Leitsatz (amtlich)
Hat ein Beschuldigter sich in einer polizeilichen Vernehmung zu einem einfach gelagerten Tatvorwurf geständig eingelassen, verstößt ein kurz darauf durchgeführtes beschleunigtes Verfahren regelmäßig nicht gegen Art. 6 Abs. 3 lit. b MRK. Gleiches gilt für einen im Anschluss an die Urteilsverkündung erklärten Rechtsmittelverzicht.
Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 02.02.2007; Aktenzeichen (568) 15 Ju Js 147/06 Ns (179/06)) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 2. Februar 2007 wird verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Das Amtsgericht Tiergarten hat den Angeklagten im beschleunigten Verfahren am 5. September 2006 wegen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt. In die Sitzungsniederschrift ist am Schluss als Erklärung des Beschwerdeführers aufgenommen, dass er nach erfolgter Rechtsmittelbelehrung das Urteil annehme und auf die Einlegung von Rechtsmitteln verzichte. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Landgericht die von dem Angeklagten am 8. September 2006 eingelegte Berufung als unzulässig verworfen. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde (§§ 322 Abs. 2, 311 Abs. 2 StPO) ist zulässig, aber nicht begründet.
1.
Das Landgericht hat die Berufung zu Recht nach § 322 Abs. 1 Satz 1 StPO als unzulässig verworfen. Denn der Angeklagte konnte das Urteil des Amtsgerichts nicht mehr anfechten, da er wirksam auf die Einlegung von Rechtsmitteln verzichtet hat (§ 302 Abs. 1 Satz 1 StPO).
a)
Der von ihm im Anschluss an die Verkündung des Urteils unter anderem erklärte Verzicht auf die Einlegung von Rechtsmitteln ist - ebenso wie der Rechtsmittelverzicht der Staatsanwaltschaft - in der Sitzungsniederschrift der Hauptverhandlung nach § 273 Abs. 3 Satz 3 StPO beurkundet worden. Die Niederschrift weist ferner aus, dass die protokollierte Erklärung durch den Vorsitzenden vorgelesen und von dem Angeklagten genehmigt worden ist. Die vorgenommene Beurkundung erbringt gemäß § 274 Satz 1 StPO den vollen Beweis dafür, dass der Beschwerdeführer den Rechtsmittelverzicht tatsächlich erklärt hat. Dass das Protokoll gefälscht sei, hat er nicht behauptet.
b)
Ein Rechtsmittelverzicht ist als Prozesserklärung grundsätzlich unwiderruflich und unanfechtbar (vgl. Senat, Beschluss vom 21. Mai 2004 - (4) 1 Ss 174/04 (52/04) -; Meyer-Goßner, StPO 49. Aufl., § 302 Rdnr. 21; jeweils m.w.Nachw.). Nur in besonderen Fällen kann die Verzichtserklärung unwirksam sein. Das gilt insbesondere bei schwerwiegenden Willensmängeln, unzulässigen Absprachen oder sonstigen besonderen Umständen der Art und Weise des Zustandekommens des Rechtsmittelverzichts (vgl. Meyer-Goßner a.a.O. § 302 Rdnrn. 21 ff m.w.Nachw.). Keiner dieser Fälle liegt hier vor.
aa)
Der Angeklagte dringt mit seinem Vortrag, ein besonderer Umstand liege darin, dass er sich wegen der Kürze der Zeit zwischen seiner Festnahme und der Durchführung der Hauptverhandlung nicht im Sinne des Art. 6 Abs. 3 Buchst. b MRK ausreichend auf seine Verteidigung habe vorbereiten können, nicht durch. Denn die Zeitspanne war vorliegend lang genug, um dem Angeklagten die erforderliche Vorbereitung zu ermöglichen.
Ausweislich der Akten erfolgte seine Festnahme am 4. September 2006 unmittelbar nach dem verfahrensgegenständlichen Diebstahl um 19.25 Uhr durch einen der Polizeibeamten, die die Tatbegehung beobachtet hatten. Die Beschuldigtenvernehmung fand, nachdem der Angeklagte die Nacht im Polizeigewahrsam verbracht hatte, am darauf folgenden Tag nach Erteilung der vorgeschriebenen Belehrungen in der Zeit von 09.45 bis 10.12 Uhr statt. Dabei legte er ein umfassendes Geständnis ab, in dem er seine Tatbeteiligung sowie die seines Mittäters beschrieb und sich auch zum Tatmotiv und der beabsichtigten Aufteilung des erlangten Diebesgutes äußerte. Die Hauptverhandlung im beschleunigten Verfahren, in der er sich wiederum geständig einließ, wurde ebenfalls am 5. September 2006 zwischen 16.42 und 17.12 Uhr durchgeführt. Zur Vorbereitung der Verteidigung bedurfte es hier keiner längeren Zeit. Dem Tatvorwurf lag ein einfacher, überschaubarer Sachverhalt zugrunde, die Beweislage war klar. Das Tatgeschehen hat das Amtsgericht auf der Grundlage der geständigen Einlassung des Beschwerdeführers und des Mitangeklagten festgestellt. Der Vernehmung von Zeugen, auf deren Bekundungen der Angeklagte sich gegebenenfalls hätte vorbereiten müssen, bedurfte es nicht.
Der Vortrag, die Vorbereitungszeit von weniger als 24 Stunden sei zu knapp, weil es nicht im Interesse eines rechtstaatlichen Verfahrens sein könne, den Beschuldigten, der sich "unter dem Eindruck der Verhaftung und Inhaftierung befindet, in einer psychischen Ausnahmesituation zu überrumpeln", liegt neben der Sache. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 418 Abs. 1 StPO wird die Hauptverhandlung "sofort oder in kurzer Frist durchgeführt", nicht aber - wie vom Beschwerdeführer behauptet - "innerhalb einer kurzen Frist sofort". Der Beachtung d...