Leitsatz (amtlich)

Kommt es bei einer Stufenklage nicht zur Bezifferung des Zahlungsantrages, so bestimmt sich der Wert der Stufenklage nach dem gem. § 3 ZPO geschätzten Wert des unbezifferten Zahlungsantrages bei Einreichung der Klage. Dieser Wert ist nach objektiven Anhaltspunkten unter Berücksichtigung der Erwartungen des Klägers bei Klageeinreichung zu schätzen und richtet sich nicht nach den Erkenntnissen des Gerichts am Ende der Instanz (vgl. KG v. 23.3.1993 - 1 W 6310/92, KGReport Berlin 1993, 29 = MDR 1993, 696; gegen KG MDR 1997, 598).

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 10.08.2005; Aktenzeichen 23 O 492/04)

 

Tenor

Die Beschwerden werden zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I. Der Klägerin wurde mit Bescheid der O.B. vom 15.7.1996 als Eigentümerin des ehemals volkseigenen Anteils von 2/3 an dem Grundstück R.S.5./W.S. festgestellt, welches die Beklagte vom 3.10.1990 bis zum 30.9.1996 verwaltet hat. Die Klägerin hat die Beklagte im Wege der Stufenklage darauf in Anspruch genommen, ihr Rechenschaft über Einnahmen und Ausgaben für das Grundstück im Zeitraum vom 3.10.1990 bis zum 30.9.1996 abzulegen, sowie 2/3 des Überschusses in nach Rechnungslegung noch zu bestimmender Höhe zu zahlen. In ihrer Klageschrift vom 7.10.2004 hat sie als Streitwert für den im Wege der Stufenklage verfolgten Auskunfts- und Zahlungsanspruch vorläufig 30.000 EUR angesetzt.

Durch Anerkenntnisteilurteil hat das LG dem Antrag der Klägerin auf Rechnungslegung stattgegeben. Nachdem die Beklagte zusammen mit der Auskunft das sich daraus ergebende Guthaben von 180.642,72 EUR gezahlt hat, haben die Parteien den noch unbezifferten Zahlungsantrag übereinstimmend für erledigt erklärt. Die Kosten des Rechtsstreits wurden der Beklagten auferlegt.

Das LG hatte den Streitwert mit Beschluss vom 10.8.2005 mit 37.500 EUR angenommen, diesen Wert aber mit Beschluss vom 23.9.2005 auf 30.000 EUR herabgesetzt sowie für die Berechnung der Terminsgebühren einen Wert von 7.500 EUR bestimmt. Die Klägerin und ihre im eigenen Namen handelnden Prozessbevollmächtigten streben mit ihren am 30.8.2005 eingelegten Beschwerden eine Festsetzung des Streitwerts auf 180.642,72 EUR an. Die Beschwerdeführer vertreten die Auffassung, der Gebührenstreitwert eines im Wege der Stufenklage eingeklagten, zunächst unbezifferten Leistungsanspruchs bestimme sich nicht nach den Erwartungen des Klägers zu Beginn, sondern nach den Erkenntnissen des Gerichts am Ende der Instanz. Die Klägerin habe zur Höhe des erwirtschafteten Überschusses zu Beginn des Verfahrens nur eine vorsichtige Schätzung abgegeben, die indessen den tatsächlichen Verhältnissen nicht gerecht werde.

II. Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des LG Berlin vom 10.8.2005 in der Fassung des Beschlusses vom 23.9.2005 ist gem. § 68 Abs. 1 GKG unzulässig. Die Klägerin ist durch die ihrer Ansicht nach zu niedrige Festsetzung des Streitwerts nicht beschwert (Hartmann, Kostengesetze, 36. Aufl., GKG, § 68 Rz. 5). Eine zu geringe Streitwertbemessung hat für die klagende Partei lediglich geringere Kosten zur Folge, was sie in keiner Weise belastet.

III. Die nach § 32 Abs. 2 RVG im eigenen Namen erhobene Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin gegen die endgültige Festsetzung des Streitwerts nach § 63 Abs. 2 GKG ist dagegen gem. § 68 Abs. 1 GKG zulässig, aber unbegründet. Das LG Berlin hat den Streitwert der Stufenklage mit 30.000 EUR und den Wert der Auskunftsstufe mit 7.500 EUR nicht zu tief angesetzt.

Wird eine Stufenklage nicht bis zur Leistungsstufe fortgeführt, ist bei der Streitwertbestimmung nach § 44 GKG der unbezifferte Hauptanspruch zu bewerten und mit dem Auskunftsanspruch zu vergleichen. Zur Bewertung des noch unbezifferten Leistungsbegehrens hat sich der Senat in einer früheren Entscheidung (KG v. 23.3.1993 - 1 W 6310/92, KGReport Berlin 1993, 29 =MDR 1993, 696) der in Rechtsprechung und Literatur ganz vorherrschenden Auffassung angeschlossen, wonach dieser Wert gem. § 3 ZPO und §§ 4 ZPO, 40 GKG nach objektiven Anhaltspunkten unter Berücksichtigung der Erwartungen des Klägers bei Klageeinreichung zu schätzen ist (vgl. OLG Hamm v. 4.2.2004 - 11 WF 214/03, OLGReport Hamm 2004, 133 = FamRZ 2004, 1664; OLG Celle v. 8.10.2002 - 6 W 77/02, OLGReport Celle 2002, 323 = MDR 2003, 55; v. 22.2.1996 - 18 WF 15/96, OLGReport Celle 1996, 155 = FamRZ 1997, 99; OLG Schleswig JurBüro 2002, 80; OLG Bremen v. 13.3.1998 - 2 W 13/98, OLGReport Bremen 1998, 192; Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 11. Aufl., Rz. 4256; Hartmann, KostG, 36. Aufl., GKG, § 44 Rz. 4; Oestreich/Winter/Hellstab, GKG, Stand: 2003, Stufenklage; Zöller/Herget, ZPO, 25. Aufl., § 3 Rz. 16, Stichwort: Stufenklage; Musielak, ZPO, 4. Aufl., § 3 Rz. 32, Stufenklage; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 5 Rz. 22). Demgegenüber vertritt der 16. Zivilsenat des KG den Standpunkt, dass sich der Gebührenstreitwert des mit der Stufenklage erhobenen noch unbezifferten Zahlung...

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