Verfahrensgang

AG Berlin-Pankow/Weißensee (Beschluss vom 27.02.2014; Aktenzeichen 19 F 6629/09)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der... (im Folgenden:...) wird der Beschluss des AG Pankow/Weißensee vom 27.2.2014 - 19 F 6629/09 - im Entscheidungssatz zu Ziff. 2 und 5, betreffend die Anrechte beider Ehegatten bei der... geändert wie folgt:

Die beiderseitigen Versorgungsanrechte der früheren Ehegatten bei der... zur VersNr... (Ehemann) und zur VersNr... (Ehefrau) werden im Versorgungsausgleich nicht ausgeglichen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Ihre außergerichtlichen Kosten tragen die Beteiligten selbst.

Für die erste Instanz bleibt es bei der amtsgerichtlichen Kostenregelung.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf... Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Das Verfahren betrifft die Regelung des Versorgungsausgleichs der rechtskräftig geschiedenen Eheleute. Der Scheidungsantrag ist am 15.12.2009 zugestellt worden. Im Beschluss über die Scheidung der Ehe vom 1.6.2010 ist das Verfahren über den Versorgungsausgleich im Hinblick auf die seinerzeit bestehende Unklarheit über die Anrechte der Ehegatten bei der... ausgesetzt worden.

Nachdem die... auf neuer Rechtsgrundlage Auskunft zu den bei ihr bestehenden Anrechten erteilt hat, hat das AG das Verfahren über den Versorgungsausgleich wieder aufgenommen und diesen auf der Grundlage der Auskünfte aller Versorgungsträger mit Beschluss vom 27.2.2014 geregelt.

Gegen den ihr am 6.3.2014 zugestellten Beschluss hat die..., eingehend bei dem AG am 3.4.2014, Beschwerde eingelegt mit dem Begehren, den Versorgungsausgleich der bei ihr für beide früheren Ehegatten bestehenden Anrechte wegen der geringfügigen Differenz nicht vorzunehmen.

II.1. Die Beschwerde der... ist gem. §§ 58 Abs. 1, 59 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie richtet sich ausschließlich gegen die Regelung der Versorgungsanwartschaften bei der Beschwerdeführerin. Die Teilanfechtung des Beschlusses hinsichtlich lediglich einzelner Versorgungsanwartschaft ist zulässig, weil bei mehreren Anrechten der Ehegatten die Teilung innerhalb der einzelnen Versorgung erfolgt und die Entscheidungen zu den jeweiligen Anrechten nicht voneinander abhängig sind (§ 10 Abs. 1, 2 VersAusglG, vgl. BGH NJW 2011, 1329 = FamRZ 2011, 547). Im Rahmen der Beschwerde sind lediglich die angefochtenen Anrechte zu überprüfen (aaO).

Der Senat entscheidet ohne die in § 221 Abs. 1 FamFG vorgesehene mündliche Verhandlung. Die Anrechte der Ehegatten sind aufgeklärt. Der Senat hat den Beteiligten im schriftlichen Verfahren Gelegenheit gegeben, zur beabsichtigten Entscheidung Stellung zu nehmen. Einwände gegen die tatsächlichen Feststellungen zu Art und Höhe der Anrechte haben sie nicht erhoben, so dass von einer Anhörung keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind (§§ 68 Abs. 3 S. 2 221 Abs. 1 FamFG).

2. In der Sache hat die Beschwerde Erfolg; die amtsgerichtliche Entscheidung ist wie aus dem Tenor ersichtlich teilweise abzuändern.

Gemäß § 1 VersAusglG sind im Versorgungsausgleich die von beiden Ehegatten in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanwartschaften hälftig zu teilen. Das Familiengericht soll jedoch beiderseitige Anrechte dann nicht ausgleichen, wenn sie gleicher Art sind und die Differenz ihrer Ausgleichswerte gering ist (§ 18 Abs. 1 VersAusglG).

a. Der Begriff der gleichartigen Anrechte in § 18 Abs. 1 VersAusglG stimmt überein mit dem Begriff der Anrechte der gleichen Art in § 10 Abs. 2 Satz 1 VersAusglG (BGH NJW 2012, 312 Rn. 21 f.; Gräper in MünchKomm-BGB, 6. Aufl. 2013, § 18 Rn. 7). Normzweck des § 18 Abs. 1 VersAusglG ist, dass ein "wirtschaftlich letztlich nicht erforderlicher Hin-und-her-Ausgleich von beiderseitigen Anrechten der Ehegatten" vermieden wird (BT-Drucks. 16/11903 S. 54). Dies kann sich aber nur auf Anrechte beziehen, die in den wesentlichen Fragen wie im Leistungsspektrum, im Finanzierungsverfahren, bei den Anpassungen an die wirtschaftliche Entwicklung und bei den weiteren wertbildenden Faktoren (etwa dem Insolvenzschutz) strukturell übereinstimmen, wobei eine Wertidentität allerdings nicht erforderlich ist (BT-Drucks. 16/11903 S. 54; 16/10144 S. 55). Denn die wertbildenden Faktoren der in den Versorgungsausgleich fallenden Anrechte unterscheiden sich teilweise erheblich. Kapitalisierte Stichtagswerte, die am Ende der Ehezeit annähernd gleich hoch sind, können daher zu nicht mehr vergleichbaren Versorgungsleistungen führen. Letztlich entscheidend für die Gleichartigkeit ist, dass den Anrechten beider Ehegatten annähernd vergleichbare kapitalisierte Stichtagswerte zuzuordnen sind und dass diese Werte auch zu einer vergleichbaren Absicherung und zu ähnlich hohen Versorgungsleistungen führen (BGH NJW 2012, 312 Rn. 20; vgl. auch FAKomm-FamR/Wick 5. Aufl. § 18 Rn. 9; Johannsen/Henrich/Holzwarth Familienrecht 5. Aufl. § 18 Rn. 4; MünchKommBGB/Gräper 6. Aufl. § 18 VersAusglG Rn. 7).

Die Anrechte der früheren Ehefrau bei der... sind sämtlich dem Tarif... zuzuordnen und in Versorgungs...

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