Leitsatz (amtlich)
1. Nach den Änderungen durch das 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz entsteht für das bloße Einscannen von Urkunden, Dokumenten oder sonstigen Unterlagen keine Dokumentenpauschale gem. Nr. 7000 Nr. 1 a) VV RVG.
2. Der Ausdruck gescannter Gerichtsakten ist grundsätzlich nicht erstattungsfähig nach Nr. 7000 Nr. 1 a) VV RVG.
3. Die Überlassung von Ausdrucken der gescannten Gerichtsakten an den Nebenkläger ist in der Regel auch dann nicht erstattungsfähig, wenn der Nebenkläger nicht über die technischen Möglichkeiten verfügt, sich durch einen gescannten Aktenauszug (z.B. über die Vernehmung des Beschuldigten und das Ergebnis der Begutachtung) zu informieren.
Normenkette
VV-RVG Nr. 7000 Nr. 1 Buchst. a)
Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 29.05.2015; Aktenzeichen (517 KLs) 284 Js 1639/14 (29208) V (11/14)) |
Tenor
1. Das Verfahren wird zur Entscheidung dem Senat übertragen
2. Die Beschwerde der Rechtsanwältin G. gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 29. Mai 2015 wird zurückgewiesen.
3. Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Die Beschwerdeführerin hat beantragt, ihr für ihre Tätigkeit als Nebenklagevertreterin insgesamt 1.129,73 € zu erstatten. Dabei entfällt laut ihrem Kostenfestsetzungsantrag vom 9. Dezember 2014 auf die Position "Dokumentenpauschale, VV 7000 = 319 Seiten s. Anlage (Band I + II abzügl. 20 %, BZR, Vollstreckungsheft, GA)" ein Betrag in Höhe von 65,35 € zuzüglich 19 % Umsatzsteuer. Auf Nachfrage hat sie mitgeteilt, dass ihr die Akten als Scan und in Papierform vorliegen würden. Mit Schriftsatz vom 5. Mai 2015 hat sie ergänzend vorgetragen, dass ihrer fast 80jährigen Mandantin keine Mittel zur Verfügung stünden, sich durch einen eingescannten Aktenauszug zu informieren. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat mit Beschluss vom 25. Februar 2015 den Antrag der Nebenklagevertreterin auf Erstattung der Dokumentenpauschale zurückgewiesen. Das Landgericht Berlin hat die hiergegen gerichtete Erinnerung der Nebenklagevertreterin mit Beschluss vom 29. Mai 2015 zurückgewiesen und die Beschwerde gegen diesen Beschluss wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zugelassen. Gegen diesen Beschluss wendet sich die Nebenklagevertreterin mit ihrer Beschwerde vom 12. Juni 2015.
Das Verfahren war gemäß §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 8 Satz 2 RVG dem Senat zur Entscheidung zu übertragen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Die Beschwerde ist gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 RVG i.V.m. § 33 Abs. 3 Sätze 2 und 3 RVG zulässig. Das Landgericht hat die Beschwerde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem angefochtenen Beschluss zugelassen. Die Beschwerdefrist von 2 Wochen wurde eingehalten.
Die Beschwerde ist unbegründet. Die Beschwerdeführerin hat keinen Anspruch auf Erstattung einer Pauschale für die Herstellung des Scans gemäß Nr. 7000 Nr. 1.a) VV RVG. Gemäß § 60 Abs.1 RVG findet vorliegend das Vergütungsrecht des RVG in der Fassung seit dem 1. August 2013 Anwendung. Eine Vergütung für elektronisch gespeicherte Dokumente sieht dieses Vergütungsrecht lediglich bei deren - hier nicht einschlägigen - Überlassung nach Nr. 7000 Nr. 2 VV RVG vor. Eine Pauschale für die Herstellung und Überlassung von Kopien und Ausdrucken aus Behörden- und Gerichtsakten sieht die aktuelle Fassung der Nr. 7000 Nr. 1.a) VV RVG vor, soweit deren Herstellung zur sachgemäßen Bearbeitung der Rechtssache geboten war. Als Kopie im Sinne des Kostenrechts ist nur die Reproduktion einer Vorlage auf einem körperlichen Gegenstand, beispielsweise auf Papier, Karton oder Folie, anzusehen. Dies wird in der Begründung zum zweiten Kostenrechtsmodernisierungsgesetz (KostRMOG) 2013 ausdrücklich klargestellt (BR-Drucksache 517/12 zu Nr. 7000 VV RVG, Seite 444 unter Bezugnahme auf § 11 GNotKG-E, Seite 222). In der Begründung ist unter § 10 ist zu Nummer 158 (Nummer 7000 VV RVG) auf Seite 444 Folgendes ausgeführt:
"Wegen der Änderung des Begriffs "Ablichtung" in "Kopie" wird auf die Begründung zu Artikel 1 § 11 GNotKG-E Bezug genommen."
Unter § 11 wird in der Begründung auf Seite 222 folgendes ausgeführt:
"Der Entwurf sieht im gesamten Gerichts- und Notarkostengesetz die Verwendung des Begriffs "Kopie" anstelle des Begriffs "Ablichtung" vor. Grund der Änderung ist - neben der Einführung einer heute gebräuchlicheren Bezeichnung - die Vermeidung von Missverständnissen bei der Erstellung von elektronischen Dokumenten (Scans). Da auch beim Scannen in der Regel das Papierdokument "abgelichtet" wird, wird zum Teil unter den Begriff der "Ablichtung" auch ein eingescanntes Dokument verstanden. Nunmehr soll klargestellt werden, dass es sich hierbei gerade nicht um Ablichtungen im Sinne des geltenden Rechts und damit auch nicht um Kopien im Sinne des Gerichts- und Notarkostengesetzes handelt. Kopie im Sinne des Kostenrechts ist die Reproduktion einer Vorlage auf einem körperlichen Gegenstand, beispielsweise Papier, Karton oder Folie."
Der Begriff der Abli...