Leitsatz (amtlich)
1. Die Verfahrenswertbeschwerde eines Beteiligten ist mangels Beschwer unzulässig, wenn von ihm eine Heraufsetzung des Verfahrenswertes begehrt wird.
2. Bloße Behauptungen eines beteiligten Ehegatten zum Einkommen des anderen Ehegatten "in's Blaue" hinein rechtfertigen in einer Ehesache keine Heraufsetzung des Verfahrenswertes.
Verfahrensgang
AG Berlin-Schöneberg (Aktenzeichen 87 F 308/19) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den am 30. Januar 2020 erlassenen Verfahrenswertbeschluss des Amtsgerichts Schöneberg - 87 F 308/19 - wird als unzulässig verworfen.
Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die Antragsgegnerin wendet sich dagegen, dass das Familiengericht den Wert der Ehesache auf 3.750 EUR festgesetzt hat und nicht auf einen anderen, von ihr nicht näher bezifferten höheren Wert, der ihres Erachtens geboten wäre, weil der Antragsteller, der als selbständiger Gastronom tätig ist, privat krankenversichert ist und bis August 2018 über ein Fahrzeug Porsche Cayenne verfügte, das er zu diesem Zeitpunkt - etwa sieben Monate vor Einreichung des Scheidungsantrages - für 17.500 EUR veräußert hat.
II. 1. a) Die Verfahrenswertbeschwerde wurde zwar rechtzeitig angebracht (§§ 59 Abs. 1 Satz 3, 55 Abs. 3 Satz 2 FamGKG), aber sie erweist sich als unzulässig, da die Antragsgegnerin durch den von ihr angegriffenen Beschluss nicht beschwert ist: Denn von ihr wird nicht eine Herabsetzung des Verfahrenswertes, sondern dessen - freilich nicht näher bezifferte - Heraufsetzung begehrt. Durch eine Heraufsetzung würde sie jedoch belastet werden, weil sich dadurch die von ihr zur Hälfte zu tragenden Gerichtskosten sowie die Vergütung, die sie ihrer Verfahrensbevollmächtigten zu zahlen hat, erhöhen würde. Das kann nicht in ihrem Interesse sein. Deshalb kann sie auch kein schutzwürdiges Interesse an einer derartigen Beschwerde haben, sondern diese ist mangels Beschwer der Antragsgegnerin als unzulässig zu verwerfen (§ 68 Abs. 2 Satz 2 FamFG sowie Dörndorfer, in: Binz/Dörndorfer/Zimmermann, GKG/FamGKG/JVEG [4. Aufl. 2019], § 59 FamGKG Rn. 8).
b) An einer Heraufsetzung des Verfahrenswertes kann nur die Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin ein Interesse haben, weil sich dadurch deren Vergütung erhöhen würde. Zu diesem Zweck verfügt sie deshalb über ein eigenes Antragsrecht nach § 32 Abs. 2 RVG. Dafür, dass die Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin in eigenem Namen eine Heraufsetzung des Verfahrenswertes begehrt hätte, ist jedoch nichts ersichtlich; dem Wortlaut der Beschwerdeschrift vom 6. April 2020 zufolge wird das Rechtsmittel von ihr nicht im eigenen Namen, sondern "in der Familiensache ..., ... ./. ..., ..." eingelegt, also namens der Antragsgegnerin, ihrer Mandantin, was unzulässig ist und zur Verwerfung des Rechtsmittels führt.
c) Hiervon unabhängig ist die Beschwerde aber auch deshalb unzulässig, weil nicht festgestellt werden kann, ob der Beschwerdewert von mehr als 200 EUR (§ 59 Abs. 1 Satz 1 FamGKG) erreicht ist: Die Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin ist darauf hinzuweisen, dass eine Verfahrenswertbeschwerde, selbst wenn sie entsprechend § 32 Abs. 3 RVG im eigenen Namen des Rechtsanwalts eingelegt wird, nur zulässig ist, wenn der Beschwerdewert erreicht ist. Der Beschwerdewert ergibt sich nicht aus der Differenz zwischen dem festgesetzten zum angestrebten Verfahrenswert, sondern aus der Gebührendifferenz. Um diese ermitteln zu können, ist es erforderlich, dass der angestrebte Verfahrenswert beziffert wird. Die Angaben von bloßen Vermutungen "in's Blaue" hinein wie etwa der Hinweis, der Beteiligte unterhalte eine private Krankenversicherung oder habe Monate vor Verfahrenseinleitung einmal über ein teures Sportfahrzeug verfügt, genügt hierfür nicht.
2. Auch wenn es danach nicht weiter darauf ankommt, ist darauf hinzuweisen, dass ein Fehler in der Verfahrenswertfestsetzung nicht ersichtlich ist. Der Verfahrenswert ist glaubhaft zu machen (Rechtsgedanke des § 511 Abs. 3 ZPO; vgl. Keidel/Meyer-Holz, FamFG [20. Aufl. 2020], § 61 Rn. 10). Bloße Vermutungen ohne konkrete Tatsachengrundlage reichen hierfür, wie das Familiengericht völlig zu Recht hervorgehoben hat, nicht aus: Dass der Antragsgegner bis etwa sieben Monate vor Verfahrenseinleitung ein teures Auto fuhr, ist kein Beleg dafür, dass er auch über ein entsprechendes (welches?) Einkommen verfügte. Es ist daran zu erinnern, dass in gewissen Kreisen Luxusfahrzeuge als Statussymbole angesehen werden, die - auf welchen Wege auch immer - gehalten werden, obwohl die finanziellen Verhältnisse das "eigentlich" nicht erlauben. Auch der Umstand, dass der Antragsteller über eine private Krankenversicherung verfügt, ist kein zwingendes Indiz für ein Einkommen oberhalb der sogenannten "Versicherungspflichtgrenze" (in 2019: 5.062,50 EUR brutto/Monat): Selbständig Erwerbstätige wie der Antragsteller können sich bei der Krankenversicherung in der Regel zwischen einem priva...