Leitsatz (amtlich)
1. Die Bestellung einer organschaftlichen Notvertretung gemäß § 29 BGB durch das zuständige Amtsgericht ist auch bei einer politischen Partei nicht ausgeschlossen.
2. Die Bestellung setzt im Grundsatz voraus, dass zunächst Rechtsschutz bei dem Parteischiedsgericht gesucht worden ist.
3. Der Einwand, Beschlüsse des Parteitages seien unwirksam, kann erst berücksichtigt werden, wenn das nach der Schiedsordnung der Partei insoweit vorgesehene Verfahren von den Parteischiedsgerichten durchgeführt worden ist.
Normenkette
BGB § 29; PartG § 14 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
AG Berlin-Charlottenburg (Aktenzeichen 95 AR 4/20 B) |
Tenor
Die Beschwerde des Beteiligten zu 2) wird zurückgewiesen.
Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligte zu 1) ist die Partei ... . Sie ist nicht in das Vereinsregister eingetragen. Der Beteiligte zu 2) ist Mitglied des Landesverbandes Berlin. Dieser hat mit einem Schreiben vom 2. Januar 2020 gerichtet an das Amtsgericht Charlottenburg "im Wege der einstweiligen Verfügung auf Grund der Dringlichkeit ohne Anhörung" beantragt, der Beteiligten zu 1) einen Notvorstand bestehend aus drei näher von ihm bezeichneten Personen für die Einberufung eines Bundesmitgliederparteitag am 25./26. April 2020 in ... zu bestellen. Zur Begründung seines Antrags macht er geltend: Der auf dem Bundesparteitag am 30. November/1. Dezember 2019 gewählte Bundesvorstand sei nicht wirksam bestellt. Die zugrundeliegenden Bestellungsbeschlüsse seien nichtig. Dies u.a. deshalb, weil die Berliner Delegierten nicht wirksam gewählt worden seien. Die Beschlüsse seien auch vor dem Bundesschiedsgericht angefochten worden (Az.: 138/19 BSG). Einen Antrag auf Bestellung eines Notvorstands vom 19. Dezember 2019 habe das Bundesschiedsgericht mit einem Beschluss vom 27. Dezember 2019 (Az.: 148/19 BSG) abgelehnt, so dass er auch nicht auf eine Anrufung des Schiedsgerichts verwiesen werden könne. Hier ginge es überdies um einstweiligen Rechtsschutz, der eine Anrufung der staatlichen Gerichtsbarkeit immer zulasse.
Diesen Anträgen liegt im Übrigen folgender weiterer Sachverhalt zugrunde:
Der Vorstand des Landesverbands Berlin der Beteiligten zu 1) fasste am 9. April 2019 den Beschluss, ein Verfahren über den Ausschluss des Beteiligten zu 2) aus der Partei einzuleiten, und ordnete zugleich den Ausschluss des Beteiligten zu 2) von der Ausübung seiner Rechte bis zur Entscheidung des Schiedsgerichts in der Hauptsache an. Am 12. April 2019 beantragte der Vorstand beim Landesschiedsgericht, den Beteiligten zu 2) aus der Partei auszuschließen und die Eilt-Maßnahme zu bestätigen. Mit Beschluss vom 15. April 2019 eröffnete das Landesschiedsgericht das Verfahren zum Aktenzeichen 7/19 und setzte es zugleich wegen eines anderen Verfahrens aus, in dem es um die wirksame Bestellung des Landesvorstands Berlin ging (im Folgenden Verfahren S.). In diesem Verfahren war das Landesschiedsgericht durch den Antragsgegner, den Landesverband Berlin, wegen Befangenheit abgelehnt und die Sache an das Bundesschiedsgericht abgegeben worden. Am 4. Mai 2019 fand der Landesparteitag der Berliner ... statt, auf dem die Wahl der Bundesdelegierten stattfand. Der Beteiligte zu 2) beabsichtigte insoweit, sich als Delegierter zur Wahl zu stellen. Ihm wurde allerdings wegen des anhängigen Parteiausschlussverfahrens die Teilnahme am Parteitag verwehrt. Mit einem Beschluss vom 5. Mai 2019 stellte das Landesschiedsgericht im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zum Aktenzeichen 14/19 auf Antrag des Beteiligten zu 2) die Rechtswidrigkeit dieser Maßnahme fest (vgl. Bl. 22ff. Bd. I d.A.). Ein weiteres von dem Beteiligte zu 2) vor dem Landesschiedsgericht eingeleitetes Verfahren zum Aktenzeichen 13/19, das ebenfalls die Feststellung der Rechtswidrigkeit seines Ausschlusses vom Parteitag, zudem die Aufhebung der gefassten Parteitagsbeschlüsse und die Amtsenthebung des Vorstands betraf, setzte das Landesschiedsgericht nach Eröffnung wiederum wegen des Verfahrens S aus. Dieses Verfahren (Az.: 13/19, beim Bundesschiedsgericht dann 52/19 BSG) und zwei weitere von dem Antragsteller und einer weiteren Person direkt beim Bundesschiedsgericht wegen der Wirksamkeit der gefassten Beschlüsse und der Vertretungsbefugnis des Landesverbands Berlin eingeleitete Verfahren auf Erlass einstweiliger Anordnungen (Az.: 67 und 68/19 BSG) wurden von diesem zusammengefasst und das Landesschiedsgericht Hamburg (Az.: LSchG-HH 08/2019) als entscheidungszuständig bestimmt. Dieses wies die Anträge auf Erlass einstweiliger Anordnungen mit einem Beschluss vom 16. Juli 2019 zurück und setzte das Hauptsacheverfahren des Beteiligten zu 2) bis zur Entscheidung über seinen Parteiausschluss aus. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss vom 16. Juli 2019, Bl. 127-132 Bd. I d.A., Bezug genommen. Ein Rechtsmittel zum Bundesschiedsgericht (Az. 102/19 BSG) blieb erfolglos.
Am 21. November 2019 kündigte der Beteiligte zu 2) an, sich bei dem anstehenden Bunde...