Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert bei Anfechtung des Vollzugplans
Leitsatz (amtlich)
Angesichts der geringen finanziellen Leistungsfähigkeit von Gefangenen ist der Streitwert in Strafvollzugssachen in der Regel niedrig festzusetzen.
Bei der Anfechtung eines Vollzugsplans erscheint die Festsetzung eines Streitwerts in Höhe von 1.500 Euro angemessen.
Normenkette
GKG § 52 Abs. 1, § 60
Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 04.02.2022; Aktenzeichen 589 StVK 180/20 Vollz) |
Tenor
Die Beschwerde der Rechtsanwältin B., gegen die in dem Beschluss des Landgerichts Berlin - Strafvollstreckungskammer - vom 16. August 2021 - in der Fassung der Abhilfeentscheidung dieses Gerichts vom 4. Februar 2022 - vorgenommene Streitwertbestimmung wird, soweit ihr nicht bereits abgeholfen worden ist, verworfen.
Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I.
Der Beschwerdeführer verbüßt derzeit in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Tegel eine Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren ... Als Endstrafzeitpunkt ist der 6. August 2022 notiert. Anschließend ist die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vornotiert.
Mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 30. August 2020 - beim Landgericht Berlin am 2. September 2020 eingegangen - beantragte der Beschwerdeführer die Vollzugsplanfortschreibung vom 28. August 2020 aufzuheben, soweit ihm darin Lockerungen versagt wurden.
Zugleich stellte er einen Antrag auf Beiordnung von Rechtsanwältin B. als Verteidigerin, dem das Landgericht am 14. September 2020 stattgab.
Mit ihrem Beschluss vom 30. Dezember 2020 wies die Strafvollstreckungskammer den Hauptsacheantrag des Beschwerdeführers als (unbegründet) zurück. Auf die Rechtsbeschwerde des Gefangenen hat der Senat diesen Beschluss mit Entscheidung vom 26. Februar 2021 (2 Ws 5/21 Vollz) wegen eines Verfahrensfehlers aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde - an die Strafvollstreckungskammer zurückverwiesen.
Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Berlin hat dieses Verfahren - welches führt - durch Beschluss vom 13. Juli 2021 mit dem gleichfalls bei ihm anhängigen Verfahren 589 StVK 102/21 Vollz verbunden. In jenem Verfahren begehrte der Gefangene die Aufhebung der Vollzugsplanfortschreibung vom 18. März 2021, soweit ihm damit jegliche Lockerung und jedwede Ausführung wegen Fluchtgefahr versagt worden waren. Mit Beschluss vom 16. August 2021 hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts beide Verfahren in der Hauptsache zugunsten des Gefangenen entschieden. Die Kosten der verbundenen Verfahren - einschließlich der Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - hat das Landgericht der Landeskasse auferlegt. Den Streitwert hat die Strafvollstreckungskammer für jedes Verfahren auf je 200 Euro (insgesamt mithin 400 Euro) festgesetzt.
Nur gegen diese Streitwertfestsetzung richtet sich die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten, welche eine Festsetzung des Streitwertes auf insgesamt 8.000 Euro erstrebt. Die Strafvollstreckungskammer hat der Beschwerde mit Beschluss vom 4. Februar 2022 teilweise abgeholfen und den Streitwert in Abänderung ihres Beschlusses vom 16. August 2021 auf insgesamt 3.000 Euro festgesetzt.
II.
1. Die Streitwertbeschwerde ist zulässig.
a) Das Rechtsmittel ist als "isolierte" Streitwertbeschwerde gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. §§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8, 63 Abs. 2 GKG statthaft (vgl. OLG Hamm NStZ 1989, 495; Beschluss vom 18. Mai 2004 - 1 Vollz (Ws) 75/04 - juris; Senat NStE Nr. 2 zu § 48a GKG; Beschluss vom 12. September 2008 - 2 Ws 455/08 Vollz -; Beschluss vom 14. Februar 2014 - 2 Ws 27/14 Vollz -, juris) und rechtzeitig erhoben (§§ 68 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 1, 63 Abs. 3 Satz 2 GKG). Die Verfahrensbevollmächtigte ist aus eigenem Recht zur Einlegung des Rechtsmittels befugt, da sie durch die Streitwertfestsetzung beschwert ist (vgl. Senat aaO).
b) Das Rechtsmittel erreicht offensichtlich den nach § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG erforderlichen Beschwerdewert von 200 Euro. Dies obwohl sich der Wert nicht aus dem Unterschied zwischen dem angefochtenen und dem mit der Beschwerde erstrebten Streitwert, sondern aus dem Unterschiedsbetrag der Gesamtvergütung, die sich jeweils nach diesen beiden Streitwerten errechnet, ergibt (vgl. Senat, Beschluss vom 12. September 2008 - 2 Ws 455/08 Vollz -). Bei einem Streitwert von 8.000 Euro fiele alleine eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG, § 13 Abs. 1 RVG in Höhe von 652,60 Euro an (vgl. Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 3. Aufl., Anhang II: 5. Rechtsanwaltsgebühren nach § 13 Abs. 1 RVG). Schon die Differenz zwischen dieser Gebühr und der sich nach dem ursprünglich festgesetzten Streitwert von 400 Euro errechnenden Verfahrensgebühr von 63,70 Euro übersteigt mithin den Beschwerdewert um ein Vielfaches.
2. Die Beschwerde ist jedoch - soweit ihr nicht bereits durch das Landgericht abgeholfen wurde - unbegründet.
a) Der Streitwert ist gemäß § 52 Abs. 1 in Verb. mit § 60 GKG nach der sich aus dem Antrag des Gefangen...