Leitsatz (amtlich)
Zur Schätzung des Wasserverbrauchs eines Gewerbemieters nach § 287 ZPO.
Verweigert der Vermieter die Eichung oder Erneuerung des Wasserzählers, kann sich dies im Rahmen seines Schadensersatzanspruchs gegen den Mieter als Mitverschulden (§ 254 BGB) auswirken.
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 32 O 683/05) |
Tenor
1. Es wird gem. § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO darauf hingewiesen, dass der Senat nach Vorberatung beabsichtigt, die Berufung durch Beschluss zurückzuweisen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat.
2. Die Kläger erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme hierzu binnen drei Wochen.
Gründe
Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg.
A. Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung erfolgreich nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 546 ZPO) oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.
B. Beides ist hier nicht der Fall. Der Senat folgt vielmehr den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, die durch die Berufungsbegründung nicht entkräftet werden.
I. Die Angriffe der Berufung gegen die vom LG nach § 287 ZPO geschätzte Höhe des durch den Wasserverbrauch der Beklagten in der Zeit vom 23.5.2004 bis zum 2.5.2005 entstandenen Schadens der Kläger sind erfolglos. Das LG hat sich bei seiner Verbrauchsschätzung mit dem Streitstoff umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt. Der Senat folgt dieser Schätzung auch inhaltlich.
1. Nach § 287 ZPO entscheidet das Gericht nach freiem Ermessen unter Würdigung aller Tatsachen über die Höhe eines zwischen den Parteien streitigen Schadens.
Da es sich bei der Schadensschätzung um eine Ermessensentscheidung des Gerichts handelt, unterliegt sie in der Berufung nur einer eingeschränkten Überprüfung auf eine Überschreitung des Ermessens (§§ 513, 546 ZPO; vgl. OLG München NJW 2004, 959; OLG Hamm VersR 2004, 757; Musielak, ZPO, 5. Aufl. 2007, § 513 ZPO Rz. 4a; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 66. Aufl. 2008, § 513 ZPO Rz. 1).
Im Rahmen der Ermessensausübung ist das Erstgericht gehalten, sich mit dem Streitstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinanderzusetzen (BGH, NJW-RR 2005, 897). Gegebenenfalls ist ein Mindestschaden zu schätzen (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl. 2007, § 287 ZPO Rz. 7 m.w.N.).
2. Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil gerecht.
a) Entgegen der Auffassung der Kläger war das LG nicht gehalten, die Verbrauchsdaten aus den Jahren 1995/1996 bei Ermittlung seiner Schätzungsgrundlage unberücksichtigt zu lassen.
Das LG hat bei seiner Schätzung den durchschnittlichen Wasserverbrauch pro Tag vom Beginn des Mietverhältnisses bis zum März 2003 einschließlich zugrunde gelegt (= 2,84 m3/Tag). Zur Begründung hat es ausgeführt, dass dieser Verbrauch von den Beklagten nicht in Zweifel gezogen worden ist und einigermaßen stetig sei (UA 5). Beides trifft zu.
Die Kläger können nicht erfolgreich darauf verweisen, aus ihrer erstinstanzlich als Anlage K 26 vorgelegten Verbrauchsübersicht ergebe sich, dass der Gaststättenbetrieb erst am 1.8.1995 aufgenommen worden sei, so dass die anfänglichen Verbrauchsdaten für den weiteren Verlauf nicht repräsentativ seien und nicht herangezogen werden dürften. Sie selbst haben in ihrem Schriftsatz vom 18.10.2006, dem u.a. die Anlage K 26 beigefügt war und in dem sie eine Verbrauchsschätzung verlangt haben, mehrfach auf die Zahlen von 1996/1997 Bezug genommen (S. 9, 10) und damit argumentiert (vgl. auch die Anlage K 27, die eine grafisch aufbereitete Übersicht über den Wasserverbrauch pro Tag enthält - auch für 1995/1996).
Zudem handelt es sich gerade nicht um eine centgenaue Ermittlung, sondern um eine Schätzung. Immerhin ist unstreitig, dass im Zeitraum 1995/1996 auch Wasser verbraucht worden ist und dass in der Zeit vom 1.8.1995 bis zum Ablesedatum am 20.5.1996 die Gaststätte in Betrieb war. Zudem fügt sich die Verbrauchsentwicklung aus der Anfangszeit stetig in den nachfolgenden Verbrauch ein. Darauf hat das LG zu Recht hingewiesen. Damit ist es keineswegs sicher, dass der Anfangsverbrauch - wie die Kläger behaupten - infolge Bauarbeiten gänzlich untypisch ist. Die Spanne beim zugestandenen absoluten Wasserverbrauch zwischen dem ersten Ablesezeitraum (1.1.1995 bis zum 20.5.1996) und dem zweiten Ablesezeitraum (21.5.1996 bis 8.3.1997, vgl. Anlage B 6) beläuft sich auf knapp 7 %. Solche Toleranzen sind bei einer Schätzung hinzunehmen.
b) Die Forderung der Kläger, bei der Schätzungsgrundlage seien auch zugestandene Verbrauchswerte von März 2003 bis Mai 2004 einzubeziehen, auf deren Grundlage die Beklagten die Rechnung vorbehaltlos beglichen hätten, ist nicht gerechtfertigt.
Der von den Beklagten in der Anlage B 6 insoweit genannte Verbrauchswert von 2.525 m3 stellt einen derartigen "Ausreißer" dar, dass er als Grundlage für eine Mindestschadensschätzung nach § 286 ZPO nicht geeignet ist. Der zugestandene Wasserverbrauch für die etwa gleichlange Abrechnungsperiode zuvor beträgt 1.313 m3. Dam...