Leitsatz (amtlich)
Ordnet das Vormundschaftsgericht die Einholung Betreuungsgutachtens an, kann diese Zwischenverfügung nach Vorlage des Gutachtens nicht mit dem Ziel angefochten werden, die Rechtswidrigkeit der Gutachtenanordnung festzustellen.
Normenkette
BGB § 1896; FGG §§ 12, 68b
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 22.09.2009; Aktenzeichen 83 T 557/09) |
AG Berlin-Wedding (Aktenzeichen 52 XVII 6707) |
Tenor
Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Die weitere Beschwerde ist statthaft. Insoweit kam es nicht auf die Statthaftigkeit der Erstbeschwerde an, weil dies im Rahmen der weiteren Beschwerde selbständig zu beurteilen ist (KG, Beschl. v. 11.9.2001 - 1 W 315/01, FGPrax 2002, 63). Gegen Entscheidungen des Beschwerdegerichts ist die weitere Beschwerde gegeben, § 27 Abs. 1 FGG, soweit diese nicht ausnahmsweise ausgeschlossen oder an eine Zulassung gebunden ist. Ein solcher Ausnahmefall liegt nicht vor. Es finden die bis zum 31.8.2009 geltenden Verfahrensvorschriften Anwendung, weil die zugrunde liegende Entscheidung des Vormundschaftsgerichts vor dem 1.9.2009 ergangen ist, Art. 111 Abs. 1 FGG-ReformG (OLG Stuttgart, Beschl. v. 22.10.2009 - 18 UF 233/09 - Juris; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 24.9.2009 - 3 Wx 187/09, Juris; BT-Drucks. 16/6308, 359; Engelhardt, in: Keidel, FamFG, 16. Aufl., Art. 111 FGGRG, Rz. 4; a.A. Prütting, in: Prütting/Helms, FamFG, Art. 111 FGG-RG, Rz. 5).
Das Rechtsmittel ist auch zulässig, insbesondere ist es formgerecht durch den Verfahrensbevollmächtigten der Betroffenen erhoben worden, § 29 Abs. 1 S. 2 FGG.
II. In der Sache hat die weitere Beschwerde keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts, worauf die Nachprüfung durch das Gericht der weiteren Beschwerde beschränkt ist, §§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO.
1. Die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einem Verfahrensfehler. Das LG hat das Recht der Betroffenen auf rechtliches Gehör, Art. 103 Abs. 1 GG, nicht verletzt, auch wenn es ihr vor seiner Entscheidung keine Gelegenheit zu einer weiteren Stellungnahme gegeben hat. Es ist nicht ersichtlich, dass die Betroffene über ihre bereits ggü. dem Vormundschaftsgericht vorgebrachten Einwendungen im Rahmen einer solchen Stellungnahme neue Argumente vorgebracht hätte, die dem LG Veranlassung gegeben hätten, in der Sache anders zu entscheiden. Auch mit der weiteren Beschwerde werden solche neue Argumente nicht vorgebracht.
Nichts anderes folgt daraus, dass die Betroffene damit keine Möglichkeit hatte, zur Nichtabhilfeentscheidung des Vormundschaftsgerichts vom 24.8.2009 Stellung zu nehmen. Das Vormundschaftsgericht hatte die Betroffene bereits mit Verfügung vom 20.7.2009 darauf hingewiesen, dass es die Beschwerde im Hinblick auf die Rechtsprechung des BGH für unzulässig halte. Der Betroffenen gab das Vormundschaftsgericht Gelegenheit zur Stellungnahme, die darauf mit Schriftsatz vom 17.8.2009 erwiderte. Die Ausführungen in der anschließenden Nichtabhilfeentscheidung entsprachen demgegenüber dem gerichtlichen Hinweis vom 20.7.2009 und waren für die Betroffene weder neu noch gar überraschend.
2. Das LG hat die Erstbeschwerde auch in der Sache zu Recht als unzulässig verworfen.
Die Fortsetzung eines in der Hauptsache erledigten Verfahrens zum Zwecke der Feststellung der Rechtswidrigkeit ist im Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht vorgesehen (Kahl in Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 15. Aufl., § 19 Rz. 86; Briesemeister, in: Jansen, FGG, 3. Aufl., § 19 Rz. 33). Deshalb führt die Erledigung einer angefochtenen Maßnahme regelmäßig zur Unzulässigkeit eines dagegen gerichteten Rechtsmittels (OLG Köln, FGPrax 2009, 69, 70). Vorliegend hat sich die Anordnung des Vormundschaftsgerichts vom 16.1.2009, ein Gutachten gem. § 68b FGG einzuholen, mit der Untersuchung der Betroffenen am 30.1.2009 und der Fertigung des Gutachtens vom 15.2.2009 erledigt, weil der Sachverständige damit den gerichtlichen Auftrag erfüllt hat.
Ein von der Rechtsprechung anerkannter Ausnahmefall liegt nicht vor. So kann die Annahme eines Rechtsschutzinteresses trotz Erledigung der Hauptsache in Fällen tief greifender Grundrechtseingriffe geboten sein (BVerfG NJW 1998, 2432; 2002, 2456; ZIP 2008, 2027; BtPrax 2009, 27, 28). Dies folgt aus dem verfassungsrechtlichen Anspruch auf effektiven Rechtsschutz, Art. 19 Abs. 4 GG. Voraussetzung hierfür ist aber, dass die Betroffene ohne das erledigende Ereignis überhaupt eine Sachentscheidung über ihr Rechtsmittel hätte erreichen können. Denn das Feststellungsbegehren nach Erledigung der Hauptsache kann nicht über den Rechtsschutz hinausgehen, den die Betroffene ohne das erledigende Ereignis in Anspruch hätte nehmen können.
Gegen den Gutachtenauftrag des Vormundschaftsgerichts vom 16.1.2009 war ein Rechtsmittel jedoch nicht statthaft, wie das LG zu Recht entschieden hat. Der Senat hat seine in der Vergangenheit vertretene Auffassung, eine solche Zwischenentscheidung sei mit der Beschwerde anfechtbar (KG, a.a.O., und Beschl. v. 12.9.2000 - ...