Leitsatz (amtlich)

Die Beurkundung der Gründung einer deutschen GmbH durch einen schweizer Notar mit Amtssitz im Kanton Bern erfüllt jedenfalls dann die Anforderungen nach § 2 Abs. 1 GmbHG und kann im Eintragungsverfahren durch das Registergericht nicht beanstandet werden, wenn die Niederschrift in Gegenwart des Notars den Beteiligten vorgelesen, von ihnen genehmigt und eigenhändig unterschrieben worden ist.

 

Normenkette

BeurkG §§ 8, 13 Abs. 1, § 17; EGBGB Art. 11; GmbHG § 2 Abs. 1, § 9c

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Charlottenburg (Beschluss vom 22.01.2016; Aktenzeichen 99 AR 9466/15 B)

 

Tenor

Der Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg vom 22. Januar 2016 wird aufgehoben

und das Amtsgericht Charlottenburg angewiesen, die beantragte Eintragung der Beteiligten

im Handelsregister vorzunehmen.

 

Gründe

I. Der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten übermittelte mit Schriftsatz vom 02. November 2015 die von der Lübecker Notarin Dr. S... zur UR-Nr. 255/2015 beglaubigte Anmeldung vom 09. September 2015 durch den Geschäftsführer der am 05. August 2015 gegründeten Beteiligten. Der Anmeldung beigefügt war eine mit Apostille versehene öffentliche Gründungsurkunde vom 05. August 2015 des schweizer Notars ... W... mit Sitz in T... und eingetragen im Notariatsregister des Kantons Bern zu dessen Urschrift-Nr. 312. Dieser ist zu entnehmen, dass sowohl der Gesellschaftsvertrag - als Gegenstand der Urkunde - als auch die Urkunde selbst vom Notar dem Gesellschaftsgründer vorgelesen worden sind (vgl. Bl. 19, 21).

Mit Beschluss vom 22. Januar 2016 hat das Amtsgericht Charlottenburg die Anmeldung auf Eintragung der Gesellschaft zurückgewiesen. Seine Entscheidung hat es im Wesentlichen darauf gestützt, dass die Beurkundung der Gründung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung durch einen Schweizer Notar nicht ausreiche, um die Form des § 2 Abs. 1 S. 1 GmbHG zu wahren. Es sei deutsches Recht anwendbar und allein die Einhaltung der schweizer "Ortsform" im Sinne des Art. 11 Abs. 1 Alt. 2 EGBGB nicht ausreichend, sodass es auf die "Geschäftsform" im Sinne des Art. 11 Abs. 1 Alt. 1 EGBGB ankomme. Diese sei jedoch nicht gewahrt, da das in dem schweizer Kanton Bern zu beachtende Beurkundungsverfahren derart von deutschen Rechtsstandards abweiche, dass nicht von einer Gleichwertigkeit der Beurkund-ung durch den Berner Notar gesprochen werden könne. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Beschlusses vom 22. Januar 2016 (Bl. 56 ff.) Bezug genommen.

Gegen den ihr am 25. Januar 2016 zugestellten Beschluss hat die Beteiligte mit Schriftsatz vom 18. Februar 2016, bei Gericht eingegangen am 19. Februar 2016, Beschwerde eingelegt. Sie ist der Ansicht, dass die einzig zu wahrende Form diejenige sei, die in der Schweiz notwendig sei, um eine GmbH zu gründen. Für die in Rede stehende Gründung einer deutschen GmbH reiche mithin die Ortsform des Kantons Bern aus. Die Beteiligte sei allein schon wegen der Wahrung dieser Ortsform antragsgemäß in das Berliner Handelsregister einzutragen. Überdies sei auch die Geschäftsform des Art. 11 Abs. 1 Alt. 1 EGBGB gewahrt, da Gleichwertigkeit mit der Beurkundung durch einen deutschen Notar vorliege, sodass die Eintragung selbst dann erfolgen müsse, wenn der Ansicht des Amtsgerichts, dass allein die Einhaltung der Ortsform nicht ausreiche, gefolgt werde. Wegen des weiteren Inhalts der Beschwerdebegründung wird auf den vorgenannten Schriftsatz (Bl. 60 ff.) verwiesen.

Das Amtsgericht Charlottenburg hat der Beschwerde mit Beschluss vom 23. Februar 2016 nicht abgeholfen und sie dem Senat als Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung hat es angeführt, dass die Einhaltung der Ortsform nicht allein entscheidend sei. Es käme vielmehr maßgeblich auf die Einhaltung der Geschäftsform an. Diese sei jedoch insbesondere deshalb nicht gewahrt und das Verfahren nicht einer deutschen Beurkundung gleichwertig, weil die Verfahrensordnung des Kantons Bern keine vollständige Verlesung der notariellen Urkunde inklusive der Anlagen vorschreibe und somit keine Beurkundung im Sinne des § 3 Abs. 1 GmbHG vorliege.

II. Die Beschwerde ist erfolgreich; sie ist zulässig und begründet.

1) Die Beschwerde ist statthaft und nach §§ 63, 64 FamFG form- und fristgemäß eingelegt und gemäß § 65 FamFG begründet. Die Beteiligte ist nach Zurückweisung ihres Eintragungs-antrages gemäß § 59 Abs. 2 FamFG beschwerdeberechtigt. Der Beschwerwert ist erreicht.

2) Die Beschwerde ist auch begründet.

Das Amtsgericht Charlottenburg hat den Eintragungsantrag der Beteiligten vom 09. September 2015 zu Unrecht zurückgewiesen, weil die Beteiligte angeblich nicht ordnungsgemäß i.S.d. § 9c Abs. 1 S. 1 GmbHG errichtet worden ist. Diese Annahme des Registergerichts trifft jedoch im vorliegenden Fall nicht zu.

Nach § 2 Abs. 1 GmbHG bedarf der Gesellschaftsvertrag einer GmbH der notariellen Form. Dieser Form ist hier - entgegen der Auffassung der Beteiligten - durch die Beurkundung der Gründung der Beteiligten, einer deutschen Gesellschaft mit beschränkte...

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