Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 30.03.1998; Aktenzeichen 102 O 284/97) |
LG Berlin (Aktenzeichen 100 AR 49/98) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Verfügungsbeklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers des Landgerichts Berlin vom 30. März 1998 – 102 O 284/97 – wird bei einem Wert bis 600,00 DM auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
Die nach Nichtabhilfe durch das Landgericht als sofortige Beschwerde geltende Erinnerung der Verfügungsbeklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss (Kostenausgleichung) des Rechtspflegers bei dem Landgericht Berlin ist gemäß §§ 11 Abs. 1, Abs. 2 Satz 4 und 5 RPflG a.F. in Verbindung mit § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO zulässig, aber nicht begründet.
A. Die Verfügungsbeklagte kann für die von ihrem Verfahrensbevollmächtigten eingereichte Schutzschrift gemäß § 32 BRAGO nur eine halbe Prozessgebühr ausgeglichen verlangen. Nur in dieser Höhe sind ihr gemäß § 91 Abs. 1 ZPO zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendige Kosten entstanden.
I. Die Kosten einer Schutzschrift sind – wenn der Verfügungsantrag bereits eingegangen ist oder noch eingeht – verfahrensbezogen und somit grundsätzlich erstattungsfähig (ganz herrschende Meinung, KG, 1. ZS, JurBüro 1980, 1357; BerlAnwBl. 1995, 418, 419; Hartmann, Kostengesetze, § 32 BRAGO Rdn. 27 m.w.N.).
1. Das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist im Ausgangspunkt ein einseitiges, nur vom Antragsteller betriebenes Verfahren, denn das Gericht kann die einstweilige Verfügung gemäß § 937 Abs. 2 ZPO ohne vorhergehende Anhörung des Antragsgegners und ohne mündliche Verhandlung erlassen. Die daraus folgenden Risiken der – vorläufigen – Vollstreckung einer etwa möglicherweise den Sachverhalt nicht vollständig erfassenden gerichtlichen Entscheidung vermag die Schadensersatzverpflichtung aus § 945 ZPO nicht immer vollständig auszugleichen. Gemäß § 937 Abs. 2 ZPO soll deshalb an sich die mündliche Verhandlung vor dem Erlass einer einstweiligen Verfügung der Regelfall sein, wenn nicht ausnahmsweise ein dringender Fall vorliegt oder der Antrag zurückzuweisen ist.
2. Mit der – gesetzlich nicht geregelten – Schutzschrift will sich der Antragsgegner vor dem Erlass einer gerichtlichen Entscheidung rechtliches Gehör verschaffen, um das Gericht dahin zu beeinflussen, nicht ohne mündliche Verhandlung gegen ihn zu entscheiden. Dies ist ihm gesetzlich – auch unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Verfügungsverfahrens – jedenfalls nicht verwehrt. Die Schutzschrift ist insoweit das einzige Verteidigungsmittel des Antragsgegners in einem ihn rechtlich unmittelbar betreffenden gerichtlichen Verfahren. Wenn es dabei auch an einem eigentlichen – vom Gericht vermittelten – Prozessrechtsverhältnis fehlt, so ist eine Kostenerstattung jedenfalls in entsprechender Anwendung der §§ 91 ff. ZPO sachgerecht. Es ist deshalb unerheblich, ob der Antragsgegner vor dem Einreichen seiner Schutzschrift vom Antragsteller abgemahnt worden ist (woran es im vorliegenden Fall fehlte) und deshalb eine dem Prozessverhältnis sehr nahe stehende Situation vorgelegen hatte (darauf abstellend noch KG, 1. ZS, JurBüro 1980, 1357, 1358).
3. Ebensowenig steht der Kostenerstattung hier entgegen, dass das Landgericht die Schutzschrift nicht erkennbar zu Gunsten der Antragsgegnerin in das Verfahren einbezogen, sondern den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung überwiegend bereits mangels Schlüssigkeit durch Beschluss zurückgewiesen hat. Bei der Frage, ob eine verfahrensbezogene Handlung notwendig im Sinne des § 91 Abs. ZPO war, ist unter Zugrundelegung einer objektiven Betrachtungsweise auf die Sicht der Partei bei der Vornahme dieser Handlung abzustellen (KG, 1. ZS, JurBüro 1966, 420; OLG Braunschweig, JurBüro 1993, 218). Ob das Gericht etwa bei einem unschlüssigen Antrag zu den selben Überlegungen auch ohne die Schutzschrift gelangt, ist für den Antragsgegner nicht vorauszusehen. Soweit gilt letztlich nichts anderes als für eine Klageerwiderung in einem „normalen” Prozessverfahren.
II. Für das Einreichen der Schutzschrift ist allerdings erstattungsfähig nicht eine volle Gebühr nach § 31 Abs. 1 Ziffer 1 BRAGO, sondern nur eine halbe Gebühr nach § 32 Abs. 1 BRAGO.
Dies entspricht bereits der ständigen Entscheidungspraxis des 1. Zivilsenats des Kammergerichts (JurBüro 1980, 1357; BerlAnwBl. 1995, 418), und überwiegend der der anderen Oberlandesgerichte (OLG Frankfurt/Main, JurBüro 1987, 1073; OLG Hamburg, JurBüro 1988, 201, 202; OLG München, JurBüro 1986, 562; JurBüro 1993, 154; OLG Bremen, JurBüro 1991, 940, 941; OLG Braunschweig, JurBüro 1993, 218, 219; OLG Köln, OLGR 1996, 51, 52; a.A. OLG Nürnberg, WRP 1977, 596; OLG Stuttgart, JurBüro 1980, 878; OLG Koblenz, JurBüro 1990, 1160, 1161; anderer Ansicht in der Literatur insbesondere Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, Kap. 55 Rdn. 57; Köhler/Piper, UWG, § 25 Rdn. 40).
1. Wird mit der Schutzschrift rechtliches Gehör beansprucht und angeregt, nicht ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden, dann ...