Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Schutzzweck des § 7 Abs. 5 StVO
Leitsatz (amtlich)
Der Vorgang des Einfahrens aus einer Grundstückseinfahrt ist erst beendet, wenn sich der Einfahrende vollständig in den fließenden Verkehr eingeordnet hat, wobei der Einfahrvorgang nicht dadurch unterbrochen wird, dass der Einfahrende bereits einige Zeit in einer wartenden Position weitgehend auf der Fahrbahn gestanden hat.
Der Schutzzweck des § 7 Abs. 5 StVO dient nicht dem aus einem Grundstück ausfahrenden Verkehrsteilnehmer.
Der Umstand, dass das angebliche "Opferfahrzeug" eines angeblich vorsätzlich herbeigeführten Unfalls zur Zeit des Ereignisses ein nicht vorgeschädigter, gerade 3 Monate alter Mercedes E mit einer Laufleistung von nur 4.951 km war, spricht nachdrücklich gegen eine Unfallmanipulation.
Normenkette
StVO § 7 Abs. 5
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 24 O 134/06) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.
2. Die Berufungskläger erhalten gem. § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO Gelegenheit, hierzu binnen zwei Wochen Stellung zu nehmen.
Gründe
Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg, die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Berufungsgerichts, § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO.
Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 546 ZPO) oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.
Beides ist nicht der Fall.
Der Senat folgt den im Wesentlichen zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils, die durch die Berufungsangriffe nicht entkräftet werden.
1. Zutreffend ist das LG davon ausgegangen, dass den Beklagten zu 2) das alleinige Verschulden an dem streitgegenständlichen Verkehrsunfall vom 19.11.2005 trifft.
Der Beklagte zu 2) ist, worauf das LG zu Recht abgestellt hat, unstreitig aus einer Grundstücksausfahrt auf die Hertzstraße eingefahren, wobei sich der Zusammenstoß mit dem Fahrzeug des Klägers ereignet hat, als der Beklagte zu 2) mit seinem Fahrzeug noch nicht auf die Hertzstraße eingefahren war und sich in den fließenden Verkehr eingeordnet hatte.
Bereits daraus ergibt sich die volle Haftung des Beklagten zu 2). Der Vorgang des Einfahrens aus einer Grundstückseinfahrt ist nämlich nach der ständigen Rechtsprechung erst beendet, wenn sich der Einfahrende vollständig in den fließenden Verkehr eingeordnet hat, wobei der Einfahrvorgang auch nicht dadurch unterbrochen wird, dass der Einfahrende bereits einige Zeit (bspw. 2-3 Minuten) in einer wartenden Position weitgehend auf der Fahrbahn (bspw. 1,10.m in eine insgesamt 5,70.m breite Straße hineinragend) gestanden hat (vgl. KG, Urt. v. 15.3.2007 - 22 U 119/06; OLG Köln, Urt. v. 19.7.2005 - 4 U 35/04 - VRS 109, 99 = DAR 2006, 27 = VM 2006, 18 Nr. 19; KG, Beschlüsse vom 27.11.2006 - 12 U 181/06 - VRS 112, 17 = NZV 2007, 359 = VM 2007, 37 Nr. 40; vom 28.12.2006 - 12 U 178/06 - VRS 112, 332 = KGReport Berlin 2007, 722).
Das Vorfahrtrecht erstreckt sich dabei auf die gesamte Fahrbahn, wobei der sonst geltende Grundsatz, das der Wartepflichtige, dem die Sicht auf die Vorfahrtstraße verwehrt ist, sich in diese soweit hineintasten darf, bis er Einblick in sie gewinnt, beim Herausfahren aus einer Grundstücksausfahrt nicht gilt (vgl. OLG Celle, Urt. v. 1.3.1990 - 14 U 307/88, NZV 1991, 195).
Das LG hat deshalb zu Recht darauf abgestellt, dass nach dem Beweis des ersten Anscheins davon auszugehen ist, dass der Unfall darauf beruhte, dass der Beklagte zu 2) die ihm nach § 10 StVO obliegende äußerste Sorgfaltspflicht nicht in ausreichenden Maße beachtet hat.
Soweit die Berufung darauf abstellt, dass nach dem Vorbringen der Beklagten davon auszugehen sei, dass sich der Beklagte zu 2) bis zur Sichtlinie in die bevorrechtigte Straße langsam hinein-bewegte, ändert dies an der Beurteilung auch dann nichts, wenn von dem Vorbringen der Beklagten auszugehen wäre, der Kläger hätte eine Fahrbewegung nach rechts gemacht.
Kommt es im unmittelbaren zeitlichen und räumlichen Zusammenhang mit dem Anfahren vom Fahrbahnrand, bzw., wie hier, aus einer Grundstücksausfahrt, zu einer Kollision mit einem Fahrzeug des fließenden Verkehrs das nach rechts den Fahrstreifen wechselt, ohne den Anfahrenden rechtzeitig erkennen zu können, so haftet der Anfahrende allein, denn der Schutz-zweck des § 7 Abs. 5 StVO dient nicht dem ruhenden Verkehr oder dem Anfahrenden (vgl. KG, Urt. v. 11.3.2004 - 12 U 285/02, DAR 2004, 387 = VRS 106, 443 = KGReport Berlin 2004, 282 = NZV 2004, 632; Beschl. v. 4.1.2006 - 12 U 202/05, NZV 2006, 369 = ZfS 2006, 445 = VRS 110, 343).
Weder aus dem Vorbringen der Beklagten, noch nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ergibt sich, dass der Kläger das Fahrzeug des Beklagten zu 2) erkennen konnte und musste. So tragen die Beklagten mit der Berufung selbst vor, dass der Beklagt...