwerde erhebt auch keine Verfahrensrüge, welche die - diesbezüglich offenbar unterbliebene - Aufklärung als geboten hätte erscheinen lassen.
Das Amtsgericht ist somit einerseits zugunsten des Betroffenen davon ausgegangen, dass dieser zum Betreiben seines Gewerbes Kraftfahrzeuge führen muss und daher "auf seinen Führerschein angewiesen ist" (UA S. 4). Vor dem Hintergrund der beschränkten Aussagekraft der betriebswirtschaftlichen Auswertung "per Oktober 2022" hat es aber auch vertretbar und damit rechtsfehlerfrei in Rechnung gestellt, dass dem Betroffenen, planerisch erleichtert durch das Erstverbüßerprivileg (§ 25 Abs. 2a StVG), Abschirmungsmaßnahmen möglich sind und er namentlich eine "Teilzeitkraft mit Fahrerlaubnis" (UA S. 4) einstellen und gegebenenfalls einen Kredit aufnehmen kann. Ersichtlich beachtet hat das Amtsgericht dabei, dass an das Vorliegen einer den Wegfall des Regelfahrverbots rechtfertigenden Härte ganz außergewöhnlicher Art nach der Einführung des § 25 Abs. 2a StVG ein noch strengerer Maßstab als zuvor anzulegen ist (vgl. Senat, Beschlüsse vom 6. März 2018 - 3 Ws (B) 73/18 - [jurisPR-VerkR 2/2019 Anm. 3] und vom 23. Dezember 2008 - 3 Ws (B) 478/08 -).
Der Betroffene hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen (§§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 Satz 1 StPO).
Fundstellen
Dokument-Index HI15767351 |