Verfahrensgang

AG Berlin-Tiergarten (Entscheidung vom 15.01.2018; Aktenzeichen (361 OWi) 3012 Js-OWi 12348/16 (1361/16))

 

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 15. Januar 2018 mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde - an das Amtsgericht zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Mit Bußgeldbescheid vom 21. August 2017 hat der Polizeipräsident in Berlin gegen die Betroffene wegen eines qualifizierten Rotlichtverstoßes unter bußgelderhöhender Berücksichtigung einer Voreintragung im Fahreignungsregister eine Geldbuße von 220,00 Euro festgesetzt, ein Fahrverbot von einem Monat angeordnet und dieses mit einer Wirksamkeitsbestimmung nach § 25 Abs. 2a StVG versehen. Konkret wurde der Betroffenen in dem Bußgeldbescheid zur Last gelegt, am 30. Mai 2017 um 16:50 Uhr in xxx xxxx, xxx, Richtung xxx als Führerin des PKW mit dem amtlichen Kennzeichen xxx das Rotlicht der Lichtzeichenanlage, deren Rotphase bereits länger als eine Sekunde gedauert habe, missachtet zu haben. Nachdem die Betroffene gegen den Bußgeldbescheid form- und fristgerecht Einspruch eingelegt und diesen in der Folge auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt hatte, hat das Amtsgericht sie am 15. Januar 2018 auf der Grundlage des im Schuldspruch rechtskräftigen Bußgeldbescheids vom 21. August 2017 zu einer Geldbuße von 220,00 Euro verurteilt, ein Fahrverbot von einem Monat angeordnet und eine Wirksamkeitsbestimmung nach § 25 Abs. 2a StVG festgesetzt. Zur Rechtsfolgenbestimmung weist das Urteil folgendes aus:

"Bei der Bestimmung der Rechtsfolge hat sich das Gericht an der Bußgeldkatalogverordnung orientiert, die nach der Anlage zu § 1 Abs. 1 in der laufenden Nr. 132.3. als Regelbuße 200,00 € und ein Fahrverbot von einem Monat vorsieht. Diese Regelgeldbuße wurde aufgrund der berücksichtigungsfähigen Voreintragung vom 02.06.2015 um 20 Euro erhöht. Nach dieser Voreintragung hat sich die Betroffene am 12.04.2015 einer fahrlässigen Geschwindigkeitsüberschreitung außerhalb geschlossener Ortschaften (Zulässige Geschwindigkeit 130 km/h, festgestellte Geschwindigkeit nach Toleranzabzug 155 km/h) schuldig gemacht. Es wurde gegen sie ein Bußgeld in Höhe von 70,00 Euro verhängt. Das Gericht sah überdies keine Veranlassung von der Verhängung des einmonatigen Fahrverbots abzusehen. Insofern wurde von Seiten der Verteidigung auch nichts vorgetragen."

Gegen das Urteil wendet sich die Betroffene mit ihrer Rechtsbeschwerde, mit der sie die Verletzung materiellen Rechts rügt.

II.

Die nach § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 OWiG zulässige Rechtsbeschwerde hat (vorläufigen) Erfolg.

Das Amtsgericht hat die Voreintragung im Fahreignungsregister zulasten der Betroffenen verwertet und dezidiert zur Erhöhung der Regelbuße herangezogen. Die diesbezüglichen Feststellungen ermöglichen dem Senat aber keine Rechtsprüfung. Namentlich wird das Datum des Eintritts der Rechtskraft der Voreintragung nicht mitgeteilt. Da getilgte oder tilgungsreife Voreintragungen bei der Bemessung der Geldbuße nicht mehr berücksichtigt werden dürfen, muss das Urteil grundsätzlich mitteilen, wann eine zum Nachteil des Betroffenen gewertete Bußgeldentscheidung rechtskräftig geworden ist (vgl. BGHSt 39, 291; Senat VRS 121, 107; OLG Düsseldorf NZV 1990, 321).

Auf diesem Darstellungsmangel beruht das Urteil auch. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass das Amtsgericht, wenn die Eintragung im Fahreignungs-register tilgungsreif (gewesen) wäre, auf ein niedrigeres Bußgeld erkannt hätte.

Der Senat kann - anders als die Generalstaatsanwaltschaft meint - wegen der fehlenden Feststellungen zum Rechtskrafteintritt der Voreintragung nicht nach § 79 Abs. 6 OWiG selbst entscheiden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von der Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Antragsschrift vom 27. März 2018 in Bezug genommenen Entscheidung des Senats vom 7. April 1997 - 3 Ws (B) 111/97 -, denn in dem dort angefochtenen Urteil hatte das Gericht die Daten zum Rechtskrafteintritt der bußgelderhöhend berücksichtigten Voreintragungen mitgeteilt, so dass der Senat - anders als hier - bei der eigenen Sachentscheidung auf einen hinreichenden Tatsachenbefund zurückgreifen konnte.

Da die Bußgeldfestsetzung hier somit keinen Bestand haben kann und eine Wechselwirkung zwischen der Bemessung der Höhe der Geldbuße und der Anordnung des Fahrverbots besteht, war das Urteil insgesamt aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht zurückzuverweisen.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI12430782

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge