Entscheidungsstichwort (Thema)
Amtsenthebung einer Schöffin
Leitsatz (amtlich)
Eine Schöffin, die im Internet Hassbotschaften gegen Pädophile und Ausländer verbreitet und die Todesstrafe, entgrenzte Körperstrafen und Selbstjustiz propagiert, verletzt ihre Amtspflichten gröblich und ist des Schöffenamtes zu entheben.
Tenor
Die Schöffin wird ihres Schöffenamtes enthoben.
Gründe
Der Vorsitzende des Schöffenwahlausschusses hat am 6. April 2016 beantragt, die Schöffin ihres Amtes zu entheben. Der Richter am Amtsgericht ist der Auffassung, die Schöffin habe auf ihrer Facebookseite menschenverachtende und zu Gewalt aufrufende Posts verfasst oder geteilt, sie schwelge darin geradezu in Gewalt und Tötungsphantasien. In dem Amtsenthebungsantrag heißt es über die Veröffentlichungen der Schöffin:
Am 15. Dezember 2015 stellte sie unter ihrem Account ein Bild mit dem Thema "Schützt unsere Kinder" ein. Das Bild zeigt mehrere unbekleidete und gefesselte Männer, denen Ratten die Genitalien abfressen. Dazu schreibt sie: "Das sollte man wieder einführen ganz ehrlich was sind das denn heute für Strafen kosten nur unnötig Geld dem Steuerzahler und sind ganz ehrlich nicht zu heilen!" Am 25. Februar 2016 stellte sie unter ihrem Account ein Bild ein, welches offensichtlich von einem anderen Facebook-Nutzer bereits zu einem früheren Zeitpunkt gezeigt worden war. Das Bild enthält eine Pistolenkugel mit dem Zusatz: "Auch ein Kinderschänder sollte was im Kopf haben!" Damit suggeriert sie ganz offensichtlich, dass man bestimmte Tätergruppen erschießen sollte. Am 27. Februar 2016 stellte sie unter ihrem Account ein Bild ein, welches einen Serienmörder aus der Filmreihe "Saw" zeigt. Das Bild ist versehen mit der Bemerkung: "Verletze mein Kind und ich lasse deinen Tod wie einen Unfall aussehen". Die Schöffin kommentiert dieses Bild mit "Ohhhh jaaaaa!" Und zuletzt bekannt wurde hier ein Post der Schöffin vom 1. April 2016. Hier bezeichnet sie Asylbewerber als "Halbwilde" und "Tiere".
Der Senat hat der Schöffin rechtliches Gehör gewährt. Sie hat mit Schreiben vom 23. April 2016 geäußert, sie sei von einem anderen Schöffen für die Veröffentlichungen auf ihrer Facebookseite kritisiert worden. Daraufhin habe sie sich die Dinge angeschaut, "sofort" festgestellt, "dass diese nicht von mir stammen" und sie "auch sofort gelöscht". Später habe sie feststellen müssen, dass sich ihr Ehemann ihres Accounts bemächtigt und dort Bilder und Nachrichten hochgeladen habe. Er habe sich über eine Nachricht geärgert, die er gelesen, gepostet und kommentiert habe. Darin sei es darum gegangen, dass ein Pfarrer "Prostituierte für Asylbewerber" gefordert haben soll. Die Schöffin schreibt dazu: "... worauf mein Mann dann beichtete, dass diese Post von ihm geschrieben worden sei, da er sich ärgerte, dass man Prostituierte wie Ware behandelt, er aber nicht die Absicht hatte, jemanden zu verletzen oder mir zu schaden ...".
Noch nachdem die Schöffin sich geäußert hatte, hat der Senat am 4. Mai 2016 im öffentlich zugänglichen Bereich ihrer Facebookseite u.a. eine Karikatur festgestellt, auf der ein Arzt gezeigt wird, der im Begriff ist, mit einem übergroßen Holzhammer auf die Hoden eines auf einem Operationstisch liegenden Patienten einzuschlagen. Darüber heißt es: "Zwangskastration! Für Kinderschänder und Vergewaltiger!" In einem gleichfalls auf der Seite hochgeladenen "Gedicht" heißt es: "Als perverses Schwein bist du geboren, in diesem Land hast du nichts verloren!!! Darum fordern wir für alle Länder Todesstrafe für Kinderschänder!!! Für Eure Taten sollt Ihr büßen!!! Ihr sollt Euer Leben nie wieder genießen, die Erfahrungen zeigen, dass Therapien nichts nützen!!! Nur Euer Tod kann Kinder schützen!!!"
Der Schöffin ist auch zu dieser Feststellung rechtliches Gehör gewährt worden. Sie hat angegeben, in der Annahme gewesen zu sein, "alle Posts, die mein Mann gemacht hatte, gelöscht" zu haben. Weiter hat sie angegeben, die Posts von der Seite heruntergenommen zu haben.
Der Amtsenthebungsantrag ist nach § 51 Abs. 2 Satz 1 GVG zulässig und formell ordnungsgemäß durch den Richter am Amtsgericht, der dem Schöffenwahlausschuss vorsitzt, gestellt worden (§ 40 Abs. 2 Satz 1 GVG).
Der Antrag ist auch in der Sache begründet. Die Schöffin hat ihre Amtspflichten gröblich verletzt.
1. Der Senat hat keine Zweifel, dass die Schöffin Urheberin der Posts ist, die zu kurzem Prozess, grausamen Strafen und rücksichtsloser Selbstjustiz gegen pädophile Straftäter aufrufen und Ausländerhass propagieren.
a) Die Veröffentlichungen erfolgten auf der Facebookseite der Schöffin und unter ihrem jeweils aktuellen Nutzernamen. Dies war bei den Posts vom 15. Dezember 2015 (Genitalien abfressende Ratten), 25. Februar 2016 (Projektil für "Kinderschänder"), 27. Februar 2016 ("Verletze mein Kind und ich lasse deinen Tod wie einen Unfall aussehen") und 1. April 2016 (Asylbewerber sind "Halbwilde" und "Tiere") der Klarname XY, im Übrigen "XX".
b) Substantiiert stellt die Schöffin ihre eigene Urheberschaft nur für das Po...