Leitsatz (amtlich)
Eine Zwischenverfügung, mit der die Eigentumsumschreibung von der Vorlage des Originals einer steuerlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung abhängig gemacht wird, ist jedenfalls dann unberechtigt, wenn eine beglaubigte Ablichtung vorgelegt wird und ein Notar zugleich bestätigt, dass ihm das Original vorliegt.
Normenkette
GBO §§ 18, 29; GrEStG § 22; AO § 133
Verfahrensgang
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Aktenzeichen 41 LI ...-45, 83 T 87/11) |
Tenor
Buchstabe a) der Zwischenverfügung wird aufgehoben. Das Grundbuchamt wird angewiesen, insoweit von den in der Zwischenverfügung geäußerten Bedenken Abstand zu nehmen.
Gründe
I. Im Bestandsverzeichnis des im Beschlusseingang näher bezeichneten Grundbuchblattes ist zu laufender Nr. 10 das Flurstück 37/4 eingetragen.
Mit Grundstücksübertragungs- und Treuhandvertrag vom 3.4.2009 - UR-Nr. 2.../2...des Notars Dr. W.-F.M.in B.- ließ die Beteiligte zu 1 zahlreiche Liegenschaften auf die Beteiligte zu 2 auf, u.a. auch das Flurstück 37/4.
Mit Schreiben vom 18.1.2011 hat Notar Dr. M.unter Beifügung einer beglaubigten Ablichtung der Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamts S.vom 7.4.2009 die Eigentumsumschreibung auf die Beteiligte zu 2 beantragt. Zugleich hat der Notar erklärt, ihm läge das Original der Unbedenklichkeitsbescheinigung vor. Diese bezieht sich auf insgesamt 131 in B.belegene Liegenschaften.
Mit Zwischenverfügung vom 24.1.2011 hat das Grundbuchamt unter Fristsetzung zu Punkt a) die Vorlage der Unbedenklichkeitsbescheinigung im Original erfordert. Hiergegen richtet sich die Beschwerde vom 27.1.2011, welche die Erklärung des Notars enthält, die Unbedenklichkeitsbescheinigung läge ihm immer noch im Original vor. Das Grundbuchamt hat der Beschwerde mit Beschluss vom 4.2.2011 nicht abgeholfen.
II. Die zulässige Beschwerde ist begründet. Das von dem Grundbuchamt noch aufgezeigte Eintragungshindernis besteht nicht.
Allerdings darf der Erwerber eines Grundstücks erst in das Grundbuch eingetragen werden, wenn eine Bescheinigung des zuständigen Finanzamts vorgelegt wird, dass der Eintragung steuerliche Bedenken nicht entgegenstehen, § 22 Abs. 1 S. 1 GrEStG. Die nach § 29 Abs. 3 GBO zu erteilende Bescheinigung (vgl. OLG Frankfurt, Beschl. v. 16.2.2011 - 20 W 86/11 - Juris) ist, weil es sich nicht um eine zur Eintragung erforderliche Erklärung i.S.v. § 29 Abs. 1 S. 2 GBO handelt, in öffentlicher Form vorzulegen, § 29 Abs. 1 S. 2 GBO. Grundsätzlich können die nach § 29 Abs. 1 S. 2 GBO zum Nachweis erforderlichen öffentlichen Urkunden in Urschrift, Ausfertigung oder beglaubigter Abschrift vorgelegt werden (KG, Beschl. v. 16.9.1997 - 1 W 4156/97 -, Rpfleger 1998, 108).
Im Anschluss an eine Entscheidung des LG Berlin (Beschl. v. 9.4.2002 - 86 T 129/02 - NotBZ 2002, 383) wird im Schrifttum überwiegend vertreten, die Vorlage der Unbedenklichkeitsbescheinigung in beglaubigter Ablichtung sei zur Überwindung der Grundbuchsperre des § 22 GrEstG (hierzu Böhringer, Rpfleger 2000, 99) ausreichend (Hertel, in: Meikel, GBO, 10. Aufl., § 29 Rz. 144; Hügel, GBO, 2. Aufl., § 20 Rz. 79; Viskorf, in: Boruttau, GrEStG, 17. Aufl., § 22 Rz. 49; Pahlke/Franz, GrEStG, 4. Aufl., § 22 Rz. 7; offengelassen von OLG Frankfurt, a.a.O.).
Nach anderer Ansicht soll die Vorlage einer beglaubigten Abschrift nicht genügen. An ihren Besitz seien Rechtsfolgen geknüpft, weil sie im Fall des Widerrufs oder der Aufhebung an das Finanzamt zurückzugeben sei, vgl. § 133 AO (Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 14. Aufl., Rz. 151). Es erscheint zweifelhaft, ob dieser Ansicht so allgemein zu folgen ist, denn der Inhaber der Unbedenklichkeitsbescheinigung ist auch bei deren Widerruf oder Rücknahme nicht ohne weiteres zur Rückgabe verpflichtet. Vielmehr bedarf es hierzu einer im Ermessen des Finanzamts stehenden Aufforderung, § 133 S. 1 AO (zur geringen praktischen Bedeutung der Vorschrift: Pahlke, in: Pahlke/König, AO, 2. Aufl., § 133 Rz. 1; Werth, in: Kühn/von Wedelstedt, AO, 19. Aufl., § 133 Rz. 1). Insoweit unterscheidet sich die Rechtslage von der Beendigung des Amts als Vormund, Betreuer oder Insolvenzverwalter. Diese sind von Gesetzes wegen zur Rückgabe der Bestellungsurkunden verpflichtet, vgl. §§ 1893 Abs. 2 S. 1, 1908i Abs. 1 S. 1 BGB, 56 Abs. 2 S. 2 InsO (ebenso der Bevollmächtigte, § 175 BGB). Letztlich kann dies vorliegend aber dahinstehen.
Jedenfalls ist anerkannt, dass die Vorlage einer beglaubigten Legitimationsurkunde dann ausreichend ist, wenn ein Notar bescheinigt, dass ihm die Urschrift oder Ausfertigung zu einem bestimmten Zeitpunkt vorgelegen hat (Senat, a.a.O.). Eine solche Bescheinigung hat der Notar sowohl mit seinem Antrag vom 18.1.2011 und nochmals mit der Beschwerde vom 27.1.2011 erteilt. Zwar müssen die Voraussetzungen des § 22 GrEStG im Zeitpunkt der Eigentumsumschreibung vorliegen, wie sich dem Wortlaut der Vorschrift entnehmen lässt. Dennoch ist hier zumindest auf den Zeitpunkt des Eingangs der Beschwerde abzustellen, weil mit ihr zugleich das weitere mit der Zwischenverfügung vom 24....