Leitsatz (amtlich)

Der durch eine Prozessvollmacht im Adhäsionsverfahren beauftragte Verteidiger ist auch berechtigt, die Berufung hinsichtlich des Adhäsionsausspruchs zurückzunehmen. Er bedarf keiner Ermächtigung iSv § 302 StPO. Er kann das Rechtsmittel sogar gegen die Weisung seines Auftraggebers zurücknehmen.

 

Normenkette

StPO § 302

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Entscheidung vom 10.11.2008; Aktenzeichen (569) 63 Js 4257/07 Ns (26/08))

 

Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 10. November 2008 im Strafausspruch aufgehoben.

2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO mit der Maßgabe verworfen, dass der Angeklagte der gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit dem vorsätzlichen unerlaubten Führen einer halbautomatischen Kurzwaffe schuldig ist.

3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Strafkammer des Landgerichts Berlin zurückverwiesen.

 

Gründe

Das Amtsgericht Tiergarten in Berlin hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubten Führen einer halbautomatischen Schusswaffe zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es den Angeklagten als Adhäsionsbeklagten aufgrund seines Anerkenntnisses in der Hauptverhandlung verurteilt, an den Adhäsionskläger (und Nebenkläger) einen Betrag von 3.000,00 EUR nebst 5% Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 3. April 2008 zu zahlen und das Anerkenntnisurteil für vorläufig vollstreckbar erklärt. Auf die - auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte - Berufung der Staatsanwaltschaft hat das Landgericht das erstinstanzliche Urteil dahin abgeändert, dass es den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt hat. Die Berufung des Angeklagten hat das Landgericht verworfen.

Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge in dem aus der Beschlussformel zu 1) ersichtlichen Umfange Erfolg. Im Übrigen ist es aus den Gründen der Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft vom 29. Juni 2009 unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO, ohne dass die Ausführungen des Verteidigers in der Revisionsbegründungsschrift vom 23. Dezember 2008 sowie in den Schriftsätzen vom 9. Januar 2009 und vom 20. August 2009 daran etwas zu ändern vermögen.

1. Zu der aus der Beschlussformel zu 2) ersichtlichen Schuldspruchberichtigung sah sich der Senat mit Blick auf das Erfordernis einer genauen Bezeichnung der verwirklichten Straftatbestände im Urteilstenor veranlasst. Gemäß den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen hinsichtlich Aufbau und Funktionsweise der verwendeten Waffe hat sich der Angeklagte insoweit - wie das Amts- und das Landgericht ausweislich der Urteilsgründe jeweils rechtlich zutreffend gewürdigt haben - (in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung) des vorsätzlichen unerlaubten Führens einer halbautomatischen Kurzwaffe gemäß § 52 Abs. 1 Nr. 2b WaffG in Verbindung mit Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 1 Nr. 1.1. und 2.1., Abschnitt 2 Unterabschnitt 2 Nr. 2.3., 2.6. zu § 1 Abs. 2 WaffG schuldig gemacht (vgl. zur Tenorierung etwa: BGHR WaffG § 52 Konkurrenzen 1; Steindorf, WaffG 8. Aufl., § 52 Rdnr. 12).

2. Das Landgericht ist bei der Strafzumessung von einem Strafrahmen von Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu 15 Jahren ausgegangen, der sich aus § 52 Abs. 1 WaffG ergeben habe. Damit hat es bei seiner Entscheidung einen falschen Strafrahmen zugrunde gelegt. Denn zum einen sieht § 52 Abs. 1 WaffG sowohl in der zur Tatzeit geltenden Fassung als auch in der aktuellen, sich aus Artikel 1 des Gesetzes zur Änderung des Waffengesetzes und weiterer Vorschriften (WaffGuaÄndG) vom 26. März 2008 ergebenden Fassung die Verhängung einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren vor. Zum anderen ist selbst dieser Strafrahmen hier nahe liegend nicht maßgeblich. Denn der Angeklagte hat sich tateinheitlich mit dem Verstoß gegen das WaffG auch einer gefährlichen Körperverletzung schuldig gemacht, bei der gemäß dem sich aus § 224 Abs. 1 StGB ergebenden Regelstrafrahmen eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren zu verhängen ist. Im Hinblick auf § 52 Abs. 2 StGB wäre demnach dieser Strafrahmen bei der Strafzumessung zugrunde zu legen gewesen. Allein wenn die Strafkammer - wofür allerdings aus Sicht des Senats angesichts der (rechtsfehlerfrei festgestellten) Strafzumessungstatsachen trotz der Zahlung des Schmerzensgeldes wenig spricht - dazu gekommen wäre, es habe sich bei der Tat um einen minder schweren Fall der gefährlichen Körperverletzung im Sinne des § 224 Abs. 1 letzter Halbsatz StGB gehandelt, der die Verhängung einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren vorsieht, wäre die Strafe dem oben benannten Strafrahmen des § 52 Abs. 1 WaffG zu entnehmen gewesen.

Überdies hat die Kammer nicht erkennbar erwogen, ob die Voraussetzungen des Täter...

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