Normenkette
StPO § 329; OWiG §§ 73-74
Verfahrensgang
AG Berlin-Tiergarten (Entscheidung vom 07.07.2015; Aktenzeichen 346 OWi 227/15) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 7. Juli 2015 wird zugelassen.
Auf die Rechtsbeschwerde wird das vorgenannte Urteil mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde - an das Amtsgericht zurückverwiesen.
Gründe
Das Amtsgericht hat den Einspruch des Betroffenen gegen den Bußgeldbescheid des Polizeipräsidenten in Berlin vom 12. November 2014, mit dem wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit eine Geldbuße in Höhe von 90,00 Euro festgesetzt worden ist, gemäß § 74 Abs. 2 OWiG mit der Begründung verworfen, der Betroffene sei zur Hauptverhandlung ohne genügende Entschuldigung nicht erschienen. Die dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde des Betroffenen ist gemäß § 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG zuzulassen. Sie hat (vorläufigen) Erfolg.
Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet. Das Beschwerdevorbringen des Betroffenen, das Urteil beruhe auf einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 GG und seine Aufhebung sei deshalb veranlasst, ist in einer den Anforderungen der §§ 79 Abs. 3, 80 Abs. 3 OWiG, 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügenden Verfahrensrüge geltend gemacht worden.
Darüber hinaus ist dem Rügevorbringen auch zu entnehmen, dass der Betroffene, bedingt durch Verletzung des rechtlichen Gehörs, mit einem Antrag auf Aufhebung des Hauptverhandlungstermins nicht gehört worden ist. Denn der Betroffene trägt vor, er habe mit Telefax seines Verteidigers vom 6. Juli 2015 an die Geschäftsstelle des Amtsgerichts um Verlegung des für den 7. Juli 2015 anberaumten Hauptverhandlungstermins gebeten, weil die Niederkunft der Ehefrau des Betroffenen, bei der wegen Überschreitung des errechneten Geburtstermins mit Komplikationen zu rechnen sei, unmittelbar bevorstehe. Diesen ausweislich des Eingangsvermerks am Tag der Absendung auf der Geschäftsstelle eingegangenen Antrag, der überdies unter Hinweis auf den Hauptverhandlungstermin deutlich als besonders eilbedürftig gekennzeichnet war, hat das Amtsgericht ausweislich der Urteilsgründe nicht zur Kenntnis genommen, obwohl dies möglich und geboten gewesen wäre.
Die somit nach §§ 79 Abs. 1 Satz 2, 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG zuzulassende Rechtsbeschwerde führt gemäß §§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 353 Abs. 1 StPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, weil dieses auf einer Verletzung des rechtlichen Gehörs beruht. Es ist obergerichtlich anerkannt, dass die Niederkunft der Ehefrau, zumal wenn Komplikationen während der Geburt drohen, einen anzuerkennenden Entschuldigungsgrund darstellen (vgl. OLG Celle, MDR 1966, 949 f.). Jedenfalls ist dem Betroffenen insoweit in subjektiver Hinsicht keine Pflichtverletzung vorzuwerfen (vgl. Senat, Beschluss vom 23. Februar 2012 - (3) 1 Ss 528/11 (168/11).
Die Sache wird daher zu erneuter Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht zurückverwiesen.
Fundstellen