Leitsatz (amtlich)

1. Ein Gericht, welches in einem Endurteil eine Kostenentscheidung getroffen hat, hat keine Befugnis, einer nach § 99 Abs. 2 ZPO statthaften isolierten Beschwerde gegen diese Kostenentscheidung abzuhelfen. In derartigen Fällen ist daher kein Abhilfeverfahren durchzuführen.

2. Weist ein wettbewerbsrechtlich Abgemahnter die Abmahnung nicht in der Sache zurück, sondern lediglich wegen Bedenken hinsichtlich der Vertretungsmacht des die Abmahnung Aussprechenden, und lässt er erkennen, dass er bei Behebung dieser Bedenken bereit ist, eine die Wiederholungsgefahr auszuräumende Unterlassungserklärung abzugeben, gibt er regelmäßig nicht Anlass zur Erhebung der Klage im Sinne von § 93 ZPO.

3. Nach 1211 Nr. 2 Alt. 1 GKG-KV fällt nur eine 1,0 Gerichtsgebühr an, wenn das gesamte Verfahren durch ein Anerkenntnisurteil beendet wird. Das gilt auch dann, wenn dieses Anerkenntnisurteil eine Begründung der Kostenentscheidung enthält (Bestätigung des Beschlusses des Senats vom 13.10.2020 zu 5 W 1092/20, dort betreffend ein Kostenfestsetzungsverfahren).

 

Normenkette

GKG-KV 1211 Nr. 2 Alt. 1; ZPO §§ 93, 318, 572 Abs. 1 Sätze 1-2

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 91 O 37/20)

 

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird die Kostenentscheidung im Ausspruch zu 2. des Anerkenntnisurteils des Landgerichts Berlin vom 17.09.2020 - 91 O 37/20 - wie folgt geändert:

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

 

Gründe

A. Das Rechtsmittel der Beklagten hat Erfolg.

I. 1. Mit Schreiben vom 27.04.2020 (Anlage K 3), welches keine Unterschrift aufweist und welchem kein Nachweis der Vertretungsmacht des die Erklärung Abgebenden beilag, mahnte der Kläger die Beklagte (wegen eines dort im Einzelnen bezeichneten Verstoßes gegen Informationspflichten nach der Lebensmittelinformationsverordnung) ab und forderte sie auf, unverzüglich, spätestens aber bis zum 05.05.2020, 12:00 Uhr, die geltend gemachten Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche zu erfüllen und "eine geeignete Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abzugeben". Ferner verlangte der Kläger Zahlung einer Abmahnkostenpauschale in Höhe von 243,95 Euro.

Die Beklagte antwortete hierauf mit - anwaltlichem - Schreiben vom 11.05.2020 (Anlage B 1), in welchem sie erklärte, sie weise das Schreiben vom 27.04.2020 nach § 174 Satz 1 BGB zurück, weil es nicht unterzeichnet sei, weil damit nicht ersichtlich sei, von wem die Erklärung stamme, und weil auch nicht ersichtlich sei, ob die Erklärung mit Vertretungsmacht erfolgt sei. Die Beklagte erklärte weiter, aus Kulanzgründen und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht würden die verlangten Kosten beglichen. Ferner erklärte die Beklagte:

"Sollte ein Nachweis der Authentizität und Vertretungsbefugnis ordnungsgemäß erfolgen, wäre eine Unterlassungserklärung wie folgt vorstellbar:

1. wie vorgeschlagen;

2..."

Hierauf wiederum erwiderte der Kläger mit Schreiben vom 12.05.2020 (Anlage B 2), seine Erklärungen seien mit Vertretungsmacht erfolgt und er setze der Beklagten eine letzte Nachfrist zur Abgabe "einer geeigneten Unterlassungserklärung" bis zum 15.05.2020; auch dieses Schreiben ist nicht unterzeichnet und ihm lag keine Vollmacht bei.

In der Folge bezahlte die Beklagte die Abmahnkostenpauschale.

2. Auf die am 25.05.2020 beim Landgericht eingegangene Klageschrift vom 23.05.2020, welche der Beklagten am 03.07.2020 - im Rahmen eines vom Landgericht angeordneten schriftlichen Vorverfahrens unter Setzung einer Notfrist von 2 Wochen zur Anzeige der Verteidigungsbereitschaft - zugestellt worden ist, hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 17.07.2020, beim Landgericht eingegangen am selben Tag, erklärt, den Klageanspruch unter Verwahrung gegen die Kostenlast anzuerkennen. Mit Anerkenntnisurteil vom 17.09.2020 hat das Landgericht die Beklagte entsprechend dem Antrag des Klägers und dem Anerkenntnis der Beklagten verurteilt. Ferner hat es in diesem Anerkenntnisurteil im Ausspruch zu 2. der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.

Gegen dieses ihren Prozessbevollmächtigten am 05.10.2020 zugestellte Anerkenntnisurteil wendet sich die Beklagte mit ihrer am 12.10.2020 beim Landgericht eingegangenen sofortigen Beschwerde vom selben Tage. Das Landgericht hat unter dem 14.10.2020 die Beschwerdeschrift an den Kläger übersandt und diesem eine Frist von 2 Wochen zur Stellungnahme gesetzt. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 23.10.2020 Stellung genommen. Mit Beschluss vom 29.10.2020 hat das Landgericht entschieden, der sofortigen Beschwerde der Beklagten nicht abzuhelfen.

Den Streitwert der Hauptsache hatte das Landgericht bereits mit Beschluss vom 08.06.2020 - von den Parteien unbeanstandet - auf 7.500,- Euro festgesetzt.

II. In rechtlicher Hinsicht gilt Folgendes:

1. a. Eine nach § 99 Abs. 1 ZPO grundsätzlich unzulässige isolierte Anfechtung einer in einer gerichtlichen Entscheidung enthaltenen Kostenentscheidung ist nach Abs. 2 Satz 1 dieser Vorschrift statthaft, wenn die Haup...

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