Leitsatz (amtlich)
Das sog. Stealthing erfüllt jedenfalls dann den Tatbestand des sexuellen Übergriffs gemäß § 177 Abs. 1 StGB, wenn der Täter das Opfer nicht nur gegen dessen Willen in ungeschützter Form penetriert, sondern im weiteren Verlauf dieses ungeschützten Geschlechtsverkehrs darüber hinaus in den Körper des bzw. der Geschädigten ejakuliert.
Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 27.11.2019; Aktenzeichen (570) 284 Js 118/18 Ls Ns (50/19)) |
Tenor
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 27. November 2019 wird nach § 349 Abs. 2 StPO verworfen.
2. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels sowie die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Gründe
I.
1. Das Amtsgericht Tiergarten hat den Angeklagten mit Urteil vom 11. Dezember 2018 (278 Ls 14/18, veröffentlicht bei juris) wegen sexuellen Übergriffs zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Ferner hat es den Angeklagten verurteilt, an die Nebenklägerin und Adhäsionsklägerin eine Schmerzensgeld- und Schadensersatzzahlung in Höhe von insgesamt 3.095,59 Euro zu leisten.
a) Das Amtsgericht hat die folgenden Feststellungen getroffen:
"I. Der zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung 36 Jahre alte Angeklagte (...) ist ledig und kinderlos. Er ist seit dem Jahr xx Bundespolizist, wird derzeit als xx bei der Bereitschaftspolizei der Bundespolizeiabteilung B. in A. eingesetzt und bezieht ein monatliches Einkommen in Höhe von ca. 2.500,00 Euro netto, wobei sein Krankenversicherungsbeitrag schon in Abzug gebracht ist. Er unterstützt seine Mutter durch monatliche Zahlungen in Höhe von 200,00 bis 300,00 Euro. Der Angeklagte ist vorbestraft: Mit Strafbefehl vom 08. Juni 2015, rechtskräftig seit dem 27. Juni 2015, verhängte das Amtsgericht Tiergarten, Az.: 298 Cs 110/15, gegen ihn wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs und unerlaubten Entfernens vom Unfallort, Tattag: 21. Februar 2015, eine Gesamtgeldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 65,00 Euro, zudem wurde ihm die Fahrerlaubnis entzogen und eine Sperre für deren erneute Erteilung bis zum 07. Juni 2016 festgesetzt.
II. Im November 2017 nahmen der Angeklagte und die zum damaligen Zeitpunkt 20 Jahre alte Zeugin, Nebenklägerin und Adhäsionsklägerin M U über die Internetplattform 'Lovoo', welche der Vermittlung zwischenmenschlicher Bekanntschaften dient und auf welcher der Angeklagte unter dem Pseudonym 'F' auftrat, Kontakt zueinander auf. Der Angeklagte und die Nebenklägerin schrieben sich zunächst über die Internetplattform und sodann auch nach Austausch ihrer Telefonnummern über WhatsApp Nachrichten und verabredeten sich schließlich ca. eine Woche nach dem ersten Kontakt zu einem Treffen am 17. November 2017, um sich persönlich kennen zu lernen. Das Treffen sollte zunächst in einer Cocktailbar stattfinden, jedoch schlug der Angeklagte kurzfristig vor, dass die Nebenklägerin doch auch zu ihm in die Wohnung kommen könne. Da die Nebenklägerin als Polizeimeisteranwärterin im Land B. dem Angeklagten, der sich ihr gegenüber wahrheitswidrig als 'A' vorstellte und angab, 27 Jahre alt zu sein, glaubte, dass er ebenfalls Polizist ist, willigte sie unter Zurückstellung gewisser Bedenken in den Vorschlag des Angeklagten ein und begab sich vereinbarungsgemäß am 17. November 2017 gegen 21.45 Uhr zu der von dem Angeklagten mitgeteilten Wohnanschrift in xx, wo der Angeklagte die Nebenklägerin nach telefonischer Ankündigung ihrer Ankunft an der Eingangstür zu dem Gebäude in Empfang nahm und sich mit ihr zusammen in seine Wohnung in der 4. Etage begab. Die beiden suchten das Wohnzimmer auf, wo sie auf einem Sofa Platz nahmen, unterhielten sich miteinander, wobei unter anderem ihre Ausbildung und sein Beruf Thema waren, und besprachen, ob man alkoholische Getränke besorgen solle, entschieden sich jedoch dagegen. Sie tranken Tee und sahen sich auf dem Laptop des Angeklagten über den Netflix-Zugang der Nebenklägerin einen Horrorfilm an. Der Angeklagte und die Nebenklägerin waren einander sympathisch und der Angeklagte fing schließlich nach eineinhalb bis zwei Stunden gegen Ende des Films an, die Nebenklägerin zu küssen, worauf die Nebenklägerin sich einließ. Der Angeklagte zog dann die Nebenklägerin und sich selbst aus und führte sein Geschlechtsteil an die Vagina der auf dem Sofa liegenden Nebenklägerin, woraufhin die Nebenklägerin ihm sagte, dass sie auf keinen Fall Geschlechtsverkehr ohne Kondom haben wolle. Da der Angeklagte dennoch sein Geschlechtsteil an ihrer Vagina rieb und bei der Nebenklägerin weiterhin den Eindruck erweckte, in sie eindringen zu wollen, wiederholte diese ihre Äußerung, woraufhin der Angeklagte erklärte, dass er nicht bescheuert sei und es nicht ohne Kondom machen würde, die Nebenklägerin solle sich entspannen. Der Angeklagte machte jedoch keine Anstalten ein Kondom zu holen, sondern führte sein Glied kurz darauf wieder an die Scheide der Nebenklägerin und übte dort D...