Leitsatz (amtlich)

Auch in aktienrechtlichen Spruchverfahren ist das Rechtsmittel der Beschwerde (§ 12 Abs. 1 SpruchG) nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wird (§ 17 Abs. 1 SpruchG i.V.m. § 61 FamFG).

Der Wert des Beschwerdegegenstandes bemisst sich nach dem mit der Beschwerde verfolgten wirtschaftlichen Interesse. Der Mindestwert für die Gerichtsgebühren in Höhe von 200.000,00 Euro (§ 74 GNotKG) ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung.

Eine Addition des Werts mehrerer Beschwerden verschiedener Antragsteller kommt nur dann in Betracht, wenn sich die Rechtsmittel gegen dieselbe Entscheidung richten und das gleiche Rechtsschutzziel verfolgen. Bei einer Beschwerde gegen die Verwerfung eines Antrags als unzulässig wegen einer unzureichenden Begründung (§ 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 SpruchG) kommt dies regelmäßig nicht in Betracht.

 

Normenkette

FamFG § 61; SpruchG § 4 Abs. 2 S. 2 Nr. 4, § 12 Abs. 1, § 17 Abs. 1; GNotKG § 74

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 12.05.2016; Aktenzeichen 102 O 23/16 SpruchG)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des LG Berlin - 102 O 23/16 SpruchG - vom 12.5.2016 wird als unzulässig verworfen.

Die Antragsgegnerin trägt die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Der Verfahrenswert wird auf 200.000,00 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Gegenstand des Ausgangsverfahrens ist die Festsetzung einer Barabfindung nach dem Ausschluss der Minderheitsaktionäre der im Handelsregister des AG Charlottenburg eingetragenen P. AG. Eine außerordentliche Hauptversammlung der Gesellschaft stimmte am 3.11.2015 mit der notwendigen Mehrheit dem Ausschluss der Minderheitsaktionäre zu, wobei sich die den Ausschluss betreibende Antragsgegnerin verpflichtete, eine Barabfindung in Höhe von 1,93 Euro je Aktie zu zahlen. Der durchschnittliche Börsenkurs der Aktie im Dreimonatszeitraum vor der Bekanntgabe der beabsichtigten Maßnahme lag bei 2,17 Euro. Er wurde von der Antragsgegnerin jedoch nicht für relevant gehalten, weil im fraglichen Zeitraum ein Börsenhandel mit der Aktie nicht stattfand. Der Ausschluss der Minderheitsaktionäre wurde schließlich am 21.12.2015 in das Handelsregister eingetragen.

Der zum Zeitpunkt seines Ausschlusses mit insgesamt 10 Aktien an der P. AG beteiligte Antragsteller hat am 12.3.2016 beim LG Berlin beantragt, die Barabfindung durch gerichtliche Entscheidung auf einen höheren als den von der Antragsgegnerin angebotenen Betrag festzusetzen. Dabei hat er u.a. geltend gemacht, dass die Barabfindung je Aktie den letzten Börsenkurs von 2,281 Euro nicht unterschreiten dürfe. Das LG hat den Antrag mit Beschluss vom 12.5.2016 als unzulässig verworfen, weil er innerhalb der Antragsfrist nicht hinreichend begründet worden sei. Die Ausführungen in der Antragsschrift entsprächen nicht den zu stellenden Mindestanforderungen, da sie sich lediglich auf pauschale Aussagen beschränkten und eine konkrete Auseinandersetzung mit dem Prüfungsbericht vermissen ließen. Gegen den ihm am 23.5.2016 zugestellten Beschluss hat der - nunmehr anwaltlich vertretene - Antragssteller mit einem am 25.5.2016 beim LG eingegangenen Schriftsatz Beschwerde erhoben. Das LG hat der Beschwerde mit Beschluss vom 3.6.2016 nicht abgeholfen und die Sache dem Kammergericht als Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die Beschwerde des Antragsstellers ist gemäß §§ 12 Abs. 1, 17 Abs. 1 SpruchG i.V.m. §§ 61, 68 Abs. 2 FamFG als unzulässig zu verwerfen, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 Euro nicht übersteigt, das LG als Gericht des ersten Rechtszugs die Beschwerde in der angefochtenen Entscheidung nicht zugelassen hat und darüber hinaus auch keine Gründe für eine nachträgliche Zulassung des Rechtsmittels durch den Senat vorliegen.

1. Entgegen der Auffassung des Antragstellers findet die Bestimmung in § 61 FamFG, wonach die Zulässigkeit einer Beschwerde davon abhängt, ob der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 Euro übersteigt oder die Beschwerde von dem Gericht des ersten Rechtszugs zugelassen worden ist, auf Beschwerden im Spruchverfahren Anwendung (a.) Ferner ist vorliegend auch davon auszugehen, dass der Wert des Beschwerdegegenstandes den genannten Betrag nicht übersteigt (b.). Schließlich sind keine Umstände ersichtlich, welche eine nachträgliche Zulassung der Beschwerde durch den Senat rechtfertigen könnten (c.).

a. Die Regelung des § 61 FamFG, wonach die Zulässigkeit einer Beschwerde von dem Erreichen eines Beschwerdewerts von mehr als 600,00 Euro bzw. der Zulassung durch das Gericht des ersten Rechtszugs abhängt, ist nach zutreffender, wenn auch bestrittener Auffassung auf Entscheidungen im Spruchverfahren anwendbar. Dies folgt aus der umfassenden Verweisung in § 17 Abs. 1 SpruchG auf die Bestimmungen des FamFG und dem Umstand, dass § 12 SpruchG, der das Rechtmittel der Beschwerde im Spruchverfahren für zulässig erklärt, keine abweichende Rege...

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