Entscheidungsstichwort (Thema)
verdeckte Öffnungsklausel zur mehrheitlichen Feststellung des Baubeginns als Basis für Wohngeldpflicht. Wohnungseigentumsanlage
Leitsatz (amtlich)
Ist in der Teilungserklärung vereinbart, dass ein ausbauberechtigter Wohnungseigentümer sich nach Baubeginn zu 50 % an den Bewirtschaftungskosten der Wohnanlage zu beteiligen hat, so kann ein nach Baubeginn gefasster Mehrheitsbeschluss, der diese Beteiligung mit sofortiger Wirkung feststellt, nicht für ungültig oder nichtig erklärt werden, obwohl er eine generelle Änderung der Kostenverteilung enthält. Zumindest ist in dem Anfechtungsverfahren auch die Feststellung Verfahrensgegenstand, dass die Voraussetzungen für die künftige Beteiligung an den Bewirtschaftungskosten eingetreten ist.
Normenkette
WEG § 16 Abs. 2, § 23 Abs. 4, § 28 Abs. 5
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 12.05.2000; Aktenzeichen 85 T 101/99) |
AG Berlin-Schöneberg (Beschluss vom 15.02.1999; Aktenzeichen 76 II 370/98) |
Tenor
Unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses wird die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Schöneberg vom 15. Februar 1999 – 76 II 370/98 (WEG) – zurückgewiesen.
Die Antragstellerin hat die Gerichtskosten zweiter und dritter Instanz zu tragen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Der Geschäftswert dritter Instanz wird auf 15.000,00 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten mit Ausnahme des Verwalters bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft, die auf Grund der notariellen Teilungserklärung vom 2. August 1995 begründet wurde. Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Anfechtungsverfahrens um den durch Mehrheitsbeschluss festgelegten Beginn der Verpflichtung der Antragstellerin zur (teilweisen) Wohngeldzahlung. Die Wohnungseigentumsanlage besteht nach Anlage 1. der Teilungserklärung vom 2. August 1995 aus 18 Sondereigentumseinheiten. Im Dachgeschoss befinden sich die Teileigentumseinheiten Nr. 13–15. Dem jeweiligen Eigentümer dieser Einheiten ist nach Maßgabe der Nr. 3 a) der als Anlage II zur Teilungserklärung beigefügten Gemeinschaftsordnung ein Ausbaurecht eingeräumt worden. § 8 Abs. 3 GO lautet wörtlich: „Die Eigentümer der Teileigentumseinheiten Nr. 13–15 im Dachgeschoss sind verpflichtet, vom Wohngeld ab Baubeginn 50 % und ab Bezugsfertigstellung 100 % zu zahlen.” Die Antragstellerin hat mit notariellem Kaufvertrag vom 19. November 1996 von der teilenden Eigentümerin die Teileigentumseinheiten Nr. 13–15 gekauft. Mit notarieller Teilungserklärung vom 25. November 1996 hat sie die Teileigentumseinheit Nr. 15 in Wohnungseigentum umgewandelt und in vier kleine Miteigentumsanteile, verbunden je mit dem Sondereigentum an einer Wohnung im Dachgeschoss (Nr. 15, 19, 20, 21) verbunden. Die Antragstellerin hat die Teileigentumseinheiten mit einer Baugenehmigung erworben. Diese hat sie auslaufen lassen und im Dezember 1998 neu erwirkt.
Im Januar 1997 stellte die Antragstellerin auf dem Grundstück ein Bau- bzw. Verkaufsschild auf, in dem sie auf die im Dachgeschoss auszubauenden Wohnungen hinwies. Seit dem Frühjahr 1997 ließ die Antragstellerin im Dachgeschoss teilweise Dielen herausnehmen sowie Wände und Verschläge einreißen. Sie hat die gesamte Dielung herausnehmen, den Putz von etlichen Dachschrägen vollständig abschlagen und sämtliche Verschläge entfernen lassen. Die Antragstellerin hat im September 1997 im Vorgarten vor dem Gebäude Baumaterialien und Werkzeug, nämlich Mauerziegel, Holzblöcke, Betonsäcke, Ytong-Steine und Rüstzeug gelagert.
In der Versammlung vom 24. September 1998 fassten die Wohnungseigentümer mehrheitlich folgenden Beschluss: „Die Eigentümergemeinschaft beschließt, dass die Teileigentumseinheiten 13–15 und 19–21 ab sofort mit 50 % der auf diese Miteigentumsanteile entfallenden Kosten belastet werden, da der Baubeginn bereits stattgefunden hat”.
Mit Beschluss vom 15. Februar 1999 hat das Amtsgericht den rechtzeitigen Anfechtungsantrag der Antragstellerin zurückgewiesen. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat das Landgericht nach umfangreicher Beweisaufnahme durch Zeugenvernehmung und Augenscheinseinnahme mit Beschluss vom 23. Juni 2000 den Eigentümerbeschluss vom 24. September 1998 zu TOP 4 für ungültig erklärt. Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2) und 3) hat Erfolg und führt zur Wiederherstellung des Beschlusses des Amtsgerichts.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2) und 3) ist gemäß §§ 27, 29 FGG, 45 WEG zulässig. Angesichts der festgelegten Wohngeldpflicht der Antragstellerin seit September 1998 ist die nach § 45 Abs. 1 WEG erforderliche Beschwer erreicht. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Der angefochtene Beschluss des Landgerichts ist nicht rechtsfehlerfrei (§ 27 Abs. 1 FGG).
2. Auch als Rechtsbeschwerdegericht hat der Senat den Verfahrensgegenstand des vorliegenden Verfahrens in eigener Kompetenz zu überprüfen. In einem Beschlussanfechtungsverfahren gemäß § 23 Abs. 4 WEG ist neben der Prüfun...