Entscheidungsstichwort (Thema)
Isolierte Anfechtung der Kostenentscheidung nach Erledigung der Hauptsache. Streitwert in Strafvollzugssachen
Leitsatz (redaktionell)
1. Es wird daran festgehalten, dass die sofortige Beschwerde gegen die isolierte Kostenentscheidung gemäß § 121 Abs. 2 Satz 2 StVollzG nach Erledigung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung in der Hauptsache zulässig ist.
2. Aus Gründen der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG darf die Bemessung des Streitwerts nicht dazu führen, dass die Anrufung des Gerichts für den Betroffenen mit einem unzumutbar hohen Kostenrisiko verbunden ist. Angesichts der geringen Leistungsfähigkeit der meisten Strafgefangenen ist deshalb der Streitwert in Strafvollzugssachen eher niedrig festzusetzen.
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 21.05.2001) |
Gründe
Der Gefangene verbüßte im offenen Vollzug der Justizvollzugsanstalt D. eine Freiheitsstrafe. Durch Bescheid vom 24. April 2001 wurde er mit Wirkung vom folgenden Tag in den geschlossenen Vollzug der Justizvollzugsanstalt C., weil der Verdacht entstanden war, dass er bei der Beantragung von Wohngeld unvollständige Angaben zu seinen Vermögensverhältnissen gemacht hatte. Am 7. Mai 2001 hat der Gefangene hiergegen gerichtliche Entscheidung mit dem Ziel seiner Rückverlegung in den offenen Vollzug beantragt. Der Leiter der Justizvollzugsanstalt D. hat am 14. Mai 2001 seinen Verlegungsbescheid aufgehoben. Daraufhin hat der Gefangene den Antrag auf gerichtliche Entscheidung für erledigt erklärt.
Durch den Beschluss vom 21. Mai 2001 hat die Strafvollstreckungskammer gemäß § 121 Abs. 2 Satz 2 StVollzG dem Gefangenen und der Landeskasse Berlin jeweils die Hälfte der Verfahrenskosten und der notwendigen Auslagen auferlegt. Den Streitwert hat sie auf 50,-- DM festgesetzt. Mit seiner sofortigen Beschwerde will der Gefangene erreichen, dass die Kosten und Auslagen in vollem Umfang der Landeskasse auferlegt werden. Sein Verfahrensbevollmächtigter erstrebt mit der Beschwerde eine Bemessung des Streitwertes auf mindestens 6.000,-- DM.
1. Die Kostenbeschwerde hat Erfolg.
a) Der Senat bejaht in ständiger Rechtsprechung die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde gegen die isolierte Kostenentscheidung nach § 121 Abs. 2 Satz 2 StVollzG (vgl. u. a. Beschluss vom 31. August 1998 -- 5 Ws 491/98 Vollz --). Er hält hieran trotz der abweichenden Auffassung anderer Oberlandesgerichte (vgl. OLG Koblenz bei Matzke NStZ 1997, 430; Thüring. OLG NStZ-RR 1996, 254; OLG Karlsruhe NStZ 1994, 456) fest.
Bis zur Einführung des § 464 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 StPO durch das Strafverfahrensänderungsgesetz 1987 bestand nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH NStZ 1983, 44) an der Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde gegen die nach § 121 Abs. 2 Satz 2 StVollzG ergangene Kosten- und Auslagenentscheidung kein Zweifel. Nach Auffassung des Senats hat hieran auch die Neuregelung des § 464 Abs. 3 Satz 1 StPO nichts geändert. Nach dessen Halbsatz 2 ist die Kostenbeschwerde nur dann unzulässig, wenn eine Anfechtung der Hauptentscheidung durch den Beschwerdeführer nicht statthaft ist, das Gesetz also die Hauptentscheidung ausdrücklich für unanfechtbar erklärt oder die Unanfechtbarkeit sich aus dem systematischen Gesamtzusammenhang ergibt (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 45. Aufl., § 464 Rdn. 17).
Bevor die Strafvollstreckungskammer nach § 121 Abs. 2 Satz 2 StVollzG über die Kosten und Auslagen befindet, hat sie zu prüfen, ob sich die mit dem Antrag nach § 109 StVollzG angestrebte Vollzugsmaßnahme in anderer Weise als durch Zurücknahme des Antrags erledigt hat. Die Entscheidung der Kammer, dass diese Voraussetzung für einen Kostenbeschluss erfüllt ist, stellt -- ungeachtet dessen, ob sie in die Beschlussformel aufgenommen wird oder stillschweigend ergeht -- eine das Verfahren in der Hauptsache abschließende Prozessentscheidung dar, gegen die die Rechtsbeschwerde nach § 116 StVollzG eröffnet ist. Die Situation kann verfahrensrechtlich nicht anders beurteilt werden, als wenn die Strafvollstreckungskammer etwa im Wege einer Prozessentscheidung feststellt, dass der Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgenommen worden und damit die Voraussetzung für eine Sachentscheidung entfallen ist. Auch gegen diesen Beschluß wird die Rechtsbeschwerde für statthaft gehalten (vgl. OLG Hamm ZfStrVO SH 1979, 119; Schuler in Schwind/Böhm, StVollzG 3. Aufl., § 116 Rdn. 10; Calliess/Müller-Dietz, StVollzG 8. Aufl., § 116 Rdn. 5). Im übrigen gebietet es die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG, in den in der Praxis nicht ganz seltenen Fällen, in denen der Gefangene nach einer gemäß § 121 Abs. 2 Satz 2 StVollzG getroffenen Kostenentscheidung den Eintritt der Erledigung der Hauptsache bestreitet, ihm ein Rechtsmittel für die Prüfung zur Verfügung zu stellen, ob die Strafvollstreckungskammer zutreffend von einer Entscheidung in der Hauptsache abgesehen hat. Dieses Rechtsmittel kann nach der Systematik des Strafvollzugsgesetzes nur die Rechtsbeschwerde sein. I...