Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergewaltigung
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 10.03.2006; Aktenzeichen (516) 70 Js 344/05 KLs (27/05)) |
Tenor
Die Beschwerde des Pflichtverteidigers, Rechtsanwalt … Berlin, … gegen den Beschluß des Landgerichts Berlin vom 10. März 2006 wird verworfen.
Die Entscheidung ergeht gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Landgerichts hat es bei der Festsetzung der dem Pflichtverteidiger aus der Landeskasse zu erstattenden Gebühren und Auslagen abgelehnt, ihm einen Betrag von 6,60 EUR (zuzüglich Mehrwertsteuer) zuzubilligen, den der Rechtsanwalt als Dokumentenpauschale (Nr. 7000 VV RVG) für die ihm durch das Gericht per Fax übersandten 44 Seiten eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens geltend gemacht hatte. Seine dagegen gerichtete Erinnerung hat die Strafkammer (Einzelrichter) verworfen. Die (zugelassene) Beschwerde des Pflichtverteidigers bleibt ohne Erfolg.
Dem Beschwerdeführer steht ein Auslagenersatz für die gerichtliche Inanspruchnahme seines Telefaxgerätes nicht zu, und zwar unabhängig davon, ob ihm dadurch – wie er vorträgt – für Papier und Toner die gleichen Kosten entstanden sind, die (erstattungsfähig) auch die Fertigung von Kopien durch ihn selbst verursacht hätte.
Nach Nr. 7000 Ziff. 1 a VV RVG kann der Pflichtverteidiger eine Dokumentenpauschale für die Herstellung von Ablichtungen und Ausdrucken aus Behörden- und Gerichtsakten verlangen. Soweit in der Kommentarliteratur vereinzelt (ohne nähere Begründung) die Ansicht vertreten wird, daß darunter auch (empfangene) Telefaxkopien fallen sollen (vgl. Gebauer/Schneider, RVG 2. Aufl., Rdn. 12 zu 7000 VV; Baümgärtel/Föller/Hergenröder/Houben/Lompe, RVG 10. Aufl., S. 472), teilt der Senat diese Auffassung nicht. Durch die Dokumentenpauschale wird die Arbeitsleistung des Rechtsanwalts mit abgegolten, die er selbst oder durch Angestellte bei Auswahl und Fertigung der Ablichtungen erbringt. Bei der Telefaxübersendung von Schriftstücken stellt der Empfänger hingegen selbst keine Ablichtungen oder Ausdrucke her (vgl. Müller-Rabe in Gerold/Schmidt u.a., RVG 17. Aufl., Rdn. 11, und Hartmann, Kostengesetze 35. Aufl., Rdn. 4, jeweils zu Nr. 7000 VV RVG). Die Kopien entstehen bei ihm vielmehr ohne sein Zutun und ohne den für die Fertigung von Ablichtungen erforderlichen Arbeitsaufwand. Ohne Erfolg beruft sich der Beschwerdeführer darauf, daß er für Ausdrucke, die er bei Einsicht in eine elektronische Akte über Datenleitungen fertige, eine Dokumentenpauschale nach Nr. 7000 VV RVG beanspruchen könne. Denn er übersieht, daß in derartigen Fällen – anders als bei der bloßen Entgegennahme von per Fax oder auf dem Postweg übermittelten Schriftstücken – der Rechtsanwalt eine zusätzliche Tätigkeit erbringt, die der Auswahl und Herstellung von Ablichtungen vergleichbar ist. Die Kosten, die allein dadurch entstehen, daß der Rechtsanwalt für seinen Kanzleibetrieb eine Telefaxanlage zum Empfang bereithält und das Papier stellt, auf dem die ihm übermittelte Fernkopie gedruckt wird, sind hingegen nicht nach Nr. 7000 VV RVG erstattungsfähig (vgl. Müller-Rabe a.a.O.). Sie gehören vielmehr zu den allgemeinen Geschäftskosten, die nach der aus § 25 BRAGO übernommenen (amtlichen) Vorbemerkung 7 Abs. 1 Satz 1 VV RVG bereits mit den (Verfahrens-)Gebühren aus Teil 4 des Vergütungsverzeichnisses entgolten werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 56 Abs. 2 Sätze 2 und 3 RVG.
Fundstellen
Haufe-Index 1888348 |
JurBüro 2007, 589 |
ZAP 2008, 360 |
ZfS 2007, 583 |
AGS 2007, 611 |
RENOpraxis 2008, 56 |