Leitsatz (amtlich)

1. Allein eine Verfahrensdauer von mehr als 2 ½ Jahre führt in einem Umgangsverfahren für sich genommen nicht zu einer Verletzung des Vorrang- und Beschleunigungsgebots.

2. Begleitend zum Hauptverfahren erlassene einstweilige Anordnungen sind im Wege der Beschleunigungsbeschwerde (§ 155c FamFG) im Umgangsrecht nicht inhaltlich zu überprüfen; dies gilt auch für einen im Wege der einstweiligen Anordnung angeordneten befristeten Umgangsausschluss.

3. Das Unterlassen einer Fristsetzung für die Erstellung eines Sachverständigengutachtens (§ 163 Abs. 1 FamFG) kann dann nicht zu einer Verletzung des Vorrang- und Beschleunigungsgebots führen, wenn das Gericht auf eine zeitnahe Erledigung drängt bzw. sachgerechte Gründe für eine Verzögerung gegeben sind.

4. Das Einholen eines zweiten Gutachtens ist eine mit der Beschleunigungsrüge nicht überprüfbare Sachentscheidung des entscheidenden Gerichts.

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Beschluss vom 19.12.2016; Aktenzeichen 124 F 8213/14)

 

Tenor

Die Beschleunigungsbeschwerde der Mutter gegen den Beschluss des AG Tempelhof-Kreuzberg vom 19.12.2016 wird auf ihre Kosten nach einem Beschwerdewert von 1.500 EUR zurückgewiesen.

 

Gründe

Die Beteiligten waren verheiratet, sie trennten sich im August 2009. Aus der Ehe sind die Kinder A.(geb. 2001), B.(geb. 2004) und C.(geb. 2008) hervorgegangen. Nachdem die Eltern sich am 10.11.2011 vor dem AG Schöneberg - 87 F 68/11 u.a. - verständigten hatten, dass der Lebensmittelpunkt der Kinder beim Vater ist, die Kinder sich aber 6 Tage in der geraden Woche bei der Mutter aufhalten sollten, ordnete das AG Tempelhof-Kreuzberg - 124 F 3672/12 - mit Beschluss vom 28.02.2012 im Wege der einstweiligen Anordnung einen begleiteten Umgang der Mutter mit den Kindern an, nachdem die Mutter ein paar Tage zuvor alle drei Kinder stationär hat aufnehmen lassen und den Verdacht eines sexuellen Missbrauchs der Tochter durch den Vater äußerte. Im Hauptsacheverfahren bestätigte das Kammergericht (17 UF 206/12) die Anordnung eines begleiteten Umgangs durch das AG bis 31.10.2013 und legte den Umgang auf jeweils vierzehntägig zwei Stunden fest. Die Eltern verlängerten einvernehmlich den begleiteten Umgang bis April 2014, dann nahm die Mutter, die zwischenzeitlich wieder geheiratet hat, den begleiteten Umgang mit der Begründung einer fehlenden Perspektive für einen unbegleiteten Umgang nicht mehr wahr. Am 22.05.2014 hat die Mutter dann das vorliegende Verfahren mit einem Antrag auf unbegleiteten Wochenendumgang sowie einen Ferienumgang eingeleitet. Nach Terminverlegungsanträgen hat ein Anhörungstermin am 01.07.2014 stattgefunden, am 11.07.2014 hat das AG die Kinder angehört und mit Beschluss vom 17.07.2014 hat das AG den Sachverständigen Dipl. Psych. Dr. ...mit der Erstellung eines Gutachtens zur Frage, wie der Umgang künftig zu gestalten sei, beauftragt und eine Frist zur Vorlage des Gutachtens bis 31.12.2014 gesetzt. Die Mutter hat am 17.07.2014 und 29.07.2014 die Abteilungsrichterin wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Ihr Ablehnungsgesuch ist mit Beschluss vom 11.09.2014 zurückgewiesen worden.

Parallel hatte die Mutter zunächst am 03.07.2014 (AG Tempelhof-Kreuzberg 124 F 10558/14) im Wege der einstweiligen Anordnung eine Regelung des Umgangs in betreuter Form begehrt. Der Antrag ist mit Beschluss vom 04.07.2014 zurückgewiesen worden. Am 25.08.2014 hat das AG Tempelhof-Kreuzberg von Amts wegen das Verfahren 124 F 13322/14 eröffnet, nachdem die Mutter darauf hingewiesen hat, dass ihr in der mündlichen Anhörung in der Hauptsache am 01.07.2014 gestellter Antrag auch eine Regelung des Umgangs im Wege der einstweiligen Anordnung umfasst habe. Die Amtsrichterin sah sich an Maßnahmen im Verfahren 124 F 13322/14 wegen der Befangenheitsanträge an einem Tätigwerden gehindert. Nach Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs hat nach verschiedenen Terminverlegungsanträgen ein Termin zur Anhörung am 07.11.2014 stattgefunden. Mit Beschluss vom 10.11.2014 ist der Antrag der Mutter zurückgewiesen worden und der Umgang für die Dauer bis zur Erstellung des Sachverständigengutachtens ausgesetzt worden. Am 15.01.15 hat die Mutter im Wege der einstweiligen Anordnung (AG Tempelhof-Kreuzberg 124 F 624/15) begehrt, dass sie einmal wöchentlich mit den Kindern telefonieren dürfe und ein gemeinsames Treffen mit den Kindern beim Sachverständigen ermöglicht werde, damit die Kinder ihre am 11.01.2015 geborene Halbschwester D.kennenlernen könnten. Mit Beschluss vom 02.02.2015 hat das AG die Anträge zurückgewiesen. Auf den Antrag der Mutter hat am 10.03.2015 eine mündliche Anhörung der Beteiligten einschließlich des Sachverständigen stattgefunden. Dieser berichtete von einer am 14.03.2015 geplanten Interaktionsbeobachtung der Mutter mit den Kindern. Mit Beschluss vom 11.03.2015 hat das AG den Beschluss vom 02.02.2015 bestätigt. Am 12.05.2015 hat das AG der Mutter mitgeteilt, dass der Sachverständige weitere Schweigepflichtentbindungserklärungen benötige, da die Mutter n...

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