Leitsatz (amtlich)

Es besteht kein Rechtsanspruch des Gefangenen, zum Langzeitbesuch zugelassen zu werden. Bei der Zulassung weiterer Besuche steht dem Anstaltsleiter eine weitgehende Gestaltungsfreiheit zu. Das gilt erst recht bei der Ausgestaltung der Langzeitsprechstunden, weil schon deren Einrichtung dem Ermessen der Anstalt vorbehalten ist.

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Gefangenen gegen den Beschluß des Landgerichts Berlin - Strafvollstreckungskammer - vom 8. Dezember 1999 wird verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

 

Gründe

I.

Der Beschwerdeführer verbüßt in der Teilanstalt III der Justizvollzugsanstalt Tegel aus dem Urteil des Landgerichts Berlin - Schwurgericht - vom 8. September 1997 seit dem 6. Mai 1998 eine lebenslange Freiheitsstrafe wegen heimtückisch und aus Habgier begangenen Mordes. Er hat die Möglichkeit, monatlich zwei Regel- und zwei Sondersprechstunden von jeweils 40 Minuten und darüber hinaus eine weitere Sprechstunde im Bereich des evangelischen Pfarramts in Anspruch zu nehmen. Unter dem 18. März 1999 hat er bei dem Anstaltsleiter beantragt, ihm regelmäßig, mindestens einmal im Monat, sogenannte Langzeitsprechstunden mit seiner damaligen Verlobten, die er inzwischen am 1. September 1999 geheiratet hat, und deren beiden Kindern sowie mit seinen auswärts wohnenden Eltern, die im Abstand von sechs Monaten nach Berlin kommen, zu gewähren.

Die Voraussetzungen für die Gewährung und die Art der Durchführung der "Familienfreundlichen Langzeitbesuche in der Teilanstalt V" sind durch Dienstanweisungen geregelt. Bis zum 4. August 1999 galt die Dienstanweisung Nr. 21/1998 vom 18. August 1998. Seither ist die Dienstanweisung Nr. 35/1999 vom 4. August 1999 maßgebend, die an die Stelle der Dienstanweisung Nr. 34/1999 vom selben Tage getreten ist. Die im Zeitpunkt der Antragstellung geltende Dienstanweisung Nr. 21/1998 sah die Teilnahme an den Langzeitsprechstunden für Gefangene vor, die nach den "Aufnahmekriterien und den entsprechenden konzeptionellen Vorgaben" in der Teilanstalt V untergebracht sind, deren voraussichtliche Inhaftierung noch mindestens drei Jahre dauert und die keine Vollzugslockerungen erhalten. Über die Zulassung von Gefangenen in den Teilanstalten III und VI entschieden im Rahmen der Kriterien der Dienstanweisung die beiden Teilanstaltsleiter. Die Dienstanweisungen Nrn. 34 und 35/1999 machen die Zulassung ferner davon abhängig ist, daß der Gefangene von der Einweisungsabteilung in den Bereich des Wohngruppenvollzuges eingewiesen wurde oder als sogenannter Quereinsteiger eine verbindliche Aufnahmezusage eines der genannten Bereiche hat und seit mindestens sechs Monaten mit einer verbindlichen Zusage auf der entsprechenden Warteliste notiert ist. Teilnahmeberechtigt sind außer dem Gefangenen der Ehepartner oder solche weiblichen Personen, die mit dem Gefangenen in einer der Ehe vergleichbaren Lebensgemeinschaft leben, die bereits vor der Inhaftierung bestand, sowie die Kinder und Eltern des Gefangenen. Die zwischen dem Gefangenen und der Beziehungsperson bestehende Beziehung muß förderungswürdig sein.

Der Teilanstaltsleiter lehnte den Antrag des Gefangenen ab. Im gerichtlichen Verfahren machte der Anstaltsleiter unter Hinweis auf das Ergebnis der Behandlungsuntersuchung der Einweisungsabteilung Zweifel geltend, ob die Bewilligung von Langzeitsprechstunden der Erreichung des Vollzugszieles förderlich sei. Der Beschwerdeführer sei noch sehr damit beschäftigt sei, das positiv-harmlose Bild von sich selbst aufrechtzuerhalten, worin er von seiner jetzigen Ehefrau bestärkt werde, und habe bisher eine straftatnegierende Haltung zum Ausdruck gebracht. Bei einer Verbüßungsdauer von drei Jahren befinde er sich noch im vollzuglichen Anfangsstadium.

Die Strafvollstreckungskammer hat den Antrag des Gefangenen auf gerichtliche Entscheidung vom 18. März 1999 zurückgewiesen. Sie hat nicht auf die Dienstanweisungen Nrn. 34 und 35/1999 abgestellt, weil diese erst nach der Antragstellung erlassen wurden. Sie hat der Vollzugsanstalt einen Ermessensspielraum bei der Zulassung des Beschwerdeführers zu den Langzeitsprechstunden zuerkannt und die ablehnende Entscheidung der Anstalt an den Grundsätzen des § 2 StVollzG gemessen. Die Rechtsbeschwerde des Gefangenen, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt, hat keinen Erfolg.

II.

Die Rechtsbeschwerde erfüllt die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 116 Abs. 1 StVollzG. Der Senat hält es für geboten, die Nachprüfung der angefochtenen Entscheidung zur Fortbildung des Rechts zu ermöglichen und zur rechtlichen Bedeutung sogenannter Langzeitsprechstunden für Gefangene Stellung zu nehmen, die zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt sind.

1.

Die Strafvollstreckungskammer ordnet die Langzeitsprechstunde ihrem sachlichen Inhalt nach zutreffend dem Besuchsrecht zu und berücksichtigt, daß das Besuchsrecht mehrere Abstufungen enthält.

a)

§ 24 Abs. 1 Satz 2 StVollzG schreibt die Mindestbesuchsdauer von monatlich einer Stunde ...

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