Leitsatz (amtlich)

Die höhere Verzinsung gemäß § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO in der seit dem 1.10.2001 geltenden Fassung gilt entsprechend Art. 229 § 1 Abs. 1 S. 3 EGBGB nur für Kostenerstattungsansprüche, die ab diesem Zeitpunkt fällig geworden sind. Kostenerstattungsansprüche werden mit dem Erlass einer mindestens vorläufig vollstreckbaren Kostengrundentscheidung fällig.

 

Normenkette

ZPO § 104 Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 26 O 489/00)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Der Beschwerdewert beträgt 101,00 bis 300 DM.

 

Gründe

Die sofortige Beschwerde ist gem. § 11 Abs. 1 RPflG i.V.m. § 104 Abs. 3 S. 1 ZPO zulässig. Insbesondere ist davon auszugehen, dass die nach § 567 Abs. 2 S. 2 ZPO (Fassung bis 31.12.2001) erforderliche Mindestbeschwerdesumme von über 100 DM erreicht ist. Soweit es hier nur um die Höhe der Verzinsung ab 1.10.2001 geht, beträgt die Differenz zwischen den mit 4 % festgesetzten Zinsen und der beantragten höheren Verzinsung mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz (d.h. gegenwärtig 3,62 % + 5 % = 8,62 %) 4,62 %. Bei der festgesetzten Hauptforderung von 6.157,80 DM ergibt sich eine Differenz von monatlich 23,71 DM ab 1.10.2001. Der Umfang der Beschwer beschränkt sich in solchem Fall nicht auf den Zeitraum bis zum Erlass des Kostenfestsetzungsbeschlusses (hier: 16.11.2001) oder der Einlegung der Beschwerde (hier: 1.12.2001). Vielmehr ist für die Bestimmung des Beschwerdewertes nach freiem Ermessen gem. § 3 ZPO ein angemessener Zeitraum bis zum voraussichtlichen Ende des Zinslaufs hinzuzurechnen (vgl. Hansens, BRAGOReport 2001, 131 [134]). Dessen Dauer kann von verschiedenen Umständen des Einzelfalles abhängen, insbsondere – wie hier – eingelegter Berufung betreffend den nur gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbaren Grundtitel, deren Aufklärung in Verfahren der vorliegenden Art nicht angebracht wäre. Es erscheint daher als sachgerecht, im Kostenfestsetzungsverfahren das Verzinsungsinteresse regelmäßig auf einen Zeitraum von einem Jahr ab Zinsbeginn zu schätzen (Hansens, BRAGOReport 2001, 131 [134]), jedenfalls wäre hier bei einem Zinslauf von fünf Monaten die Mindestbeschwerdesumme bereits erreicht.

Das Rechtsmittel ist jedoch unbegründet. Die am 1.10.2001 in Kraft getretene Vorschrift des § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO bestimmt zwar, dass die Höhe der auf Antrag auszusprechenden Verzinsung der festgesetzten Kosten nunmehr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz (vgl. dazu § 247 BGB) beträgt. Diese Vorschrift ist jedoch in Übergangsfällen der vorliegenden Art nicht anwendbar. Insoweit enthält das Zivilprozessreformgesetz vom 27.7.2001 (BGBl. I 2001, 1887), auf dessen Art. 2 Nr. 13 die Änderung des § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO beruht, allerdings keine Übergangsvorschrift. Insbesondere betreffen weder Art. 3 Nr. 3 des Gesetzes vom 27.7.2001 i.V.m. § 26 EGZPO noch die lediglich das In-Kraft-Treten regelnde Vorschrift des Art. 53 Nr. 1 des Gesetzes vom 27.7.2001 die übergangsrechtliche Frage, auf welche im Verfahren nach §§ 104 ff. ZPO geltend gemachte Kostenerstattungsansprüche § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO n.F. anzuwenden ist. Daraus folgt aber entgegen einer abweichenden Meinung (OLG München Rpfleger 2002, 280; Hansens, BRAGOReport 2001, 131 [132 f.] und dem folgend Enders, JurBüro 2001, 510) nicht, dass § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO n.F. in allen Kostenfestsetzungsverfahren anwendbar ist, die am 1.10.2001 anhängig waren oder danach beantragt worden sind, auch wenn die dem Festsetzungsantrag zugrunde liegende Kostenentscheidung vor dem 1.10.2001 ergangen ist (so jedoch OLG München Rpfleger 2002, 280).

Vielmehr besteht eine Regelungslücke, die in entsprechender Anwendung der Übergangsregelung des Art. 229 § 1 Abs. 1 S. 3 EGBGB dahin zu schließen ist, dass die Neuregelung in Kostenfestsetzungsverfahren anzuwenden ist, soweit diese sich auf Kostenerstattungsansprüche beziehen, die ab dem 1.10.2001 fällig geworden sind (vgl. auch Schr. des BMJ v. 19.11.2001, angeführt bei Hansens, BRAGOReport 2001, 180 f.). Kostenerstattungsansprüche werden mit dem Erlass einer mindestens vorläufig vollstreckbaren Kostengrundentscheidung fällig, mögen sie auch bereits mit der Rechtshängigkeit des Hauptsacheverfahrens aufschiebend bedingt entstehen (vgl. etwa von Eicken in Die Kostenfestsetzung, 17. Aufl., B 4; Baumbach/Hartmann, ZPO, 60. Aufl., Übers § 91 Rz. 34 m.w.N.). Hier ist der Kostenerstattungsanspruch vor dem 1.10.2001 fällig geworden, da der Kostengrundtitel am 18.7.2001 verkündet worden ist. Das LG hat daher auf die Verzinsung zutreffend insgesamt § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO in der bis zum 30.9.2001 geltenden Fassung angewendet.

Die entsprechende Anwendung von Art. 229 Abs. 1 S. 3 (jetzige Gliederung: Art. 229 § 1 Abs. 1 S. 3) EGBGB i.d.F. des Gesetzes zur Beschleunigung fälliger Zahlungen vom 30.3.2000 (BGBl. I 2000, 330 [331]) ist sachgerecht. Denn mit der am 1.10.2001 in Kraft getretenen Neuregelung des § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO sollte offensichtlich, wenn auch mit Verzögerung, nunme...

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