Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache
Leitsatz (amtlich)
Auf welche Weise einzelne Abstimmungen in Wohnungseigentümerversammlungen durchgeführt werden, insbesondere in welcher Reihenfolge die Fragen nach Zustimmung, Ablehnung und Enthaltung gestellt werden, hat der Versammlungsleiter zu entscheiden, sofern durch Gemeinschaftsordnung oder Eigentümerbeschluß eine Regelung nicht getroffen ist.
Normenkette
WEG § 24 Abs. 5, § 25 Abs. 1-2
Beteiligte
weitere Beteiligte, Verwalterin und Beschwerdeführer der weiteren Beschwerde: wie aus dem Beschluß des Landgerichts Berlin vom 25. Mai 1984 ersichtlich (vgl. Bl. 190-193 d.A.) |
Verfahrensgang
AG Berlin-Schöneberg (Aktenzeichen 76 II (WEG) 31/83) |
LG Berlin (Aktenzeichen 191 T 6/84) |
Tenor
Auf die sofortige weitere Beschwerde wird der Beschluß der Zivilkammer 191 des Landgerichts Berlin vom 25. Mai 1984 – 191 T 6/84 – aufgehoben und die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Amtsgerichts Schöneberg vom 16. Dezember 1983 – 76 II (WEG) 31/83 – zurückgewiesen.
Die Antragstellerin hat die gerichtlichen Kosten auch der beiden Beschwerdeinstanzen zu tragen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Der Geschäftswert wird auf 4.000,– DM festgesetzt.
Gründe
Die Antragstellerin und die weiteren Beteiligten Sind Wohnungseigentümer bzw. Teileigentümer der 156 Wohnungen und 10 Garagen der Wohnungseigentumsanlage B. – W.– S./J. in Berlin …. In § 16 der Gemeinschaftsordnung (Teilungserklärung vom 12. Mai 1978) ist u. a. bestimmt, daß der Eigentümer für jede ihm gehörende Wohnung oder jedes ihm zustehende Teileigentumsrecht eine Stimme hat, ferner daß sich jeder Wohnungs- oder Teileigentümer in der Eigentümerversammlung durch seinen Ehegatten, einen Wohnungs- oder Teileigentümer und den Verwalter der Wohnanlage vertreten lassen kann, wohingegen Besucher keinen Zutritt haben. Mit Schreiben vom 22. Dezember 1982 lud die Verwalterin die Beteiligten zur Eigentümerversammlung am 11. Januar 1983; dazu war unter Tagesordnungspunkt 3. die Diskussion und Beschlußfassung über die Verlängerung bzw. Neuvergabe des zum 28. Februar 1983 auslaufenden Verwaltervertrages vorgesehen. In der Eigentümerversammlung vom 11. Januar 1983 wurde die Antragstellerin durch den Versammlungsleiter, den Beauftragten der Verwalterin, daran gehindert, ihren Vater als Berater ihrer Wahl mitzubringen und innerhalb der Versammlung zu konsultieren. Die Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 3. wurde von dem Versammlungsleiter eingeleitet mit den Worten: „Wer ist gegen die Bestellung”, woraufhin drei anwesende Eigentümer sich durch Armzeichen meldeten. Bei der Frage nach Enthaltungen gab ein anwesender Wohnungseigentümer ein Handzeichen ab. Daraufhin stellte der Versammlungsleiter fest, daß die Verwalterin erneut bestellt sei. In dem Protokoll der Wohnungseigentümerversammlung vom 11. Januar 1983 heißt es u. a.: „Zu Punkt 3. der Tagesordnung wurde mit 119 Ja-Stimmen, drei Nein-Stimmen, einer Enthaltung folgender Antrag angenommen: Die Eigentümerversammlung bestellt die Firma P. für die Zeit vom 1.3.1983 bis zum 31.12.1985 zum Verwalter ihrer Wohnanlage. Grundlage ist der in der Anlage beigefügte Verwaltervertrag. Der Verwaltungsbeirat wird bevollmächtigt, den Vertrag im Namen aller Wohnungseigentümer zu unterzeichnen.”
Das Amtsgericht hat den am 8. Februar 1983 eingegangenen Antrag der Antragstellerin, die Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung vom 11. Januar 1983 für ungültig zu erklären und aufzuheben, mit der Begründung zurückgewiesen, daß die Zurückweisung des Beraters der Antragstellerin jedenfalls nicht das Abstimmungsergebnis beeinflußt habe und daß der vom Versammlungsleiter angewandte Abstimmungsmodus nicht zu beanstanden sei. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat das Landgericht unter Änderung des amtsgerichtlichen Beschlusses den Beschluß der Wohnungseigentümerversammlung vom 11. Januar 1983 zu Punkt 3) der Tagesordnung für ungültig erklärt.
Die hiergegen von den weiteren Beteiligten und der Verwalterin eingelegte sofortige weitere Beschwerde ist nach §§ 27, 29 FGG, 45 WEG zulässig. Sie hat auch in der Sache Erfolg, weil die angefochtene Entscheidung der rechtlichen Nachprüfung nicht standhält.
Das Landgericht hat ausgeführt: Der Abstimmungsmodus bei der Beschlußfassung sei mit einem erheblichen rechtlichen Mangel behaftet. Das Amtsgericht sei noch von dem Tatbestand ausgegangen, daß seit 1978 das Votum der Eigentümer dieser Gemeinschaft stets in der Weise herbeigeführt werde, daß die erklärten Gegenstimmen sowie die erklärten Enthaltungen ausgezählt würden und anschließend nach jeder einzelnen Beschlußfassung aufgrund der Anwesenheitsliste diejenigen Eigentümer ermittelt würden, deren Stimme nicht als Gegenstimme bzw. als Enthaltung zu werten sei, die also dem Antrag zugestimmt hätten. Gegen dieses Verfahren würde die Kammer keine rechtlichen Bedenken haben, da auch in Schweigen eine Willenserklärung liegen könne, wenn zwischen den Beteiligten eine en...