Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 01.11.2019; Aktenzeichen 584 StVK 385/19) |
LG Berlin (Entscheidung vom 01.11.2019; Aktenzeichen 584 StVK 148/19) |
Nachgehend
Tenor
Die sofortigen Beschwerden des Untergebrachten gegen die gleichlautenden Beschlüsse des Landgerichts Berlin - Strafvollstreckungskammer - vom 1. November 2019 werden verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seiner Rechtsmittel zu tragen.
Gründe
I.
Am 20. August 1990 - rechtskräftig seit dem 28. August 1990 - verurteilte das Amtsgericht Tiergarten - Jugendschöffengericht - den Beschwerdeführer in dem Verfahren (407) 2 Ju Js 2617/90 Ls (129/90) wegen Vornahme homosexueller Handlungen in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern und in weiterer Tateinheit mit sexueller Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.
Das Landgericht Berlin verurteilte den Beschwerdeführer am 16. Dezember 1991 - rechtskräftig seit dem selben Tag - in dem Verfahren (518) 3 Ju Js 1774/91 KLs (61/91) wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit homosexuellen Handlungen in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit sexueller Nötigung, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten und ordnete die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an. Aufgrund dieses Urteils befand sich der Beschwerdeführer seit dem 16. Dezember 1991 im Maßregelvollzug.
Am 22. Juni 1994 entwich er aus dem Maßregelvollzug und beging bis zum 14. Juli 1994 erneut Sexualstraftaten gegenüber Kindern und Jugendlichen, weshalb das Landgericht Berlin mit Urteil vom 5. Dezember 1994 - rechtskräftig ebenfalls seit dem 5. Dezember 1994 - in dem Verfahren (521) 3 Ju Js 1454/94 KLs (55/94) eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten wegen sexueller Nötigung in fünf Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch eines Kindes, gegen ihn verhängte und erneut seine Unterbringung anordnete. Seit dem 5. Dezember 1994 befindet sich der Beschwerdeführer aufgrund dieses Urteils im Maßregelvollzug.
Am 8. Februar 1995 wurde die Strafaussetzung zur Bewährung aus dem Urteil vom 20. August 1990 rechtskräftig widerrufen.
In der Zeit vom 26. Juli bis zum 28. August 1996 entwich der Beschwerdeführer erneut aus dem Maßregelvollzug. Hierbei kam es abermals zu sexuellen Übergriffen auf männliche Kinder und Jugendliche in mindestens sechs Fällen. Von der Verfolgung dieser Straftaten wurde gemäß § 154 Abs. 2 StPO abgesehen.
Mit Beschluss vom 10. August 2018 rechnete die Strafvollstreckungskammer die Unterbringung in Höhe von einem Jahr auf die durch das Urteil vom 20. August 1990 verhängte Freiheitsstrafe an.
Durch die angefochtenen (gleichlautenden) Beschlüsse vom 1. November 2019 hat die Strafvollstreckungskammer erneut die Fortdauer der Unterbringung angeordnet. Hiergegen richten sich die sofortigen Beschwerden des Untergebrachten.
II.
Die sofortigen Beschwerden sind zulässig, insbesondere statthaft (§ 463 Abs. 3 Satz 1, Abs. 6 Satz 1, § 462 Abs. 3 Satz 1, § 454 Abs. 3 Satz 1 StPO) und gemäß § 311 Abs. 2 StPO rechtzeitig erhoben. Sie haben jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Der Senat teilt die Auffassung der Strafvollstreckungskammer, der Sachverständigen Dr. Wiese und der Generalstaatsanwaltschaft, dass die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) noch fortzudauern hat. Sie ist weder für erledigt zu erklären (§ 67d Abs. 6 StGB), noch kann ihre Vollstreckung bereits zum jetzigen Zeitpunkt zur Bewährung ausgesetzt werden (§ 67d Abs. 2 Satz 1 StGB).
1. Die Voraussetzungen für eine Erledigungserklärung nach § 67d Abs. 6 Satz 1 Alt. 1 StGB sind nicht gegeben.
Der in dem der Unterbringung zugrundeliegenden Urteil vom 5. Dezember 1994 festgestellte Zustand und die hieraus resultierende Gefährlichkeit des Beschwerdeführers bestehen fort, die Unterbringungsvoraussetzungen sind somit nicht weggefallen (vgl. OLG Zweibrücken, Beschluss vom 28. Juli 2010 - 1 Ws 195/10 - juris; KG Beschluss vom 23. Juni 2017 - 5 Ws 146/17 -; Senat, Beschlüsse vom 20. April 2016 - 2 Ws 103/16 - und vom 13. April 2011 - 2 Ws 100/11 -). Weder ist ein (vollständiger) Heilungserfolg eingetreten, noch ist die Gefährlichkeit aus sonstigen Gründen entfallen.
a) Das seinerzeit sachverständig beratene Tatgericht hat die Unterbringung des Beschwerdeführers auf eine schwere Persönlichkeitsstörung mit vorwiegend infantil-hysterischen Zügen gestützt.
b) In dem von der Strafvollstreckungskammer eingeholten externen kriminalprognostisch-psychiatrischen Gutachten vom 17. August 2019 bescheinigt die Sachverständige Dr. Wxxx dem Beschwerdeführer eine homosexuelle Pädophilie (ICD-10, F65.4) nebst einer Persönlichkeitsstörung mit histrionischen, narzisstischen, abhängigen und passiv-aggressiven Anteilen (ICD-10, F61) sowie eine intellektuelle Einschränkung, die jedoch allenfalls im Bereich der Lernbehinderung (IQ-Bereich zwischen 70 und 9...