Entscheidungsstichwort (Thema)

Gebührenstreitwert einer Klage auf zukünftige Leistung von Nutzungsentschädigung für Gewerberaum nach beendetem Mietvertrag bis zum - unbekannten - Zeitpunkt der Räumung

 

Leitsatz (amtlich)

Der Gebührenstreitwert einer Klage auf zukünftige Leistung von Nutzungsentschädigung für Gewerberaum nach beendetem Mietvertrag bis zum - unbekannten - Zeitpunkt der Räumung ist nicht nach § 9 ZPO, sondern nach § 3 ZPO zu bestimmen.

In einfach gelagerten Fällen ist dieser Streitwert auf den 12-fachen Betrag der geforderten monatlichen Nutzungsentschädigung festzusetzen.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 12.04.2007; Aktenzeichen 25 O 492/06)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 21.3.2007, die im Übrigen zurückgewiesen wird, wird Streitwertbeschluss der Zivilkammer 25 des LG Berlin vom 12.4.2007 teilweise abgeändert:

Der Streitwert wird auf 16.588,64 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die nach § 68 Abs. 1 GKG, § 32 Abs. 2 RVG zulässige Beschwerde hat bezüglich des Wertes des Antrags zu 3) (Klage auf zukünftige Leistung von Nutzungsentschädigung) Erfolg; im Übrigen ist sie aus den zutreffenden Gründen des Nicht-Abhilfe-Beschlusses des LG vom 12.4.2006, denen nichts hinzuzufügen ist, zurückzuweisen.

1. Das LG hat - abweichend von den Angaben der Kläger auf S. 7 der Klageschrift (12 Bruttowarmmieten) den Streitwert für den Antrag zu 3., die Klage auf zukünftige Leistung von Nutzungsentschädigung für Gewerberaum nach beendetem Mietvertrag bis zum - unbekannten Zeitpunkt der Räumung - lediglich mit dem sechsfachen Betrag der Nutzungsentschädigung angesetzt.

Dies hält der Überprüfung nicht stand; der Senat schätzt den Streitwert in ähnlich gelagerten Fällen nach § 3 ZPO regelmäßig auf den 12-fachen Betrag der monatlichen Nutzungsentschädigung (vgl. Beschlüsse vom 22.12.2005 - 12 W 46/05, KGReport Berlin 2006, 459 - KGR 2006, 459 = GE 2006, 188 = ZMR 2006, 207 = GuT 2006, 84 = MDR 2006, 957; v. 20.12.2006 - 12 W 66/06, KGReport Berlin 2007, 420 - GE 2007, 292).

Mit der ganz herrschenden Meinung geht der Senat, a.a.O., davon aus, dass die Bestimmung des Streitwertes gem. § 3 ZPO und nicht nach § 9 ZPO zu erfolgen hat (so auch die Zivilkammer 62 des LG Berlin, GE 2005, 237; OLG Frankfurt, OLGR 2004, 201; Kammergericht, KGR Berlin 2000, 234; OLG Frankfurt v. 14.3.1980 - 22 W 1/80, MDR 1980, 761; a.A. OLG Stuttgart v. 7.2.1997 - 13 W 3/97, NJW-RR 1997, 1303: § 9 ZPO).

a) Entgegen der von dem OLG Stuttgart (a.a.O.) vertretenen Ansicht ist § 9 ZPO in Fällen wie dem vorliegenden nicht anzuwenden. Es ist zwar zutreffend, dass es sich bei der vom Mieter bis zur Räumung zu zahlenden Nutzungsentschädigung um eine wiederkehrende Leistung von ungewisser Dauer handelt, doch reicht dies allein für eine Anwendung von § 9 ZPO nicht aus. Zu berücksichtigen sind vielmehr die Grundsätze, die von den Vereinigten Zivilsenaten des Reichsgerichts in RGZ 24, 373, 377 über Sinn und Zweck sowie über die Anwendung des § 9 ZPO entwickelt worden sind (bestätigt in RGZ 37, 383 und BGHZ 36, 144). Hiernach betrifft § 9 nur solche Rechte, die ihrer Natur nach und erfahrungsgemäß eine Dauer von - aus heutiger Sicht - wenigstens 42 Monaten haben oder jedenfalls mit Rücksicht auf den Grad der Unbestimmtheit des Zeitpunktes, wann das den Wegfall des Rechts begründende Ereignis eintritt, eine solche Dauer haben können (BGH, a.a.O.). Es steht aber außer Zweifel, dass jedenfalls in einfach gelagerten Räumungsrechtstreiten wie dem vorliegenden zwischen der Einreichung der Klage und der Räumung der Mieträume in aller Regel ein Zeitraum von weniger als 42 Monaten liegt.

Die Entscheidung des BGH vom 17.3.2004 (MDR 2004, 1437 = BGHReport 2004, 1055) steht diesem Ergebnis nicht entgegen. Diese Entscheidung betraf nämlich einen Sachverhalt, in dem das Mietverhältnis nach der Darstellung des Klägers in der Klageschrift nicht beendet war. Gleiches gilt für eine Entscheidung der Zivilkammer 65 des LG vom 1.10.2002 (ZMR 2003, 264), in der der Vermieter bei weiter bestehendem Mietverhältnis wegen einer Mietminderung eine Klage auf Zahlung künftig fällig werdender Mieten erhoben hatte.

b) Gemäß § 3 ZPO ist der Streitwert nach freiem Ermessen unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalles zu bestimmen. Dies muss in einfach gelagerten Fällen wie dem vorliegenden dazu führen, den Gebührenstreitwert auf den 12-fachen Betrag der geforderten monatlichen Nutzungsentschädigung festzusetzen (so st. Rspr. des KG, vgl. Beschlüsse vom 22.12.2005 - 12 W 46/05, KGReport Berlin 2006, 459 - KGR 2006, 459 = GE 2006, 188 = ZMR 2006, 207 = GuT 2006, 84 = MDR 2006, 957; v. 20.12.2006 - 12 W 66/06, KGReport Berlin 2007, 420 - GE 2007, 292; im Ergebnis auch OLG Frankfurt, OLGR 2004, 201).

Die Kläger haben in der Klageschrift vorgetragen, dass über einen Zeitraum von mehreren Monaten (Oktober 2005 bis November 2006) keine Mietzahlungen erfolgt sind und auch die Kaution nicht entrichtet wurde, ohne dass der Mieter Einwände gegen seine Pflicht zu...

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