Leitsatz (amtlich)
1. Zur Frage, ob ein von den Beteiligten in notariell beurkundeter Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung niedergelegter Ehegattenunterhalt als unabänderlich vereinbart gelten soll.
2. Zur Frage, ob es einem Ehegatten nach Treu und Glauben versagt sein kann, sich auf den in einer notariell beurkundeten Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung vereinbarten Ausschluss des Versorgungsausgleichs zu berufen.
3. Zur Frage der erstmaligen Anpassung eines "Alttitels" an das neue, durch das UÄndG 2008 geschaffene Unterhaltsrecht und einem "Hinüberwirken" der gesetzgeberischen Wertungen des § 36 Nr. 1 EGZPO auf die Prüfung der Voraussetzungen für eine Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung des nachehelichen Unterhalts nach § 1578b BGB; zur Gewährung von Übergangsfristen vor der Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts "auf null".
Verfahrensgang
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Beschluss vom 26.02.2014; Aktenzeichen 159 F 14745/13) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin werden der am 29.11.2013 erlassene Beschluss über die Versagung von Verfahrenskostenhilfe sowie der in gleicher Sache am 26.2.2014 erlassene Nichtabhilfebeschluss des AG Tempelhof-Kreuzberg - 159 F 14745/13 - aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das AG zurückverwiesen.
Gebühren werden nicht erhoben; Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht erstattet.
Gründe
I. Die Antragsgegnerin wendet sich mit ihrem Rechtsbehelf gegen die Beschlüsse des Familiengerichts vom 29.11.2013 und vom 26.2.2014, mit denen ihr Gesuch, ihr für die beabsichtigte Rechtsverteidigung gegen einen Antrag des Antragstellers - ihres geschiedenen Ehemannes - den in der notariellen Urkunde vom 4.6.2003 (UR-Nr. ...der Notarin ..., B.) zu ihren Gunsten vereinbarten nachehelichen Unterhalt mit Wirkung ab dem 1.8.2013 von 134 EUR monatlich auf null herabzusetzen, Verfahrenskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussichten versagt und der gegen die Antragsversagung gerichteten Beschwerde nicht abgeholfen wurde. Sie meint, die beabsichtigte Rechtsverteidigung weise durchaus Erfolgsaussichten auf, weil der von den Beteiligten in der Urkunde vereinbarte Unterhaltsanspruch unabänderlich ausgestaltet worden sei sowie weiter - hilfsweise, falls der Unterhaltsanspruch gleichwohl der Abänderung unterliegen sollte -, weil die von den Beteiligten in der Urkunde vom 4.6.2003 vereinbarte Getrenntlebens- und Scheidungsfolgenvereinbarung jedenfalls anzupassen wäre, da es eine grobe Benachteilung der Antragsgegnerin und ein auffälliges Missverhältnis der beiderseits übernommenen Verpflichtungen darstellen würde, wenn zwar der in der Urkunde zu ihren Gunsten vereinbarte Unterhaltsanspruch (auf null) abänderbar sein sollte, der in der Urkunde weiter vereinbarte Ausschluss des Versorgungsausgleichs aber unverändert Bestand hätte und sie auf Dauer daran hindern würde, an den - ihrem Vortrag zufolge - weitaus höheren, vom Antragsteller während der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechten angemessen zu partizipieren. Ihrer beabsichtigten Rechtsverteidigung könne schließlich auch deshalb nicht jegliche Erfolgsaussichten abgesprochen werden, weil sie im Zuge der Ehe Nachteile insbesondere im Hinblick auf die Möglichkeit erlitten habe, für ihren eigenen Unterhalt zu sorgen; sie habe nämlich in der Nachwendezeit dem Antragsteller zuliebe darauf verzichtet, sich über den von ihr in der ehemaligen DDR erworbenen Berufsabschluss als Lehrerin für die unteren Klassen der Polytechnischen Oberschule hinaus zu einem in den westlichen Bundesländern und in Berlin anerkannten Ausbildungsabschluss Grundschullehrer ohne zusätzlich studiertes Fach zu qualifizieren bzw. fortzubilden, sondern sei dem Antragsteller nach Bayern gefolgt und habe, nachdem ein Eintritt in den bayerischen Schuldienst nicht in Betracht gekommen sei, sich zu einer Ausbildung als Zahnarzthelferin entschlossen. Dies habe bei ihr zu Einkommenseinbußen geführt, weil sie als Zahnarzthelferin deutlich weniger verdiene als eine - möglicherweise sogar verbeamtete - Lehrerin im Schuldienst. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angegriffenen Entscheidungen und den Beschwerdevortrag der Antragsgegnerin in den Schriftsätzen vom 2.1.2014, vom 7.2 und vom 24.2.2014 Bezug genommen.
II.1. Die sofortige Beschwerde ist statthaft und wurde fristgerecht angebracht (§§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 127 Abs. 2 Satz 3, 569 ZPO); unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens erweist sie sich jedenfalls vorläufig als erfolgreich, weil das Familiengericht die von der Antragsgegnerin begehrte Verfahrenskostenhilfe ihr im Ergebnis zu Unrecht versagt hat:
a) Die Rechtsverteidigung eines Verfahrensbeteiligten verspricht hinreichenden Erfolg i.S.v. §§ 113 Abs. 1 FamFG, 114 Satz 1 ZPO, wenn dessen Rechtsstandpunkt bei vorläufiger, summarischer Prüfung (wenigstens) vertretbar ist und eine erfolgreiche Rechtsverteidigung nicht von vornherein und unter jedem vernünftigerweise denkbaren Aspekt ausgeschlossen erscheint (vgl. Gottschalk, i...