Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 64 S 379/89)

 

Tenor

Der Mieter einer Eigentumswohnung hat gegen seinen Vermieter auch dann einen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch auf Mangelbeseitigung, wenn die zur Mangelbeseitigung erforderlichen Maßnahmen Eingriffe in das gemeinschaftliche Eigentum der Wohnungseigentümergemeinschaft notwendig machen und – soweit erforderlich – ein zustimmender Beschluß der Wohnungseigentümerversammlung noch nicht vorliegt.

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin ist Eigentümerin und Vermieterin einer Eigentumswohnung in dem Hause W. in … deren Mieterin die Beklagte ist.

Die Wohnung weist unstreitig folgende Mängel auf:

Der Fensterrahmen des Badezimmerfensters ist alt und morsch, der Gips bröckelt ab, die Farbe blättert ab, das Fenster schließt nicht mehr dicht ab, so daß Zugluft und Kälte in das Badezimmer eindringen können.

An der zum Treppenhaus hin gelegenen Küchenwand hat sich infolge Feuchtigkeit, die auf einer Durchfeuchtung der Wand beruht, schwarzer Schimmel gebildet, der sich ständig weiter ausbreitet. Es handelt sich um eine tragende Innenwand.

Die Briefklappe des zur Wohnung der Beklagten gehörenden Briefkastens ist verbogen. Der Briefkasten ist Bestandteil einer Briefkastenanlage des Hauses, in der die einzelnen zu den Wohnungen gehörenden Einzelbehälter über eine fest mit der Hauswand verbundene Stange miteinander verschweißt sind.

Nach Anzeige der Mängel durch die Beklagte forderte die Klägerin die jeweiligen Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft vergeblich zur Beseitigung der Mangel auf.

Die Beklagte hat die Klägerin widerklagend im Rahmen einer Mieterhöhungsklage der Klägerin auf Beseitigung der Mängel in Anspruch genommen. Ein zugunsten der Beklagten ergangenes Versäumnisurteil ist vom Amtsgericht Neukölln, nachdem die Klägerin Einspruch eingelegt hat, im wesentlichen mit der Begründung aufrechterhalten worden, die Klägerin sei ohne Eingriff in das Gemeinschaftseigentum in der Lage, die von der Beklagten beanstandeten Mängel zu beseitigen.

Mit der Berufung wendet sich die Klägerin gegen die Ausführungen des Amtsgerichts über die Ausführbarkeit der notwendigen Instandsetzungsmaßnahmen.

Die Beklagte hält die Mitwirkung der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht für erforderlich und verteidigt die Entscheidungsgründe des amtsgerichtlichen Urteils.

Die Berufungskammer des Landgerichts hat dem Kammergericht wegen grundsätzlicher Bedeutung folgende Rechtsfrage zum Erlaß eines Rechtsentscheides vorgelegt:

Hat der Mieter einer Eigentumswohnung gegen seinen Vermieter einen durchsetzbaren Anspruch auf Mängelbeseitigung, wenn die zur Mängelbeseitigung erforderlichen Maßnahmen Eingriffe in das Gemeinschaftseigentum der Wohnungseigentümergemeinschaft erforderlich machen und ein entsprechender Beschluß der Eigentümerversammlung fehlt?

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt:

Der vorliegende Rechtsstreit werfe die grundsätzliche Frage auf, ob der Vermieter einer Eigentumswohnung auf Instandsetzung in Anspruch genommen werden könne, wenn die zur Mängelbeseitigung erforderlichen Maßnahmen in das Gemeinschaftseigentum eingreifen würden.

Entgegen der Ansicht der Beklagten und den Ausführungen des amtsgerichtlichen Urteil würde die von der Beklagten begehrte Instandsetzung des Badezimmerfensters, der Küchenwand und des Briefkastens ihrer Wohnung Eingriffe in das Gemeinschaftseigentum erforderlich machen.

Die Klägerin könne die notwendigen Instandsetzungsmaßnahmen nicht im Wege der Notmaßnahme im Sinne von §21 Abs. 2 WEG durchführen, weil die vorliegend zu beseitigenden Schäden nicht so gravierend seien, daß die vorherige Inanspruchnahme der Wohnungseigentümergemeinschaft oder des Verwalters nicht mehr möglich wäre.

Die zur Herbeiführung eines Rechtsentscheides gestellte Frage werde bisher in der Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet:

Zum Teil werde die Ansicht vertreten, der Vermieter einer Eigentumswohnung könne bei erforderlichen Eingriffen in das Gemeinschaftseigentum nicht auf Instandsetzung in Anspruch genommen werden. Das werde damit begründet, daß der Vermieter aufgrund der Verfügungsbeschränkungen im Rahmen der Wohnungseigentümergemeinschaft gehindert sei, die Maßnahme selbst durchzuführen.

Demgegenüber werde aber auch die Meinung vertreten, das Erfordernis der Beschlußfassung und der gemeinschaftlichen Ausführung der notwendigen Instandsetzungsmaßnahmen durch die gesamte Wohnungseigentümergemeinschaft bei Instandsetzungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum begründeten lediglich ein einer Verurteilung des Vermieters nicht entgegenstehendes vorübergehendes Leistungshindernis. Der Fall sei vergleichbar mit den Fällen, in denen für eine Handlung die Zustimmung eines privaten Dritten erforderlich sei. Die Verpflichtung, die für die Herbeiführung der Mitwirkung der Wohnungseigentümergemeinschaft erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, sei von der Instandsetzungspflicht mit erfaßt und im Wege der Zwangsvollstreckung, die nach §888 ZPO zu erfolgen habe, durchzusetzen.

Die Kammer sei der Ansicht, daß ...

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