Leitsatz (amtlich)

1. Hinsichtlich der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung kommt das bis zum 30. Juni 2017 geltende Recht zur Anwendung, wenn bereits vor dem 1. Juli 2017 eine erstinstanzliche Entscheidung über die Anordnung des Verfalls oder des Verfalls von Wertersatz ergangen ist (Art. 316h Sätze 1 und 2 EGStGB).

2. Eine „Entscheidung über die Anordnung des Verfalls oder Verfalls von Wertersatz“ im Sinne von Art. 316h Satz 2 EGStGB ist auch die Nichtanordnung einer dieser Maßnahmen oder das nicht begründete Unterbleiben einer solchen Anordnung (Aufgabe der insoweit abweichenden Auffassung im Senatsbeschluss vom 1. Dezember 2017 - (5) 161 Ss 148/17 (69/17) -).

3. Die Aufhebung des Ausspruchs über die Einziehung des Wertes der Taterträge berührt den Rechtsfolgenausspruch im Übrigen nicht.

4. Die Begründung der Schmerzensgeldbemessung muss in nachprüfbarer Weise erkennen lassen, dass das erkennende Gericht alle relevanten Aspekte in die notwendige Gesamtschau einbezogen hat.

5. Dem Anspruch des Geschädigten auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten ist im Verhältnis zum Schädiger grundsätzlich der Gegenstandswert zugrunde zu legen, der der berechtigten Schadensersatzforderung entspricht.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Entscheidung vom 04.04.2018; Aktenzeichen (531) 281 Js 1277/16 Ls Ns (25/17))

 

Tenor

1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 4. April 2018 aufgehoben

a) im Ausspruch über die Einziehung des Wertes der Taterträge;

b) im Adhäsionsausspruch hinsichtlich der Höhe

aa) des den Adhäsionsklägerinnen S und J zuerkannten Schmerzensgeldes;

bb) des der Adhäsionsklägerin S zuerkannten Anspruchs auf Erstattung der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten.

und im jeweils zugehörigen Kostenausspruch.

2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO verworfen.

3. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Strafkammer des Landgerichts Berlin zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht Tiergarten - erweitertes Schöffengericht - hat die Angeklagte am 23. Februar 2017 unter Freispruch im Übrigen wegen gefährlicher Körperverletzung in 15 Fällen, davon in elf Fällen in Tateinheit mit unerlaubter Ausübung der Heilkunde, wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis und wegen Verstrickungsbruchs zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt und Adhäsionsentscheidungen zugunsten der Adhäsionsklägerinnen J, S und B getroffen.

Gegen dieses Urteil haben die Angeklagte und die Staatsanwaltschaft Berlin jeweils Berufung eingelegt. Während die Angeklagte mit ihrem unbeschränkt eingelegten Rechtsmittel (zunächst) einen Freispruch erreichen wollte, erstrebte die Staatsanwaltschaft mit ihrer auf den Teilfreispruch hinsichtlich zweier Tatvorwürfe sowie den gesamten Rechtsfolgenausspruch beschränkten Berufung neben der Verhängung höherer Einzelstrafen und einer höheren Gesamtfreiheitsstrafe insbesondere die Festsetzung einer Sperrfrist für die Erteilung einer Fahrerlaubnis sowie die Einziehung des Tatfahrzeugs und die Einziehung von Wertersatz hinsichtlich der erlangten Taterlöse.

Das Landgericht Berlin hat daraufhin die Angeklagte unter Freispruch im Übrigen wegen gefährlicher Körperverletzung in 13 Fällen, davon in neun Fällen in Tateinheit mit unerlaubter Ausübung der Heilkunde, wegen unerlaubter Ausübung der Heilkunde, wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis und wegen Verstrickungsbruchs zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, eine Fahrerlaubnissperre von zwei Jahren verhängt und die Einziehung des Tatfahrzeugs sowie des Wertes der Taterträge in Höhe von 4.319,00 Euro angeordnet. Es hat ferner den Adhäsionsklägerinnen J, S und B Rückzahlungsansprüche hinsichtlich der von ihnen geleisteten Behandlungshonorare zugesprochen und die Angeklagte verurteilt, an die Geschädigte S ein Schmerzensgeld in Höhe von 2.500,00 Euro sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 413,64 Euro und an die Geschädigte J ein Schmerzensgeld in Höhe von 2.000,00 Euro (jeweils nebst anteiliger Zinsen) zu zahlen.

Mit ihrer gegen dieses Urteil gerichteten Revision beanstandet die Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts.

II.

Die rechtzeitig eingelegte sowie form- und fristgerecht begründete Revision hat nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg und ist im Übrigen offensichtlich unbegründet.

1. Strafrechtliche Entscheidungen

a) Der Schuldspruch, die Bestimmung der Einzelstrafen, die Bemessung der Gesamtfreiheitsstrafe, die Entscheidung über die Versagung der Strafaussetzung zur Bewährung, die Festsetzung der Sperrfrist und die Anordnung der Einziehung des Tatfahrzeugs weisen keinen durchgreifenden Rechtsfehler auf.

Der Senat bemerkt insoweit lediglich das Folgende: Die gefährliche Körperverletzung zum Nachteil der Geschädigten ... (Fall 8 des angefochtenen Urteils) ist nicht verjährt. Als Tatzeit ist entsprechend der Anklage vom 14. Dezember 2016 - 281 Js 526...

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