Leitsatz (amtlich)
Die Übergabe und Prüfung der Zulassungsbescheinigung Teil II (Fahrzeugbrief) sind Mindestanforderungen für einen gutgläubigen Erwerb von Kraftfahrzeugen. Wer einen Gebrauchtwagen kauft (ob vom Händler oder von einer Privatperson), ohne sich die Zulassungsbescheinigung Teil II (Fahrzeugbrief) vorlegen zu lassen, handelt schon allein aus diesem Grund grob fahrlässig i.S.v. § 932 Abs. 2 BGB.
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 04.07.2013; Aktenzeichen 37 O 190/12) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 4.7.2013 verkündete Urteil der Zivilkammer 37 des LG Berlin wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil des LG ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe eines Betrages von 39.300 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
Die Berufung war durch Beschluss zurückzuweisen, weil der Senat einstimmig davon überzeugt ist, dass sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist (§ 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Hinsichtlich der weiteren Begründung wird auf den Hinweis nach § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO vom 27.3.2014 verwiesen, der im Einzelnen wie folgt lautet:
"Die Berufung des Beklagten richtet sich gegen das am 4.7.2013 verkündete Urteil der Zivilkammer 37 des LG Berlin, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird.
Der Beklagte trägt zur Begründung der Berufung vor:
Ihm sei im Rahmen des Verkaufs die Zulassungsbescheinigung Teil II vorgelegt worden. Dies habe er durch Vorlage des Kaufvertrages, welcher die Übergabe des vorgenannten Dokuments bestätige, auch unter Beweis gestellt. Das LG hätte ihn gem. § 448 ZPO anhören müssen. Da die - sehr gut gefälschte - Zulassungsbescheinigung Teil II vorgelegen habe, habe für ihn kein Grund bestanden, die Fahrgestellnummer zu überprüfen.
Jedenfalls aber hätte das LG einen richterlichen Hinweis geben müssen.
Entgegen der Auffassung des LG hätte er wegen des Umstandes, dass der Darlehensnehmer ihm gegenüber erklärt hat, dass die Zulassungsbescheinigung Teil I abhanden gekommen sei, keinen Verdacht schöpfen müssen. Der Darlehensnehmer sei immer bereit gewesen, die Zulassungsbescheinigung Teil I zusammen mit dem Beklagten bei der zuständigen Kraftfahrzeugzulassungsstelle neu zu beantragen und habe dies auch getan.
Der Beklagte beantragt, das am 4.7.2013 verkündete Urteil der Zivilkammer 37 des LG Berlin abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin hält das angefochtene Urteil für zutreffend, ergänzt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag und trägt ergänzend vor:
Es werde bestritten, dass der Darlehensnehmer immer bereit gewesen sei, irgendwelche Zulassungsbescheinigungen neu zu beantragen, und sich auch sonst "kooperativ" gezeigt habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens in beiden Rechtszügen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen verwiesen.
II. Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Der Senat folgt den im Wesentlichen zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, die durch die Berufungsbegründung nicht entkräftet worden sind. Ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen:
Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Beides ist nicht der Fall.
Der Beklagte hat das streitgegenständliche Fahrzeug nicht gutgläubig erworben (§ 932 BGB). Ihm ist infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben, dass das Fahrzeug nicht dem Veräußerer gehörte. Das LG hat in jeder Hinsicht zutreffend in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass der Beklagte grob fahrlässig gehandelt hat, weil er das Fahrzeug gekauft hat, ohne sich die Zulassungsbescheinigung Teil II (Fahrzeugbrief) vorlegen zulassen.
Gemäß § 932 Abs. 1 S. 1 BGB wird der Erwerber auch dann Eigentümer, wenn das Fahrzeug dem Veräußerer nicht gehört, es sei denn, dass er im Zeitpunkt der Übergabe nicht in gutem Glauben gewesen ist. Nach § 932 Abs. 2 BGB schließen nur positive Kenntnis und grob fahrlässige Unkenntnis hinsichtlich der fehlenden Eigentümerstellung des Veräußerers die Redlichkeit des Erwerbers aus. Unter grober Fahrlässigkeit ist ein Handeln zu verstehen, bei dem die erforderliche Sorgfalt nach den gesamten Umständen in ungewöhnlich hohem Maße verletzt worden und bei dem dasjenige unbeachtet geblieben ist, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen (BGH NJW 2005, 1365). Beim Erwerb eines gebra...