Leitsatz (amtlich)
Nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens ist die Bestellung eines Verteidigers gemäß § 141 StPO unzulässig. Dies gilt auch dann, wenn der Antrag noch vor der Beendigung des Verfahrens gestellt worden ist.
Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 26.09.2005; Aktenzeichen (568) 34 Js 3829/02 (180/03)) |
Tenor
Die Beschwerde des damaligen Angeklagten und nunmehrigen Verurteilten gegen den Beschluss des Vorsitzenden der Strafkammer 68 des Landgerichts Berlin vom 26. September 2005 wird für erledigt erklärt.
Gründe
Im Zusammenhang mit der Anberaumung des Termins zur Verhandlung über die Berufung des damaligen Angeklagten gegen seine Verurteilung wegen Urkundenfälschung u. a. durch das Amtsgericht Tiergarten in Berlin hat der Vorsitzende der mit der Sache befassten Strafkammer des Landgerichts mit Beschluss vom 26. September 2005 den Antrag des Angeklagten vom 24. Januar 2005 auf Beiordnung eines Pflichtverteidigers abgelehnt. Die dagegen - als nach § 304 Abs. 1 StPO zulässiges und nicht durch § 305 Satz 1 StPO ausgeschlossenes (vgl. KG StV 1986, 239) Rechtsmittel - erhobene Beschwerde des damaligen Angeklagten, die er am 18. Oktober 2005 mit seiner als "Widerspruch" bezeichneten Eingabe vom selben Tage nebst Anlagen früheren Datums angebracht und mit Schreiben vom 21. Oktober und 16. Dezember 2005 weiter begründet hat, ist gegenstandslos, weil prozessual dadurch überholt, dass der Angeklagte seine Berufung am 19. Oktober 2005 durch per Fax übermittelten Schriftsatz seines Wahlverteidigers vom selben Tage wirksam zurückgenommen hat.
Die Berufungsrücknahme hat dadurch, dass sie das Verfahren zum rechtskräftigen Abschluss gebracht hat, die ursprünglich in dem angefochtenen Beschluss begründete und die Voraussetzung seiner Anfechtbarkeit bildende Beschwer für den Angeklagten entfallen lassen (vgl. Kammergericht Beschlüsse vom 21. Juli 2005 - 5 Ws 374/05 - und 9. Februar 2005 - 5 Ws 40/05 - ). Dass ihm die Bestellung eines Pflichtverteidigers versagt blieb, durch die er ihrer institutionellen Zweckbestimmung entsprechend für sich rechtskundigen Beistand und einen ordnungsgemäßen Verfahrensablauf im weiteren Gang des Berufungsverfahrens gewährleistet wissen wollte, konnte ihn nach der Zurücknahme der Berufung nicht mehr in seiner Verteidigungsposition gegen den Schuldvorwurf, um die es ihm vor allem ging, benachteiligen; denn nach dem mit der Berufungsrücknahme bewirkten Eintritt der Rechtskraft der Verurteilung blieb kein Raum mehr, die Verteidigung noch fortzuführen.
Weil die Bestellung eines Verteidigers nicht dem Kosteninteresse des Betroffenen oder seines Verteidigers dient, vielmehr ihr Zweck ausschließlich darin besteht, im öffentlichen Interesse dafür zu sorgen, dass ein Betroffener in schwerwiegenden Fällen rechtskundigen Beistand erhält und der ordnungsgemäße Verfahrensablauf gewährleistet wird, ist auch kein Raum für eine rückwirkende Bestellung. Sie ist unzulässig, und dies auch dann, wenn der Antrag - so wie hier - noch vor der Beendigung des Verfahrens gestellt worden ist (vgl. Kammergericht Beschlüsse vom 21. Juli 2005 - 5 Ws 374/05 - und 9. Februar 2005 - 5 Ws 40/05 - ; Meyer-Goßner, StPO 48. Aufl., § 141 Rdn. 8).
Als ein erst nachträglich gegenstandslos gewordenes zulässiges Rechtsmittel ist die Beschwerde durch den vorliegenden Beschluss (ohne Kostenentscheidung) für erledigt zu erklären (vgl. Meyer-Goßner vor § 296 Rdn. 17 unten).
Fundstellen