Leitsatz (amtlich)
1. Es ist höchstrichterlich geklärt, dass durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens denjenigen gegenüber, die gem. § 43 InsO (§ 68 KO a.F.) neben dem Insolvenzschuldner für dieselbe Leistung auf das Ganze haften, keine Umwandlung des Befreiungsanspruchs des Insolvenzschuldners in einen Zahlungsanspruch erfolgt.
2. Es ist ebenso höchstrichterlich geklärt, dass dies auch die Fälle erfasst, in denen der Insolvenzschuldner einem Insolvenzgläubiger persönlich (hier: aus einem Darlehensvertrag) und der zur Freistellung verpflichtete Dritte dem Insolvenzgläubiger lediglich aus einer zur Sicherung bestellten Grundschuld dinglich haften.
Normenkette
BGB § 257; InsO § 43
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 21.06.2012; Aktenzeichen 21 O 68/12) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss der Zivilkammer 21 des LG Berlin vom 21.6.2012 wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
Die gem. §§ 127 Abs. 2 S. 2 u. S. 3, 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet.
Das LG hat zu Recht ausgeführt, die beabsichtigte Rechtsverfolgung böte keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO). Die hier maßgebliche Rechtsfrage ist geklärt und entspricht einhelliger Rechtsansicht.
1. Dem Antragsteller als Treuhänder (§§ 313, 80 Abs. 1 InsO) steht gegen die Käuferin, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, sowie ihre Gesellschafter der i.H.v. 307.048,25 EUR geltend gemachte Anspruch auf Zahlung des restlichen Kaufpreises aus dem Grundstückskaufvertrag vom 12.9.2003 nicht zu.
a) Zwar wurden gem. § 41 InsO die Forderungen der Gläubiger gegen den Insolvenzschuldner (vgl. Bitter in MünchKomm, InsO, 2. Aufl., § 41 Rz. 4; Neußner in: Graf-Schlicker, InsO, 2. Aufl., § 41 Rz. 2) mit der Eröffnung des (vereinfachten) Insolvenzverfahrens durch Beschluss des AG Wedding vom 19.1.2011 sofort fällig, so dass die offenen Beträge der Darlehensrückzahlungsansprüche der beiden Darlehensgläubigerinnen i.H.v. 296.821,90 EUR sowie 10.226,35 EUR auch unabhängig von den jeweils mit Schreiben vom 21.3.2011 erfolgten Kündigungen sofort von dem Insolvenzschuldner zu zahlen sind.
b) Das hatte ferner zur Folge, dass auch der zwischen dem Insolvenzschuldner als Verkäufer und der Grundstückskäuferin im Jahr 2003 unter Anrechnung auf den Kaufpreis vereinbarte Freistellungsanspruch in voller Höhe auf sofortige Befreiung von der Restschuld fällig wurde (vgl. Wolfsteiner in Staudinger, BGB (2009), Vorbemerkung zu §§ 1191 ff. Rz. 263) und der Anspruch sich grundsätzlich in einen Zahlungsanspruch umwandeln würde (vgl. BGH mit Urt. v. 16.9.1993 - IX ZR 255/92, NJW 1994, 49, 50 f. [2.]; vgl. ferner BGH mit Urt. v. 17.3.2011 - IX ZR 166/08, NJW.RR 2011, 988, 989 f. [15]; BGH mit Urt. v. 7.6.2001 - IX ZR 195/00, NJW.RR 2001, 1490, 1491 [II. 2. a)]; BGH mit Urt. v. 22.9.1971 - VIII ZR 38/70, BGHZ 57, 78, 81 f. [II. 3. c)]).
c) Vorliegend kommt eine solche Umwandlung des Freistellungsanspruchs in einen Zahlungsanspruch jedoch nicht in Betracht.
aa) Es ist höchstrichterlich geklärt, dass denjenigen gegenüber, die gem. § 43 InsO (sachlich unveränderte Regelung des § 68 KO a.F., vgl. BT-Ds. 12/2443, S. 124 [zu § 50 des Entwurfs]) neben dem Insolvenzschuldner für dieselbe Leistung auf das Ganze haften, eine solche Umwandlung nicht erfolgt, weil sie wegen der Beschränkung der Insolvenzgläubiger auf die Quote trotz voller Zahlung an die Insolvenzmasse weiterhin der Inanspruchnahme durch den Insolvenzgläubiger auf die Differenz zwischen dem vollen Betrag und der Quote ausgesetzt wären und im äußersten Fall den vollen Betrag zweimal zahlen müssten (vgl. BGH mit Urt. v. 16.9.1993 - IX ZR 255/92, NJW 1994, 49, 51 [2. b) am Ende]; BGH mit (Nichtannahme-) Beschl. v. 20.10.1994 - IX ZR 56/94, BGHR KO § 1 Abs. 1 Massezugehörigkeit 4; BGH mit (Nichtzulassungs-) Beschl. v. 8.10.2009 - IX ZR 173/08; vgl. dazu auch Krüger in MünchKomm/BGB, 6. Aufl., § 257 Rz. 10; Bittner in Staudinger, BGB (2009), § 257 Rz. 15; Grüneberg in: Palandt, BGB, 71. Aufl., § 257 Rz. 1; OLG Hamm mit Urt. v. 15.4.2008 - 27 U 218/06, OLGR 2008, 681 [B)II)2)c)aa)]; OLG Hamburg mit Urt. v. 25.2.1994 - 11 U 208/93, NJW.RR 1995, 673, 674).
bb) Das OLG Düsseldorf (Urt. v. 25.8.2008 - 9 U 34/08), auf das sich der Antragsteller beruft, hat zwar offengelassen, ob die wirtschaftlich der Gesamtschuld entsprechende Situation zwischen persönlichem Schuldner sowie dem aus der Grundschuld dinglich Verpflichteten der Umwandlung für sich schon entgegenstünde. Dabei hat es aber offenbar den unzutreffend auf die Gesamtschuld begrenzt formulierten Leitsatz der in Bezug genommenen Entscheidung des OLG Hamburg (Urt. v. 25.2.1994 - 11 U 208/93, NJW.RR 1995, 673) unkritisch und ungeprüft übernommen, weshalb es den maßgeblichen gesetzlichen Ansatz nach § 43 InsO bzw. § 68 KO a.F., ebenso wie das die Frage bejahende LG Kleve (Urt. v. 5.5.2010 - 2 O 443/09), übersehen hat. Es existiert nämlich schon keine Beschränkung auf die Gesamtschuld und derglei...