Entscheidungsstichwort (Thema)
Gebühren im Ordnungsgeldverfahren gegen mehrere Schuldner
Leitsatz (amtlich)
1. Richtet sich das Ordnungsgeldverfahren nach § 890 Abs. 1 ZPO gegen mehrere Schuldner, so bildet das Verfahren gegen jeden der Schuldner eine besondere gebührenrechtliche Angelegenheit.
2. Dem mehrere Schuldner vertretenden Anwalt erwächst in jedem der Ordnungsgeldverfahren eine gesonderte Gebühr gem. §§ 57 Abs. 1, 58 Abs. 1 BRAGO zzgl. der Pauschale nach § 26 S. 2 BRAGO.
Normenkette
BRAGO § 57 Abs. 1, § 58 Abs. 1; ZPO § 890 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 25.06.2002; Aktenzeichen 30 O 473/97) |
Tenor
In Änderung des angefochtenen Beschlusses werden als nach dem Beschluss des LG Berlin vom 25.6.2002 von dem Gläubiger an die Schuldner zu erstattende Kosten weitere 68,96 Euro (in Worten: achtundsechzig 96/100 Euro) nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.7.2002 festgesetzt.
Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nach einem Wert bis 300 Euro gegeneinander aufgehoben.
Gründe
Die sofortige Beschwerde ist gem. § 11 Abs. 1 RPflG i.V.m. § 104 Abs. 3 S. 1 ZPO zulässig. Sie ist in dem nach Teilrücknahme aufrecht erhaltenen Umfang auch begründet. Entgegen der Auffassung des LG sind dem Verfahrensbevollmächtigten der Schuldner für deren Vertretung im vorangegangenen Ordnungsgeldverfahren zwei 3/10-Prozessgebühren nach § 57 Abs. 1 BRAGO zzgl. Pauschalen entstanden, da das Verfahren gegen jeden der Schuldner eine besondere Angelegenheit bildet. Deren Gegenstandswert ist jeweils mit der Hälfte des mit Beschluss des LG vom 15.8.2002 auf 13.293,59 Euro festgesetzten Streitwerts des gesamten Verfahrens, also 6.646,80 Euro, anzusetzen. Der Differenzbetrag zwischen den danach entstandenen Kosten von 2 × (112,50 + 16,88 =) 129,38 Euro = 258,76 Euro abzgl. bereits festgesetzter 189,80 Euro, das sind 68,96 Euro, ist ergänzend festzusetzen.
1. Auszugehen ist zunächst davon, dass sich das auf den Antrag des Gläubigers vom 17.3.2002 eingeleitete Verfahren auf Verhängung von Ordnungsgeld gem. § 890 Abs. 1 ZPO gegen beide Schuldner richtete. Dies ergab sich schon zweifelsfrei aus dem Inhalt der Antragsschrift. Auch die Prozesskammer des LG ist ausweislich des Rubrums und der Gründe ihres Beschlusses vom 25.6.2002 von einem gegen beide Schuldner gerichteten Antrag ausgegangen und hat diesen insgesamt zurückgewiesen. Hieran sind die Instanzen des Kostenfestsetzungsverfahrens gebunden.
Nach weitaus überwiegender Auffassung in der Rspr. und Lit. bildet das Zwangsvollstreckungsverfahren gegen einen jeden von mehreren Schuldnern eine besondere gebührenrechtliche Angelegenheit i.S.v. §§ 57 Abs. 1, 58 Abs. 1 BRAGO, auch wenn die Zwangsvollstreckung aufgrund eines einzigen Titels und eines einzigen Antrags betrieben wird, da sie sich stets gesondert gegen jeden einzelnen Schuldner richtet (vgl. – jeweils zu Zwangsvollstreckungskosten des Gläubigers – OLG Düsseldorf JurBüro 1987, 72; v. 11.4.1996 – 23 W 16/96, OLGReport Düsseldorf 1996, 248; OLG Hamm v. 6.1.1986 – 23 W 534/85, AnwBl. 1988, 357; OLG Koblenz JurBüro 1986, 1838; OLG Köln RPfleger 2001, 149; LG Berlin InVo 1996, 27; Gerold/Schmidt/von Eicken, BRAGO, 15. Aufl., § 58 Rz. 3; Riedel/Sußbauer/Keller, BRAGO, 8. Aufl., § 58 Rz. 8; Gebauer/Schneider, BRAGO, § 58 Rz. 13; Göttlich/Mümmler, BRAGO, Stichwort „Zwangsvollstreckung” 5.1, jeweils m.w.N. zum Meinungsstand; a.A. OLG Schleswig JurBüro 1996, 89; OLG Bremen InVo 1998, 83).
Auch für das Ordnungsgeldverfahren nach § 890 Abs. 1 ZPO gegen mehrere Schuldner ist davon auszugehen, dass das Verfahren gegen jeden einzelnen Schuldner eine besondere gebührenrechtliche Angelegenheit i.S.v. §§ 57 Abs. 1, 58 Abs. 1 BRAGO darstellt (ebenso OLG Düsseldorf JurBüro 1987, 72). Denn im Falle der Verurteilung ist ein gesondertes Ordnungsgeld gegen jeden der Schuldner zu verhängen, wobei § 58 Abs. 3 Nr. 9 BRAGO ausdrücklich bestimmt, dass jede Verurteilung zu einem Ordnungsgeld als besondere Angelegenheit gilt. Gleiches muss aber auch dann gelten, wenn es nicht zu einer Verurteilung kommt, sondern der Antrag des Gläubigers zurückgewiesen wird, da die Entstehung der anwaltlichen Gebühren für die Vertretung im Verfahren nicht von dessen Ausgang abhängt. Dem mehrere Schuldner im Ordnungsgeldverfahren vertretenden Anwalt entstehen daher ebenso wie dem anwaltlichen Vertreter des Gläubigers mehrere Gebühren nach §§ 57 Abs. 1, 58 Abs. 1 BRAGO zzgl. Pauschalen nach § 26 S. 2 BRAGO.
2. Der Gegenstandswert der dem Verfahrensbevollmächtigten der Schuldner nach alledem entstandenen zwei 3/10-Prozessgebühren nach § 57 Abs. 1 BRAGO ist jeweils mit der Hälfte des mit Beschluss der Prozesskammer des LG vom 15.8.2002 auf 13.293,59 Euro festgesetzten Streitwerts, also 6.646,80 Euro anzusetzen. Die Streitwertfestsetzung bezieht sich ersichtlich auf den zusammengerechneten Wert der beiden Ordnungsgeldverfahren gem. § 5 ZPO, denn das LG hat den Streitwert des gesamten Verfahrens in Kenntnis des Umstands, dass es ...