Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 28.07.2014; Aktenzeichen (561) 253 AR 162/14 Ns (63/14)) |
Tenor
Die Beschwerde des Angeklagten gegen den Haftfortdauerbeschluss des Landgerichts Berlin vom 28. Juli 2014 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
I.
Der Angeklagte ist am 2. Januar 2014 vorläufig festgenommen worden und befindet sich seit dem 3. Januar 2014 in dieser Sache in Untersuchungshaft. Grundlage hierfür war zunächst ein Haftbefehl des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin vom selben Tage. Mit dem Haftbefehl wird dem Angeklagten vorgeworfen, in der Zeit vom 20. November 2013 bis zum 2. Januar 2014 in insgesamt 17 Fällen - davon 13 gewerbsmäßige - Diebstähle begangen zu haben. Ausweislich des Haftbefehls beging der heroin- und alkoholabhängige Angeklagte die Mehrzahl der Taten, um die Beute zu veräußern und von dem Erlös Betäubungsmittel zu erwerben. Wegen dieser Tatvorwürfe wurde gegen den Beschwerdeführer am 7. Januar 2014 eine und vorher sowie nachher wegen einer Vielzahl anderer gleichgerichteter Taten insgesamt 23 weitere Anklagen erhoben. Zwischenzeitlich, nämlich vom 17. Februar bis zum 14. April 2014 war die Untersuchungshaft zur Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe unterbrochen worden. Die Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Tiergarten fand am 22. April 2014 statt. Nachdem wegen einer Mehrzahl von Vorwürfen nach § 154 Abs. 2 StPO verfahren worden war, verurteilte das Amtsgericht den geständigen und erheblich vorbestraften Angeklagten an diesem Tage wegen Diebstahls in 34 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten. Die zugleich beschlossene Fortdauer der Untersuchungshaft stützte das Amtsgericht auf die Fälle 2, 4 bis 14 und 16 des oben genannten Haftbefehls. Die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Berufung des Angeklagten verwarf das Landgericht am 28. Juli 2014. Hiergegen hat der Angeklagte Revision eingelegt, über die noch nicht entschieden worden ist. Zugleich beschloss das Landgericht die Fortdauer der Untersuchungshaft; der Angeklagte sei "der ausgeurteilten Taten" dringend verdächtig; es bestehe der Haftgrund der Fluchtgefahr weiterhin fort (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO). Wegen der Einzelheiten nimmt der Senat Bezug auf die Entscheidungen des Amts- und Landgerichts vom 22. April und 28. Juli 2014.
II.
Die gegen die Haftfortdauerentscheidung des Landgerichts eingelegte Beschwerde ist gemäß §§ 304 ff. StPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch unbegründet.
1. Der dringende Tatverdacht folgt aus den Feststellungen aus dem Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 22. April 2014. Sie beruhen auf den geständigen Angaben des Beschwerdeführers und sind - soweit sie den Schuldspruch betreffen - angesichts der Beschränkung des Rechtsmittels bereits in Rechtskraft erwachsen.
2. Nach wie vor besteht auch der Haftgrund der Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO):
a) Unter Berücksichtigung der persönlichen Lebensverhältnisse, die nach den maßgeblichen Rechtsgrundsätzen (vgl. Senat, Beschluss vom 10. August 2012 - 2 Ws 367/12 - mit weit. Nachweisen) zu beachten und abzuwägen sind, ist es wahrscheinlicher, dass der Angeklagte dem aus der konkret erheblichen Strafdrohung folgenden Fluchtanreiz nachgeben als dass er sich dem Verfahren zur Verfügung halten wird.
Bei der Prognoseentscheidung ist jede schematische Beurteilung anhand genereller Maßstäbe, insbesondere die Annahme, dass bei einer Straferwartung in bestimmter Höhe stets oder nie ein bedeutsamer Fluchtanreiz bestehe, unzulässig. Die zu erwartenden Rechtsfolgen allein können die Fluchtgefahr grundsätzlich nicht begründen; sie sind Ausgangspunkt für die Erwägung, ob ein aus der Straferwartung folgender Fluchtanreiz unter Berücksichtigung aller sonstigen Umstände zu der Annahme führt, der Beschuldigte werde diesem wahrscheinlich nachgeben und flüchtig werden (vgl. Senat, Beschluss vom 27. Dezember 2011 - 2 Ws 586/11 -; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO 57. Aufl., § 112 Rdn. 24 mit zahlr. Nachweisen).
b) Bei Anlegung dieser Maßstäbe besteht hier eine erhebliche Wahrscheinlichkeit, dass sich der Angeklagte dem Verfahren durch Flucht entziehen wird. Hierzu hat die Generalstaatsanwaltschaft ausgeführt (Anmerkungen in eckigen Klammern sind solche des Senats):
"Mit Blick auf die nach § 51 Abs. 1 StGB anzurechnende Untersuchungshaft von sieben einhalb Monaten [unter Berücksichtigung der zwischenzeitlichen Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe: etwa sechs Monate] verbleibt unter Berücksichtigung der vom Landgericht ausgesprochenen Gesamtfreiheitsstrafe im Falle des Rechtskrafteintritts ein Strafrest, der so groß ist, dass er dem Angeklagten erheblichen Anreiz bietet, sich - und sei es auch nur durch Untertauchen in Berlin oder Deutschland - dem weiteren Verfahren und der sich ggf. anschließenden Strafvollstreckung zu entziehen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Angeklagte noch in einem weiteren Verfahren (278 Ds 77/13) mit der rechtskräftigen Verurteilung zu ein...