Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 30.05.2011; Aktenzeichen 598 StVK 89/11 Vollz) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des Untergebrachten werden der Beschluss des Landgerichts Berlin - Strafvollstreckungskammer - vom 30. Mai 2011 mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung und der Bescheid des Krankenhauses des Maßregelvollzugs vom 28. Februar 2011 aufgehoben.
Der Antragsgegner wird verpflichtet, den Antragsteller unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu bescheiden.
Die Landeskasse Berlin hat die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Untergebrachten in beiden Rechtszügen zu tragen.
Gründe
I. Der Beschwerdeführer befindet sich aufgrund des Urteils des Landgerichts Hannover vom 28. Juni 2005, in dem seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet wurde, im Krankenhaus des Maßregelvollzugs. Mit Schreiben vom 9. Dezember 2010 beantragte der Beschwerdeführer, der der islamischen Religionsgemeinschaft angehört und eigenen Angaben zufolge praktizierender Muslim ist, bei dem Antragsgegner die Umstellung seiner Ernährung auf sogenannte Halal-Kost. Das Krankenhaus des Maßregelvollzugs müsse es ihm ermöglichen, die Speisevorschriften des Islam zu befolgen.
Der Antragsgegner lehnte dies mit Schreiben vom 28. Februar 2011 ab. Zur Begründung führte er aus, die Möglichkeit der Selbstversorgung mit Lebensmitteln sei an einen Lockerungsstatus gebunden, der es dem Patienten ermögliche, in Begleitung eines Mitarbeiters der Klinik die erforderlichen Einkäufe zu erledigen. Von dieser Regelung könne nur abgesehen werden, wenn ein dringender medizinischer Grund die weitere Versorgung mit Klinikkost nicht ratsam erscheinen lasse. Im Übrigen sehe die Hausordnung des Krankenhauses des Maßregelvollzugs aus Sicherheitsgründen "ursprünglich" nicht die Möglichkeit vor, Lebensmittel von Familienangehörigen oder sonstigen Personen einbringen zu lassen. Lediglich aus Kulanzgründen werde Patienten der Empfang von jährlich drei bis vier Paketen mit maximal 5 kg Gewicht zu besonderen Gelegenheiten genehmigt.
Mit dem am 31. März 2011 eingegangenen Antrag auf gerichtliche Entscheidung (§§ 109 Abs. 1, 138 Abs. 3 StVollzG) begehrte der Beschwerdeführer, den Leiter des Krankenhauses des Maßregelvollzugs unter Aufhebung seines Bescheides vom 28. Februar 2011 zu verpflichten, ihm zu ermöglichen, Speisevorschriften der islamischen Religionsgemeinschaft zu befolgen. Zur Begründung seines Antrags verwies er auf Art. 4 Abs. 1 GG und § 21 Satz 3 StVollzG. Die Möglichkeit der Selbstverpflegung dürfe ihm nur versagt werden, wenn die regelmäßige Anlieferung der nach dem Islam erlaubten Lebensmittel ein konkretes Sicherheitsrisiko darstelle. Im übrigen seien Alternativen wie die Einrichtung einer Kantine, die Bildung von Einkaufsgruppen, die Bestellung bestimmter Lebensmittel durch den Antragsteller direkt beim Supermarkt sowie Paketzustellungen durch Angehörige, Freunde und Bekannte in Betracht zu ziehen.
Der Antragsgegner führte mit Schreiben vom 20. April 2011 ergänzend aus, die Patienten hätten die Möglichkeit, anhand eines vorgegebenen Speiseplans wochenweise unter verschiedenen Angeboten - Vollwertkost, Reduktionskost, vegetarische Kost und islamische Kost (Essen ohne Schweinefleisch) - auszuwählen und auf diese Weise den Verzehr von Fleisch- und Wurstwaren zu vermeiden, die nicht dem islamischen Regelwerk entsprächen. Zusätzlich könne der Antragsteller Lebensmittel über den Lieferservice des Unternehmens "Kaiser's" bestellen, der allerdings keine Halal-Produkte anbiete.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 30. Mai 2011 hat die Strafvollstreckungskammer den Antrag auf gerichtliche Entscheidung als unbegründet zurückgewiesen.
Mit seiner Rechtsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung sachlichen Rechts und beantragt, den Antragsgegner unter Aufhebung seines Bescheides vom 28. Februar 2011 und des angefochtenen Beschlusses zu verpflichten, es ihm zu ermöglichen, Speisevorschriften der islamischen Religionsgemeinschaft zu befolgen und Halalkost für die ihm bereits gestattete Selbstversorgung zu erwerben, hilfsweise, den angefochtenen Beschluss der Strafvollstreckungskammer aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. Der Beschwerdeführer macht geltend, die angefochtene Entscheidung verstoße gegen § 21 Satz 3 StVollzG und Art. 4 Abs. 2 GG. Die von der Strafvollstreckungskammer aufgezeigte Möglichkeit, Vegetarier zu werden, reiche nicht aus, um dem Anspruch des Beschwerdeführers auf eine religionskonforme und zugleich vollwertige Ernährung gerecht zu werden. Dem Beschwerdeführer müsse vielmehr auch die Möglichkeit eröffnet werden, Wurst- und Fleischwaren zu verzehren, die islamischen Speisevorschriften entsprächen.
II. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
1. Die form- und fristgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde (§§ 118, 138 Abs. 3 StVollzG) erfüllt die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 116 Abs. 1 StVollzG, da es geboten ist, die Nachprüfung...