Entscheidungsstichwort (Thema)
Verbindlichkeit der Bestimmung des Höchstsatzes der Geschäftsgebühr für eine Notarkostenbeschwerde
Leitsatz (amtlich)
Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit i.S.d. § 12 Abs. 1 BRAGO ist überdurchschnittlich, wenn der glaubhaft gemachte anwaltliche Zeitaufwand durch eine Mittelgebühr nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO nicht angemessen vergütet wäre.
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 17.03.2003; Aktenzeichen 82 T 45/01) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Notars … wird auf seine Kosten bei einem Beschwerdewert bis 300 Euro zurückgewiesen.
Gründe
Das zulässige Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
I. Nach der im Notarkostenbeschwerdeverfahren ergangenen Kostenentscheidung des LG hat Notar … den Beschwerdeführern deren notwendige außergerichtliche Kosten zu erstatten. Der Notar beanstandet die Festsetzung einer 10/10-Geschäftsgebühr gem. § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO, mit der das LG dem Kostenfestsetzungsantrag der Beschwerdeführer gefolgt ist. Den Ansatz der Höchstgebühr hat ihr Verfahrensbevollmächtigter Rechtsanwalt … mit Schriftsatz vom 24.2.2003 wie folgt begründet:
Die Sache sei für die Beschwerdeführer wegen der Höhe der Kostenforderung des Notars von insgesamt 20.880 DM, die in voller Höhe angegriffen wurde, „von einiger Bedeutung” gewesen. Die Angelegenheit sei in der Bearbeitung umfangreich gewesen, da insgesamt drei Besprechungen mit der Beschwerdeführerin erforderlich gewesen seien, davon zwei Besprechungen von je 1 1/2 Stunden Dauer außerhalb der üblichen Sprechstunden, die letzte in Anwesenheit des Maklers …; außerdem sei das Schreibwerk mit insgesamt sechs Schriftsätzen überdurchschnittlich gewesen und sei Akteneinsicht in die Notarnebenakten genommen worden.
Notar … hält allenfalls eine Mittelgebühr von 7,5/10 für angemessen. Vom überdurchschnittlichen Umfang der Angelegenheit könne keine Rede sein.
In der Beschwerdeerwiderung vom 15.4.2003 verweist Rechtsanwalt … ergänzend darauf, der überdurchschnittliche Umfang habe sich aus der Beteiligung verschiedener Parteien an dem in Aussicht genommenen Grundgeschäft ergeben; diese Unübersichtlichkeit sei im Einzelnen mit den Beschwerdeführern zu erörtern gewesen. Diese lebten i.Ü. in überdurchschnittlichen Vermögensverhältnissen, wie sich aus dem Umfang und Wert ihres Grundbesitzes ergebe; auch das spreche für die Ansetzung der Höchstgebühr.
Notar … tritt dem entgegen: Es sei um die Klärung eines gerade nach dem Vorbringen der Beschwerdeführer einfachen Sachverhalts gegangen, da diese jegliche Auftragserteilung – letztlich mit Erfolg – bestritten hätten. Der hohe Gegenstandswert schlage sich in der Höhe der streitigen Notarkostenforderung nieder und könne nicht nochmals beim Ansatz der Rahmengebühr berücksichtigt werden.
II.1. Nach § 12 Abs. 1 BRAGO bestimmt der Rechtsanwalt die Rahmengebühr – vorliegend die Geschäftsgebühr nach § 118 Abs. 1 BRAGO – im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, insb. der Bedeutung der Angelegenheit, des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie der Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen. Die vom Rechtsanwalt getroffene Bestimmung ist nur dann nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist. Das ist der Fall, wenn sie um mehr als 20 bis 25 v.H. von der nach Auffassung des Gerichts berechtigten Höhe abweicht oder wenn Umstände des Einzelfalls oder gesetzliche Kriterien außer Acht gelassen werden (von Eicken in von Eicken/Hellstab/Lappe/Madert, Kostenfestsetzung, 18. Aufl. 2003, Rz. H 24, s.a. OLG Düsseldorf v. 6.11.2001 – 4 WF 138/01, OLGReport Düsseldorf 2002, 76; KG JurBüro 2000, 137). Jedes der Bemessungskriterien des § 12 Abs. 1 S. 1 BRAGO kann dabei Anlass sein, von der Mittelgebühr (7,5/10) nach oben oder unten abzuweichen, soweit ein Umstand vom Durchschnitt abweicht (Gerold/Schmidt/Madert, BRAGO, 15. Aufl., § 12 Rz. 8).
2. Nach diesen Grundsätzen ist die Entscheidung der Rechtspflegerin, die Rahmengebühr gem. § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO entspr. der Bestimmung in der Kostenrechnung des Rechtsanwalts L. vom 29.1.2003 auf den Höchstbetrag von 10/10 festzusetzen, nicht zu beanstanden. Die Bemessungskriterien sind nicht in erheblicher Weise verkannt oder außer Acht gelassen worden. Jedenfalls der sich im anwaltlichen Zeitaufwand niederschlagende Umfang der Sache konnte in ermessensfehlerfreier Weise als überdurchschnittlich angesehen werden. Unter Berücksichtigung der ebenfalls überdurchschnittlichen Vermögensverhältnisse der Auftraggeber rechtfertigt das eine Bestimmung oberhalb der Durchschnittsgebühr, wobei sich die Bestimmung der Höchstgebühr im Rahmen des billigen Ermessens hält.
a) Der Beschwerde des Notars ist allerdings zuzugeben, dass das Kriterium der Bedeutung der Angelegenheit vorliegend ein Abweichen von der Durchschnittsgebühr nicht zu rechtfertigen vermag (vgl. schon die Verfügung des Rechtspflegers vom 31.1.2003).
b) Das Gleiche gilt hinsichtlich des Umfangs der Angelegenheit, soweit der aktenmäßige oder zeitliche Umfang – i.S.d. Dauer d...