Leitsatz (amtlich)
1.
Die Terminsgebühr gem. Nr. 4102 Ziff. 3 VV RVG entsteht nur, wenn sich an die Verkündung des Haftbefehls eine Verhandlung über die Anordnung oder die Fortdauer der Untersuchungshaft anschließt, wenn also in dem Termin mehr geschehen ist als die bloße Verkündung des Haftbefehls.
2.
Die gesetzlich vorgeschriebene Gewährung des rechtlichen Gehörs - mit anderen Worten das bloße Unterbreiten eines "Vernehmungsangebots" - macht den Haftbefehlsverkündungstermin noch nicht zum gerichtlichen Vernehmungstermin im Sinne der Nr. 4102 Ziff. 1 VV RVG.
Tenor
1.
Die Erinnerung des Pflichtverteidigers Rechtsanwalt H. gegen den Beschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 16. Mai 2008 wird zurückgewiesen.
2.
Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Rechtsanwalt H. ist dem früheren Beschuldigten und inzwischen rechtskräftig Verurteilten A. zum Pflichtverteidiger bestellt worden. In seinem Kostenfestsetzungsantrag hat der Rechtsanwalt unter anderem eine Gebühr gemäß Nr. 4102, 4103 VV RVG in Höhe von 137,00 EUR geltend gemacht, die er auf die Teilnahme an dem Termin vom 8. März 2007 stützt, bei dem der Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Tiergarten - Bereitschaftsgericht - dem am Vortage festgenommenen früheren Beschuldigten den Haftbefehl des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofes vom 23. September 1999 verkündet hat. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat in dem angefochtenen Beschluss den Ansatz der Terminsgebühr versagt, weil sich der Termin auf die Verkündung des Haftbefehls beschränkt habe. Hiergegen richtet sich die Erinnerung des Rechtsanwalts. Er macht geltend, dass es sich um eine richterliche Vernehmung im Sinne der Nr. 4102 Ziff. 1 VV RVG gehandelt habe. Dem früheren Beschuldigten sei durch den Ermittlungsrichter des Bereitschaftsgerichts ein "Vernehmungsangebot" gemacht worden. Der Beschuldigte habe sich daraufhin weder zu seinen inländischen Meldeverhältnissen noch zu seinen Aufenthaltsverhältnissen geäußert, womit er sich bereits zur Sache eingelassen hätte; auch sonst habe er sich nicht zur Sache geäußert. Dieses Vernehmungsangebot sei nicht überraschend gewesen. Es hätten sich Mitarbeiter der polizeilichen Staatsschutzdienstelle eingefunden, um eventuelle Angaben des Beschuldigten direkt zur Kenntnis zu nehmen und gegebenenfalls an einer weiterführenden richterlichen Vernehmung zur Sache teilnehmen zu können. Die Urkundsbeamtin hat der Erinnerung nicht abgeholfen.
Die Erinnerung ist unbegründet.
Dem Erinnerungsführer steht keine Terminsgebühr nach Nr. 4102 Ziff. 3 VV RVG zu, weil in dem Termin nicht über die Anordnung der Untersuchungshaft "verhandelt" worden ist im Sinne der genannten Vorschrift. Der Gesetzgeber wollte mit dem Erfordernis des Verhandelns erreichen, dass die häufig nur sehr kurzen reinen Haftbefehlsverkündungstermine nicht von Nr. 4102 VV RVG erfasst werden und die Teilnahme des Rechtsanwalts an derartigen Terminen nicht gesondert honoriert wird; die Terminsgebühr entsteht demnach nur, wenn sich an die Verkündung des Haftbefehls eine Verhandlung über die Fortdauer der Untersuchungshaft anschließt, mit anderen Worten, wenn in dem Termin mehr geschehen ist als die bloße Verkündung des Haftbefehls (vgl. KG, Beschluss vom 22. Juni 2006 - 4 Ws 168/05 - m.Nachw.). Der Verteidiger muss also im Termin für den Beschuldigten in der Weise tätig geworden sein, dass er Erklärungen oder Stellungnahmen abgegeben oder Anträge gestellt hat, die dazu bestimmt waren, die Fortdauer der Untersuchungshaft abzuwenden (vgl. KG a.a.O. m.Nachw.). Das war hier nicht der Fall.
Entgegen seiner Rechtsauffassung hat der Erinnerungsführer nicht an einer richterlichen Vernehmung im Sinne der Nr. 4102 Ziff. 1 VV RVG teilgenommen. Zwar hat der zuständige Richter den auf Grund eines Haftbefehls ergriffenen Beschuldigten über den Gegenstand der Beschuldigung "zu vernehmen" (§ 115 Abs. 2 StPO); hierbei ist der Beschuldigte auf die ihn belastenden Umstände und sein Recht hinzuweisen, sich zur Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen (§ 115 Abs. 3 Satz 1 StPO), und ihm Gelegenheit zu geben, die Verdachts- und Haftgründe zu entkräften und die Tatsachen geltend zu machen, die zu seinen Gunsten sprechen (§ 115 Abs. 3 Satz 2 StPO). Der zuständige Richter hat mit anderen Worten also stets ein "Vernehmungsangebot" zu unterbreiten. Dies macht den Haftbefehlsverkündungstermin jedoch nicht zum gerichtlichen Vernehmungstermin im Sinne der Nr. 4102 Ziff. 1 VV RVG. Denn ansonsten würde die vom Gesetzgeber mit dem Erfordernis des Verhandelns in Nr. 4102 Ziff. 3 VV RVG bezweckte Regelung ins Leere laufen.
Im Ergebnis ebenso hat es offenbar auch der Erinnerungsführer vor dem verfahrensgegenständlichen Termin selbst gesehen. Eine richterliche Vernehmung war nicht bezweckt. Der Erinnerungsführer hatte dem Festnahmebericht vom 7. März 2007 zufolge bei der Festnahme erklärt, dass "sein Mandant keinerlei Angaben zum Tatvorwurf machen wird", und im Meldeschriftsatz vom selben Ta...