Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 25.09.1997; Aktenzeichen 67 S 83/97) |
Tenor
Ein Rechtsentscheid ergeht nicht.
Tatbestand
I.
Die Zivilkammer 67 des Landgerichts Berlin hat dem Kammergericht durch Beschluß vom 28. Juli 1997 folgende Frage zum Rechtsentscheid vorgelegt:
Sind zur Feststellung der ortsüblichen Nettovergleichsmiete im Rahmen eines Rechtsstreits nach § 2 MHG anhand des Berliner Mietspiegels 1996 die darin verzeichneten Bruttomietwerte um den jeweils angegebenen durchschnittlichen Betriebskostenanteil oder um den für die betreffende Wohnung maßgeblichen konkreten Betriebskostenanteil zu kürzen?
Das vorlegende Gericht hat ausgeführt, es habe im Berufungsrechtsstreit darüber zu entscheiden, ob die von der Klägerin erhobene Klage auf Zustimmung zur Erhöhung der von den Beklagten bisher zu zahlenden Nettomiete von 321,08 DM um 53,83 DM auf 374,91 DM mit Wirkung ab 1. Juli 1996 begründet sei. Die Kammer sei der Auffassung, daß die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht zwingend geboten sei, weil der Berliner Mietspiegel 1996 als allgemeinkundige Erkenntnisquelle nach § 291 ZPO herangezogen werden könne, um die ortsübliche Vergleichsmiete festzustellen. Die Vorlagefrage sei von erheblicher Bedeutung für die Entscheidung des Rechtsstreits. Je nachdem welches Verfahren bei der Umrechnung der aus dem Mietspiegel ersichtlichen Bruttokaltmiete in die Nettokaltmiete angewandt werde, sei die Klage einmal begründet, im anderen Falle zahlten die Beklagten schon gegenwärtig einen höheren Mietzins als er sich (nach der Umrechnung) aus dem Mietspiegel für vergleichbare Wohnungen ergebe.
Die Vorlagefrage sei keine Tat- sondern ausschließlich eine Rechtsfrage. Daß sie eine prozeßrechtliche Frage betreffe, mache die Vorlage nicht unzulässig, weil die verfahrensrechtliche Frage hier in einem engen inneren Zusammenhang mit einer materiellen Rechtsfrage stehe.
Gegen die Wirksamkeit des Mieterhöhungsverlangens der Klägerin bestünden keine Bedenken, auch wenn die Klägerin – nach Auffassung der vorlegenden Kammerhier die falsche Umrechnungsmethode angewandt habe.
Die Vorlagefrage sei von grundsätzlicher Bedeutung. Die vorlegende Zivilkammer 67 vertrete in Übereinstimmung mit der Zivilkammer 65 die Auffassung, daß zur Ermittlung der geschuldeten Nettokaltmiete von der ortsüblichen Bruttokaltmiete die konkreten Betriebskosten der Wohnung abzuziehen seien, während die Zivilkammern 62 und 63 in solchen Fällen die ortsübliche Nettokaltmiete durch Abzug der in den Vorbemerkungen zum Mietspiegel angegebenen durchschnittlichen Betriebskosten errechneten.
Die von der Kammer angewandte Methode sei die richtigere. Ein Vermieter, der für sein Mietobjekt relativ hohe Betriebskostenvorauszahlungen in Anspruch nehmen müsse, werde sich notgedrungen bemüßigt fühlen, bei der Kalkulation des Nettomietzinses eine gewisse Zurückhaltung zu wahren, um auf dem Wohnungsmarkt bestehen zu können. Wenn aber überdurchschnittlich hohe Vorauszahlungen auf die Betriebskosten zu einem unterdurchschnittlichen Nettomietzins führten, so führe die Errechnung der ortsüblichen Nettovergleichsmiete für die betreffende Wohnung durch Abzug des statistischen Betriebskostenanteils von der Bruttovergleichsmiete zwangsläufig zu einem falschen Ergebnis.
Entscheidungsgründe
II.
Ein Rechtsentscheid ergeht nicht, weil die Vorlage des Landgerichts unzulässig ist. Die dem Kammergericht zur Entscheidung vorgelegte Frage ist keine Rechtsfrage im Sinne von § 541 ZPO. Eine Rechtsfrage betrifft stets die Rechtsanwendung, also entweder die Gesetzesinterpretation oder die Subsumtion des tatsächlichen Sachverhalts unter den Rechtssatz. Die vorgelegte Frage betrifft jedoch nicht die Rechtsanwendung, sondern die Tatsachenfeststellung. Die Feststellung der ortsüblichen Vergleichsmiete, nach der mit dem Vorlagebeschluß gefragt wird, betrifft ausschließlich die Würdigung tatsächlicher Verhältnisse; der Tatrichter hat sie nach seiner freien persönlichen Überzeugung zu treffen (vgl. Beschluß des Senats vom 6. Juni 1991 – 8 RE-Miet 323/91 – in GE 1991, 725; NJW-RR 1992, 80; ZMR 1991, 341; DWW 1991, 235).
Soweit das Landgericht die von ihm vorgelegte Frage für eine Rechtsfrage des Prozeßrechts hält, kann ihm nicht gefolgt werden. Das Landgericht will offensichtlich mit seiner Vorlage nicht in Frage stellen, daß die richterliche Urteilsbildung im Rahmen der Tatsachenfeststellung nicht nur an die gesetzlichen Regeln, die die Überzeugungsbildung leiten, sondern u. a. auch an die Methoden und Ergebnisse menschlicher Erkenntnis gebunden ist, mit anderen Worten, daß ein Fehler in der Urteilsfindung und damit ein Verstoß gegen § 286 ZPO vorliegt, wenn der Richter bei der Tatsachenfeststellung gegen Denkgesetze verstößt oder Erfahrungswissen nicht beachtet, das allgemein anerkannt ist. Das Landgericht stellt aber mit seiner Vorlage andererseits auch nicht in Frage, ob es denkgesetzlich überhaupt möglich ist, aus einem Mietspiegel, der für sich in Anspruch nimmt, die ortsübliche Bruttokaltmiete ...