Leitsatz (amtlich)

Ein ortsüblich bekanntgemachter Beschluss über die Aufstellung einer Erhaltungssatzung gibt dem Grundbuchamt keinen Anlass, dem Antragsteller vor Vollzug der Aufteilung eines Grundstücks in Wohnungs- bzw. Teileigentum die Vorlage einer Genehmigung oder eines Negativattests der Gemeinde aufzugeben.

 

Normenkette

GBO §§ 18-19; WEG § 8; BauGB §§ 172, 22, 15; UmwandV Berlin § 1

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Neukölln (Aktenzeichen 47 NK 3...-8...)

 

Tenor

Die Zwischenverfügung wird aufgehoben.

 

Gründe

I. Die Beteiligte ist seit dem 29.1.2015 als Eigentümerin in Abt. I des im Beschlusseingang näher bezeichneten Grundbuchs eingetragen. Am 11.11.2015 bewilligte sie zur UR-Nr. 6.../2...des Notars B.E.in ...unter Bezugnahme auf die Abgeschlossenheitsbescheinigung Nr. 2.../4...des Bezirksamts N.von ...vom 15.7.2015 die Aufteilung des Grundstücks in 28 Wohnungseigentumsrechte und zehn Teileigentumsrechte.

Mit Schriftsatz vom 19.11.2015 beantragte der Urkundsnotar unter Beifügung der vorgenannten Urkunden den Vollzug der Teilung im Grundbuch. Das Grundbuchamt wies mit Zwischenverfügung vom 1.2.2016 auf Eintragungshindernisse hin.

Mit weiterer Zwischenverfügung vom 30.3.2016 hat das Grundbuchamt die Vorlage einer Genehmigung des Stadtentwicklungsamtes gemäß §§ 172 Abs. 2, 15 Abs. 1 BauGB bzw. dessen Negativattest erfordert. Hiergegen richtet sich die Beschwerde vom 4.4.2016, der das Grundbuchamt mit Beschluss vom 25.4.2016 nicht abgeholfen hat.

II. Die Beschwerde ist zulässig, § 71 Abs. 1 GBO, und hat auch in der Sache Erfolg. Das von dem Grundbuchamt aufgezeigte Hindernis besteht nicht, so dass insoweit keine Zwischenverfügung veranlasst ist, vgl. § 18 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 GBO.

1. Für alle im Bereich einer Erhaltungsverordnung nach § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BauGB belegenen Grundstücke darf Wohnungs- oder Teileigentum an Gebäuden, die ganz oder teilweise Wohnzwecken zu dienen bestimmt sind, nicht ohne Genehmigung begründet werden, § 1 UmwandV vom 3.3.2015 (GVBl. 2015, 43). Eigentümer solcher Grundstücke unterliegen insofern einer von dem Grundbuchamt zu beachtenden Verfügungsbeschränkung (Senat, Beschluss vom 12.11.2015 - 1 W 518/15 -, FGPrax 2016, 4; Beschluss vom 1.12.2015 - 1 W 680/15 - juris).

2. Gleichwohl ist es nicht gerechtfertigt, von der Beteiligten die Vorlage eines entsprechenden Genehmigungsbescheids zu verlangen. Ihr Grundstück befindet sich nicht im Gebiet einer Erhaltungssatzung bzw. einer entsprechenden Rechtsverordnung des Bezirksamts (hierzu Senat, a.a.O.), was von dem Grundbuchamt auch nicht verkannt worden ist.

a) Bislang hat das Bezirksamt lediglich die Aufstellung einer solchen Erhaltungsverordnung mit der Bezeichnung "------promenade " beschlossen und am 17.2.2016 bekannt gemacht (ABl. S. 433). Zutreffend ist das Grundbuchamt davon ausgegangen, dass hieraus für Vorhaben nach § 172 Abs. 1 BauGB die entsprechende Anwendung des § 15 Abs. 1 BauGB folgt, § 172 Abs. 2 BauGB. Vorhaben in diesem Sinn ist auch die Begründung von Wohnungs- oder Teileigentum (Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, 2015, § 172, Rdn. 87).

§ 15 Abs. 1 BauGB differenziert zwischen (bau)genehmigungspflichtigen und solchen Vorhaben, die nicht förmlich genehmigt werden müssen (Mitschang, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Aufl., § 15, Rdn. 4f). Die in § 172 Abs. 2 BauGB geregelte Verweisung auf § 15 Abs. 1 BauGB setzt diese Differenzierung voraus, begründet selbst jedoch keinen eigenständigen Genehmigungstatbestand (Mitschang, a.a.O., § 172, Rdn. 37). Allein der Beschluss des Bezirksamts über die Aufstellung einer Erhaltungsverordnung macht die Begründung von Wohnungs- oder Teileigentum damit nicht genehmigungspflichtig.

b) Der Senat hat bereits entschieden, dass im Rahmen der §§ 172 Abs. 1 S. 4, 22 BauGB kein Anlass für das Erfordernis eines allgemeinen behördlichen Negativzeugnisses besteht und die Vorlage eines solchen Zeugnisses folglich von dem Grundbuchamt auch nicht verlangt werden kann (Senat, Beschluss vom 8.12.2015 - 1 W 680/15 - juris).

Hat die Gemeinde die Aufstellung einer Erhaltungssatzung beschlossen, gilt im Ergebnis nichts anderes. Vereinzelte Hinweise in der Literatur auf ein solches Negativattest (vgl. Mitschang, a.a.O., § 172, Rdn. 37) verkennen, dass der Gesetzgeber die Ausstellung eines solchen Zeugnisses nicht mehr für erforderlich erachtet hat und insbesondere § 22 Abs. 6 S. 1 BauGB hierfür auch keine Grundlage mehr bietet. Dort werden lediglich der Genehmigungsbescheid, das Fiktionszeugnis nach § 22 Abs. 5 S. 5 BauGB oder die Freistellungserklärung der Gemeinde gemäß § 22 Abs. 8 BauGB benannt, nicht jedoch ein allgemeines Negativzeugnis.

c) Allerdings hat das Grundbuchamt von Amts wegen zu berücksichtigen, ob der Bewilligende, vgl. § 19 GBO, Verfügungsbeschränkungen unterliegt (BGH, MDR 2013, 701). Eine solche Verfügungsbeschränkung wird durch den Beschluss über die Aufstellung einer Erhaltungsverordnung allein aber nicht bewirkt. Die Begründung von Wohnungs- oder Teileigentum bleibt genehmigungsfrei. D...

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