Tenor
Die Angriffe des Beklagten gegen die Ausführungen des Landgerichts haben keinen Erfolg.
Gründe
1) Entgegen der Ansicht des Beklagten ist der Eingriff durch ihn nicht von der Einwilligung der Klägerin gedeckt. Es ist im nicht angegriffenen Tatbestand des landgerichtlichen Urteils für den Senat insoweit bindend festgestellt, dass vereinbart war, dass Dr. Wolke den Eingriff durchführen sollte. Damit war die Operationseinwilligung der Klägerin ersichtlich auf einen Eingriff durch Frau Dr. W. beschränkt. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Klägerin einen Wahlarztvertrag mit dem Beklagten als Chefarzt abgeschlossen hat. Der als Wahlarzt verpflichtete Chirurg muss die geschuldete Operation grundsätzlich selbst durchführen, sofern er mit dem Patienten nicht eine Ausführung seiner Kernleistungen durch einen Stellvertreter wirksam vereinbart hat (BGH 11.05.2010 – VI ZR 252/08, VersR 2010, 1038). Letzteres liegt hier nach den tatbestandlichen Feststellungen des Landgerichts vor. Dass Frau Dr. W. den Eingriff nicht federführend getätigt hat, ergibt sich aus dem eigenen durchgehenden Klageerwiderungsvortrag des Beklagten, dass er die Operation durchgeführt habe. Entsprechend ist Frau Dr. W. auch nur als ärztliche Assistenz auf dem OP-Bericht aufgeführt. Mangels Einwilligung ist der gesamte Eingriff rechtswidrig, so dass der Beklagte für ihn und seine Folgen haftet, unabhängig davon, ob der Eingriff fehlerhaft durchgeführt wurde.
2) Entgegen der Ansicht des Beklagten ist es auch nicht widersprüchlich, ihm neben dem wegen Einwilligungsmangels rechtwidrigen Eingriff noch einen Behandlungsfehler vorzuwerfen. Denn durch die Behandlungsfehlerhaftigkeit des Eingriffs wird eine eigene Körperverletzung gesetzt, die grundsätzlich neben der auf dem Einwilligungsmangel beruhenden steht und zu einem erhöhten Schmerzensgeld führen kann. Selbstverständlich wäre das Schmerzensgeld für einen einwilligungslosen, aber korrekt durchgeführten Eingriff wesentlich niedriger anzusetzen im Hinblick auf Ausgleichs- und Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes, als bei einem zudem noch behandlungsfehlerhaften Eingriff.
3) Der Senat geht mit dem Landgericht konform, dass hier von einem groben Behandlungsfehler auszugehen ist. Zwar darf das Gericht eine solche Wertung nicht ohne Grundlage im Sachverständigengutachten treffen und hat die Sachverständige ausgeführt, sie halte weder die einzelnen Fehler noch die Gesamtschau der Fehler für schlechthin unverständlich, doch hat das Landgericht nachvollziehbar dargelegt, dass diese Wertung von der Auffassung der Sachverständigen getragen war, dass die Klägerin ein komplexes Krankheitsbild besaß, so dass mit Komplikationen zu rechnen war. Der Senat ist mit dem Landgericht der Auffassung, dass diese von der Komplikationswahrscheinlichkeit geprägte Sicht der Sachverständigen nicht ausreicht, um verständlich zu machen, warum ein Chefarzt für Rheumaorthopädie von einer standardgerechten, von ihm selbst präoperativ vorgesehenen Triple-Arthodese abweicht zugunsten einer Versorgung, die nach Ausführungen der Sachverständigen gänzlich ungeeignet ist, das vorgesehene Ziel (Stabilisierung und Herstellung regelgerechter Rückfußverhältnisse) zu erreichen, dazu dann auch noch Nagelmaterial zu geringer Stärke verwendet, bei dem man nur dann darauf hoffen durfte, dass es nicht bricht, wenn eine angepasste Nachversorgung erfolgt, die hier wiederum nicht angeordnet wurde. Der Senat ist mit dem Landgericht der Ansicht, dass in der Gesamtwertung das Verhalten des Beklagten schlechthin unverständlich ist.
4) Entgegen der Ansicht des Beklagten ist auch nicht nur auf einen „Verzögerungsschaden” von einem ¼ Jahr abzustellen. Ihm ist vielmehr die Verzögerung bis zu der von der Sachverständigen beschriebenen Fußoperation vom Februar 2009, die wieder achsgerechte Zustände im Fuß herstellte (Sachverständigengutachten, S. 25, 29), zuzurechnen.
a) In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist es anerkannt, dass die Schadensersatzpflicht durch den Schutzzweck der Norm begrenzt wird. Eine Haftung besteht nur für diejenigen äquivalenten und adäquaten Schadensfolgen, die aus dem Bereich der Gefahren stammen, zu deren Abwendung die verletzte Norm erlassen oder die verletzte Vertragspflicht übernommen wurde (BGH Urteil vom 22.05.2012 – VI ZR 157/11 – NJW 2012, 2024; vgl. BGH, Urteile vom 11. Juni 2010 – V ZR 85/09, NJW 2010, 2873 Rn. 24; vom 11. Januar 2005 – X ZR 163/02, NJW 2005, 1420 f.; Palandt/Grüneberg, BGB, 71. Aufl., vor § 249 Rn. 29 f. m.w.N.). Der geltend gemachte Schaden muss in einem inneren Zusammenhang mit der durch den Schädiger geschaffenen Gefahrenlage stehen; ein „äußerlicher”, gleichsam „zufälliger” Zusammenhang genügt nicht. Insoweit ist eine wertende Betrachtung geboten (vgl. Senatsurteile vom 20. September 1988 – VI ZR 37/88, VersR 1988, 1273, 1274; vom 6. Mai 2003 – VI ZR 259/02, VersR 2003, 1128, 1130; BGH, Urteil vom 14. März 1985 – IX ZR 26/84, NJW 1986, 1329, 1332, jeweils m.w.N.).
b) Diese Grundsätze gelt...