Leitsatz (amtlich)

1. Der Eintragung des Erlöschens der Firma nach § 74 Abs. 1 Satz 2 GmbHG steht es entgegen, wenn gegen die Gesellschaft Klage erhoben worden ist. Dies gilt auch dann, wenn das Sperrjahr nach § 73 Abs. 1 GmbHG bereits abgelaufen ist.

2. Wird die Gesellschaft trotz des Klageverfahrens auf die Anmeldung nach § 74 Abs. 1 Satz 1 GmbHG hin gelöscht, rechtfertigt die unzureichende Liquidation allein eine Löschung der Eintragung im Verfahren nach § 395 FamFG nicht. Es ist vielmehr wie beim Auffinden von Vermögen nach einer Löschung nach § 394 FamFG eine Nachtragsliquidation durchzuführen.

 

Normenkette

AktG § 273 Abs. 4; FamFG § 395; GmbHG § 73 Abs. 1, § 74 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Charlottenburg (Aktenzeichen 84 HRB 144777)

 

Tenor

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg vom 16. August 2022 wird nach einem Wert von 5.000 EUR zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die Gesellschaft, eine GmbH, ist durch Beschluss der Gesellschafterversammlung aufgelöst, was am 24. Februar 2020 in das Register eingetragen wurde. Mit einer Anmeldung vom 31. Mai 2021 meldete der Beteiligte zu 2) als Liquidator dann die Beendigung der Liquidation und das Erlöschen der Firma an. Die entsprechende Eintragung erfolgte am 9. März 2022, nachdem das Amtsgericht festgestellt hatte, dass das Sperrjahr (Gläubigeraufruf vom 13. Februar 2020) abgelaufen und das Finanzamt für Körperschaften von seinen Bedenken wegen einer Löschung Abstand genommen hatte.

Mit Schreiben vom 9. Mai 2022 hat der damalige Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 1) eine Löschung der Eintragung nach § 395 FamFG angeregt. Zwischen ihr und der Gesellschaft bestünde noch ein Mietvertrag vom 22. Dezember 2017 über ein Wohngrundstück, aus dem ihr die Gesellschaft noch erhebliche Mietzahlungen schulde. Insoweit sei auch mit einem Schriftsatz vom 6. August 2021 Klage erhoben worden und Termin für den 28. Juni 2022 anberaumt. Nachdem das Amtsgericht insoweit geltend gemacht hatte, dass die Löschung nicht auf einem Verfahrensfehler beruhe und daher eine Wiedereintragung nicht in Betracht komme, hat die Beteiligte zu 1) mit Schriftsatz vom 25. Juli 2022 an ihrem Antrag auf Wiedereintragung festgehalten und darauf hingewiesen, dass die Eintragung fehlerhaft sei, weil die Liquidation wegen des laufenden Prozesses nicht abgeschlossen gewesen sei.

Diesen Antrag hat das Amtsgericht mit einem Beschluss vom 16. August 2022 zurückgewiesen, der der Beteiligten zu 1) am 22. August 2022 zugestellt worden ist. Gegen diesen Beschluss wendet sie sich mit der am 23. August 2022 eingegangenen Beschwerde, der das Amtsgericht nicht abgeholfen hat. Es hat die Sache vielmehr dem Senat mit einem Beschluss vom 29. August 2022 zur Entscheidung vorgelegt.

II. 1. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) ist nach § 58 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Beschwerdefrist von einem Monat nach § 63 Abs. 1 FamFG ist mit dem Eingang der Beschwerde am 23. August 2022 gewahrt, weil die Zustellung der angefochtenen Entscheidung erst am 22. August 2022 erfolgt ist. Die Beteiligte zu 1) ist auch beschwerdebefugt. Ihre Eingaben bezüglich der von ihr begehrten Löschung der Löschung der Gesellschaft nach § 74 Abs. 1 GmbHG sind zwar nur als Anregung der Einleitung eines Amtslöschungsverfahrens nach § 395 FamFG anzusehen, weil die Beteiligte zu 1) nicht zu dem antragsbefugten Kreis nach § 395 Abs. 1 Satz 1 FamFG gehört. Ein derartiger Antrag ist aber auch notwendige Verfahrensvoraussetzung, weil das Verfahren auch von Amts wegen eingeleitet werden kann. Die Beteiligte zu 1) durch die Ablehnung der Einleitung eines Löschungsverfahrens auch in eigenen Rechten beeinträchtigt, weil nach ihrer Behauptung ihr Vertragspartner aus dem Mietvertrag durch die Löschung über keine Vertretungsorgane verfügt, der die Gesellschaft im Zivilprozess vertreten könnte. Auch der Beschwerwert nach § 61 Abs. 1 FamFG wird erreicht.

2. Die Beschwerde hat aber keinen Erfolg. Das Amtsgericht hat die Einleitung eines Verfahrens nach § 395 FamFG zu Recht abgelehnt.

a) Eine Eintragung kann nach § 395 Abs. 1 Satz 1 FamFG gelöscht werden, wenn sie wegen des Mangels einer wesentlichen Voraussetzung unzulässig ist. Diese Voraussetzungen liegen vor, wenn die gesetzlichen Erfordernisse der Eintragung fehlen und - in Anlehnung an § 398 FamFG - ihre Beseitigung im öffentlichen Interesse oder im Interesse der Beteiligten geboten erscheint. Insoweit macht die Beteiligte zu Recht geltend, dass die Voraussetzungen für die Eintragung der Löschung der Gesellschaft nach § 74 Abs. 1 GmbHG nicht vorlagen, weil die Liquidation entgegen den Angaben in der Anmeldung vom 31. Mai 2021 nicht beendet war.

b) Dies folgt schon aus dem jetzt laufenden Zivilprozess, in dem unter anderem die Gesellschaft auf Zahlung offener Mietschulden in Anspruch genommen wird. Dieses Verfahren ist zwar entgegen den Angaben der Beteiligten zu 1) nicht während des laufenden Sperrjahres nach §§ 73 Abs. 1, 65 Abs. 1 GmbHG eingelei...

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