Leitsatz (amtlich)
Wird einer Partei ein Rechtsanwalt nur zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwalts beigeordnet, erfasst die Sperrwirkung des § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO auch dessen Reisekosten.
Die Partei ist gegen die so beschränkte Beiordnung eines Rechtsanwalts nicht beschwerdeberechtigt.
Verfahrensgang
AG Berlin-Schöneberg (Beschluss vom 10.01.2011; Aktenzeichen 84 F 391/10) |
Tenor
Die Beschwerde der Mutter gegen den Beschluss des AG Tempelhof-Kreuzberg vom 10.1.2011 wird als unzulässig verworfen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Der Mutter ist durch Beschluss des AG Schöneberg vom 10.1.2011 Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden. Ihr ist ihre Verfahrensbevollmächtigte zu den Bedingungen eines am Gerichtsort niedergelassenen Rechtsanwalts beigeordnet worden.
Die Mutter wendet sich mit der ausdrücklich in ihrem Namen eingelegten Beschwerde gegen diese nur beschränkte Beiordnung. Sie ist der Ansicht, ihr sei ein in Lübeck ansässiger Rechtsanwalt beizuordnen, v. a. da sie angesichts ihrer dortigen Inhaftierung einen Rechtsanwalt in Berlin, der ihr Vertrauen habe, nicht beauftragen könne. Außerdem wäre aufgrund der großen Entfernung ihr auch ein Verkehrsanwalt beizuordnen, so dass durch die Beiordnung ihrer Lübecker Bevollmächtigten Mehrkosten nicht entstehen würden.
II. Die ausdrücklich im Namen der Mutter eingelegte Beschwerde ist unzulässig. Es fehlt an der für jedes Rechtsmittel erforderlichen (vgl. z.B. Zöller/Heßler, 28. Aufl., Vor § 511 ZPO Rz. 10 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung) Beschwer.
Die Mutter ist durch die vom AG abgelehnte uneingeschränkte Beiordnung ihrer Verfahrensbevollmächtigten nicht beschwert. Die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe bewirkt gem. §§ 76 FamFG, 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO, dass der beigeordnete Rechtsanwalt Ansprüche auf Vergütung gegen den Beteiligten, dem er beigeordnet wurde, nicht geltend machen kann. Diese Forderungssperre erfasst nach zutreffender Ansicht (vgl. z.B. OLG Brandenburg AGS 2010, 327; OLG Frankfurt AGS 2002, 95; Zöller/Geimer, 28. Aufl., § 122 ZPO Rz. 11 m.w.N.; Müller-Raabe in: Gerold/Schmidt, 18. Aufl., § 45 RVG Rz. 75; Musielak/Fischer, 7. Aufl., § 122 ZPO Rz. 8; a.A. OLG Brandenburg FamRZ 2000, 1385; OLG Nürnberg FamRZ 2001, 1157) auch dann die Auslagen, die dadurch entstehen, dass der Rechtsanwalt nicht am Sitz des Gerichts ansässig ist, wenn die Beiordnung auf die durch einen ortsansässigen Rechtsanwalt entstehenden Kosten beschränkt ist. Denn die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe ist - anders als bei einer Bewilligung nur für einen Teil des Verfahrensgegenstands - nicht eingeschränkt. Die Bewilligung ist für die Sperrwirkung des §§ 76 FamFG, 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO maßgeblich, wie sich aus § 122 Abs. 1 Satz 1 ZPO ("Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe bewirkt ...") ergibt.
Notwendige Folge dieser zugunsten der Beteiligten eingreifende Sperrwirkung ist, dass sie durch die Einschränkung der Beiordnung nicht beschwert ist (OLG Stuttgart FamRZ 2007, 1111; Müller-Raabe in: Gerold/Schmidt, 18. Aufl., § 46 RVG Rz. 38; a.A. OLG Brandenburg, a.a.O.). Beschwert ist vielmehr allein der beigeordnete Rechtsanwalt, dem daher insoweit ein eigenes Beschwerderecht zusteht (vgl. z.B. BGH NJW 2006, 3783 mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung).
Eine Kostenentscheidung ist gem. §§ 76 FamFG, 121 Abs. 4 ZPO nicht zu treffen. Der Senat lässt die Rechtsbeschwerde gem. §§ 76 FamFG, 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zu, um eine Vereinheitlichung der Rechtsprechung zu ermöglichen.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Rechtsbeschwerde zu.
Diese ist binnen einer Frist von einem Monat nach Zustellung des angefochtenen Beschlusses durch Einreichen einer unterschriebenen Rechtsbeschwerdeschrift beim BGH in Karlsruhe (76125 Karlsruhe) einzulegen.
Die Beteiligten müssen sich dabei durch einen beim BGH zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen.
Die Rechtsbeschwerdeschrift muss den Beschluss bezeichnen, gegen den sich die Rechtsbeschwerde richtet, und die Erklärung beinhalten, dass gegen diesen Beschluss Rechtsbeschwerde eingelegt wird.
Die Rechtsbeschwerde ist binnen eines Monats nach schriftlicher Bekanntgabe des angefochtenen Beschlusses zu begründen. Diese Frist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Rechtsbeschwerdegericht verlängert werden.
Die Begründung muss einen bestimmten Antrag und die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Rechtsbeschwerdegründe) enthalten. Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht.
Maßgebend für die Wahrung der vorstehend genannten Fristen ist der Eingang des jeweiligen Schriftstückes beim BGH.
Fundstellen
Haufe-Index 2847958 |
FamRZ 2012, 468 |